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Contra Bildungs-Chipkarte für Kinder

20. August 2010

Ministerin Ursula von der Leyen will arme Kinder nicht über mehr Geld für die Eltern, sondern mit einer zweckgebundenen Bildungs-Chipkarte fördern. DW-Redakteurin Cornelia Rabitz findet das falsch.

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Portrait Cornelia Rabitz (Foto: DW)
Cornelia RabitzBild: DW

Nun soll es also eine Chipkarte richten - schick und im praktischen Scheckkarten-Format. Selbstverständlich ganz anonym soll sie bedürftigen Kindern kulturelle Teilhabe ermöglichen. Sie ist, wie so vieles, nur eine schöne Verpackung für ein weiterhin ungelöstes Problem. Sie lenkt ab von unsozialen Maßnahmen wie den Kürzungen für Hartz-IV-Empfänger. Sie lenkt ab von bildungspolitischen Defiziten, zum Beispiel dem Mangel an Kindergartenplätzen und Ganztagsschulen mit qualifizierter Betreuung und gesundem Essen für alle.

Kein kostenloses Verantwortungs-Gen

Die schönste Chipkarte ersetzt nicht ein entsprechendes Umfeld. Ein Kind muss zum Musikunterricht gebracht, zum Üben angehalten, zum Lesen motiviert, zum Sport oder zum Malkurs ermuntert werden. Es braucht Eltern, die sich für seine Fortschritte interessieren. Es braucht Eltern, die das Kind ermutigen und unterstützen. In der Chipkarte aber ist kein kostenloses Verantwortungs-Gen enthalten. Wenn das Umfeld aus Arbeits- und Hoffnungslosigkeit, aus Resignation und sozialer Ausgrenzung besteht, welches Wunder soll dann ein kleines Plastikkärtchen bewirken? Es verursacht zudem Kosten und einen immensen bürokratischen Aufwand. Offen ist, welche Kultur- und Freizeiteinrichtungen sich überhaupt beteiligen würden und wie hoch die Zuschüsse wären.

Bildung und Kultur für alle

Das Lieblingsprojekt von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen weckt falsche und übertriebene Hoffnungen. Das kulturelle Armutsproblem wird damit nicht gelöst. Bildung und Kultur für bedürftige Kinder ist ein gutes Ziel. Bildung und Kultur für alle wäre noch besser. Ein Blick in die deutschen Kommunen aber zeigt: Den Musikschulen werden Zuwendungen gestrichen, die Wartelisten sind lang. Museen und andere Kultureinrichtungen haben mit finanziellen Engpässen zu kämpfen. In den Schulen wird der Unterricht im Sport und in den musischen Fächern schon seit Jahren marginalisiert und auf ein Minimum reduziert.

Frau Ministerin, sorgen Sie – mit Geld und gezielter Förderung - für die Lösung all dieser Probleme. Die Idee mit den Plastikkärtchen sollten Sie schleunigst entsorgen.

Autorin: Cornelia Rabitz
Redaktion: Sandra Petersmann