Das Versprechen an die Türkei
16. Februar 2013Der Untersuchungsausschuss zu den Morden der Neonazi-Terrorzelle sicherte in Ankara zu, dass die rechtsterroristischen Gewalttaten aufgearbeitet würden. "Ich glaube, dass man uns die Ernsthaftigkeit unserer Untersuchung abnimmt", sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) der Nachrichtenagentur dpa zum Abschluss einer zweitägigen Türkei-Reise. "Das waren sehr ernsthafte Gespräche. Es waren aber auch sehr freundschaftliche Gespräche", stellte er heraus.
Die Terrorzelle NSU steht im Verdacht, in den Jahren 2000 bis 2007 in Deutschland zehn Menschen ermordet zu haben - darunter acht türkischstämmige Kleinunternehmer. Die Bande hatte sich selbst den Namen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gegeben. In der Türkei war mehrfach vermutet worden, dass es sich bei den Morden um ein Komplott mit Beteiligung von Behörden handeln könne. Edathy sagte dazu, es gebe dafür keine Hinweise.
Keine Alibi-Veranstaltung
Der türkischen Seite sei versichert worden, dass die Untersuchung keine Alibi-Veranstaltung sei, sondern ernsthaftes Forum zur Aufarbeitung. Die deutsche Delegation habe erklärt, welche Gründe es gegeben habe, dass die Terrorzelle so lange unentdeckt bleiben konnte. Edathy nannte in diesem Zusammenhang vorurteilsbehaftete Ermittlungen, eine Unterschätzung des Rechtsextremismus und mangelnde Kooperation der Behörden.
Die deutschen Bundestagsabgeordneten hatten seit Donnerstag in Ankara über den Stand ihrer Arbeit berichtet. Sie trafen türkische Parlamentarier, Justizminister Sadullah Ergin, den Vize-Ministerpräsidenten Bekir Bozdag sowie weitere Politiker.
Gauck will seine Solidarität zeigen
An diesem Montag trifft Bundespräsident Joachim Gauck mit Familienangehörigen der Opfer zusammen. Mit der Begegnung in Berlin will er Unterstützung und Solidarität demonstrieren. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel will - voraussichtlich im April oder Mai - mit den Angehörigen sprechen. Das bestätigte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Am 17. April beginnt in München der Mordprozess gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe. Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament, Ayhan Sefer Üstün, will am Prozessauftakt teilnehmen. Gegenüber den Mitgliedern des Bundestagsausschusses betonte Üstün, er wolle so auch die Verbundenheit mit den türkischen Opfern unterstreichen.
Edathy sagte, er halte dies für einen nachvollziehbaren Wunsch und er werde deshalb das Münchner Gericht bitten, im Verhandlungsaal drei Plätze zu reservieren: "einen für den türkischen Botschafter, einen für Herrn Üstün und einen für mich". Und: Am Tag nach der Prozesseröffnung seien die Mitglieder des türkischen Menschenrechtsausschusses eingeladen, in Berlin an einer Zeugenvernehmung im NSU-Ausschuss teilzunehmen.
haz/kle (dpa, afp)