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NATO - Starkes Bündnis für eine weltweite Sicherheit?

Andreas Noll9. Februar 2006

Die Verteidigungsminister der 26 NATO-Staaten treffen sich auf Sizilien, um über die zunehmend globalere Rolle des Bündnisses zu beraten. Allzu großspurige Pläne könnten vor allem am mangelnden Geld scheitern.

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Donald Rumsfeld im IrakBild: AP

Krisen wie im Iran, im Nahen Osten oder auch in Nordkorea sollen in Zukunft zum Thema in der NATO werden - fordert die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Heute ist die NATO die Klammer der transatlantischen Interessenvertretung und des transatlantischen Werteverbundes. Sie muss auch der Ort sein, an dem politische Gespräche über neue Konfliktherde auf der Welt geführt werden, und sie sollte der Ort sein, an dem politische und militärische Aktionen koordiniert werden."

Die transatlantische Verständigung über Sicherheit hatten die Staaten schon vor einem halben Jahrhundert in die NATO-Charta geschrieben, sich im Irak-Krieg allerdings nicht an die Vereinbarung gehalten. Mit Deutschland und Frankreich waren zwei wichtige NATO-Staaten nicht nur gegen den Militäreinsatz, sondern versuchten auch aktiv, die US-Pläne zu verhindern. Dem Streit ihrer Mitglieder sah die Organisation macht- und tatenlos zu. Washington suchte sich für den Krieg eigene Verbündete - auch außerhalb der NATO. Hat das Bündnis unter diesem Umständen seinen Sinn verloren, fragten Politiker und Experten in den USA und Europa besorgt.

Der Streit zwischen Washington einerseits und Berlin und Paris andererseits ist mittlerweile Vergangenheit. Auf beiden Seiten des Atlantiks heißt es heute selbstkritisch, sie hätten den Dialog im Bündnis vernachlässigt. In Brüssel setzte US-Präsident George W. Bush vor einem Jahr das Zeichen der Entspannung. "In diesem Jahrhundert ist das Bündnis zwischen Europa und Nordamerika der Hauptpfeiler unserer Sicherheit. Unsere enge Freundschaft ist ausschlaggebend für Frieden und Wohlstand auf der Welt." Keine temporäre Debatte, keine vorübergehende Meinungsverschiedenheit der Regierungen, keine Macht der Welt, werde die NATO-Partner jemals entzweien, meinte Bush

NATO heute gefragt

Auch in den europäischen Hauptstädten ist das Bekenntnis zur NATO und zur transatlantischen Partnerschaft gewachsen - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer ist sich des Zustandes der NATO sicher. "Ich freue mich in diesem Jahr sagen zu können: Der Zustand der transatlantischen Allianz ist gut. Mehr denn je ist die NATO heute gefragt und kann die Erwartungen auch erfüllen."

Einigkeit zwischen den Partnern dürfte beim Treffen der Verteidigungsminister am Donnerstag und Freitag (9./10.2.) in Taormina auf Sizilien vor allem in der Analyse der Bedrohungen herrschen. Der internationale Terrorismus steht ganz oben auf der Agenda. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld meinte dazu: "Unseren Staaten und Bevölkerungen wurde der Krieg erklärt. Unsere Zukunft hängt von der Einigkeit im Kampf gegen den Terrorismus ab, den Kanzlerin Merkel zu Recht als größte Herausforderung für unsere Sicherheit im 21. Jahrhundert bezeichnet."

Expansive Militärpolitik von Europa abgelehnt

Doch an der Frage, wie auf diese Bedrohung zu reagieren ist, scheiden sich die Geister. Im Gegensatz zu Washington sehen sich die europäischen Verbündeten nicht in einem "Krieg" gegen den Terrorismus - und lehnen denn auch eine expansive Militärpolitik ab. "Wir verlangen von neuen NATO-Mitgliedern einen Anteil von zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens für den Verteidigungshaushalt, und wir liegen selbst bei 1,4 Prozent. Aber ich muss realistisch sein: Wenn die (deutsche) Bundesregierung im Haushalt 35 Milliarden Euro einsparen muss, kann ich keine Versprechungen machen, den Verteidigungshaushalt zu erhöhen", meinte dazu der deutsche Verteidigungsminister Franz-Josef Jung. Genau das aber fordern US-Politiker, wie Verteidigungsminister Donald Rumsfeld seit Jahren. "Die Reform der NATO gibt es nicht zum Nulltarif", sagte er. "Es ist vielleicht leichter für unsere Regierungen, die Steuergelder für die Bedürfnisse und Wünsche zu Hause auszugeben. Aber wenn wir nicht in Verteidigung und Sicherheit investieren, gefährden wir unsere Heimat."

Rekord-Verteidigungshaushalt der USA

Für 2007 plant die Regierung in Washington erneut einen Rekord-Verteidigungshaushalt. Frankreich, Deutschland und die anderen Staaten auf dem alten Kontinent haben dagegen nach dem Ende des Kalten Krieges massiv gespart. Experten beziffern den europäischen Rückstand in der Militärtechnologie heute auf deutlich mehr als ein Jahrzehnt. Überholte Technik oder nicht vorhandene Ausrüstung sorgen für Schwierigkeiten bei gemeinsamen Operationen der 26 NATO-Staaten. Zu umfangreichen Militäraktionen sind die 24 europäischen NATO-Partner derzeit nur mit Unterstützung der USA in der Lage. In Afghanistan hat man sich auf eine Arbeitsteilung geeinigt. Auf der einen Seite der Kampf von US-Elitesoldaten gegen die Taliban, auf der anderen, die europäisch geführte Sicherheitstruppe für den Wiederaufbau.

Gerne würden die USA den weltweiten Anti-Terror-Kampf stärker in NATO-Verantwortung geben und die Allianz auch in Krisenregionen wie dem Nahen Osten einsetzen. Vor allem die traditionell US-kritische Regierung in Paris läuft jedoch Sturm gegen solche Pläne für das militärisch von Washington dominierte Bündnis. Die NATO solle sich nicht verzetteln, forderte die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie. Aber auch Paris akzeptiert stärker als früher die neue Daseinsberechtigung der NATO im globalen Kampf gegen Terror und Proliferation. In dieser Frage könnte es zum nächsten Schwur kommen. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte dazu: "Wir wollen und wir müssen die Entwicklung iranischer Nuklearwaffen verhindern. Das Nuklearprogramm des Iran erweckt den berechtigten Argwohn, dass es hier nicht um die friedliche Nutzung der Kernenergie geht, sondern dass es hier um militärische Optionen geht."

Abwägung der Optionen?

Wie dieses Programm in letzter Konsequenz zu verhindern ist, darüber machte sich der einflussreiche US-Senator John McCain öffentlich Gedanken. "Alle Optionen müssen auf dem Tisch bleiben", meinte er. "Es gibt nur eine Sache, die schlimmer ist als ein Militärschlag gegen Iran: ein nuklear bewaffneter Iran."