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Nationalistischer Kandidat mit den meisten Stimmen

17. November 2003

- Serbische Präsidentschaftswahl wegen zu geringer Wahlbeteiligung annulliert

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Bonn, 17.11.2003, DW-radio / Serbisch, Filip Slavkovic

Die Präsidentschaftswahl in Serbien ist zum dritten Mal in 15 Monaten gescheitert. Nur knapp 39 Prozent der Stimmberechtigten sind am Sonntag (16.11.) an die Urnen gegangen. Das ist ein neuer Negativrekord bei den Wahlen des Staatschefs, die schon im Oktober und Dezember 2002 annulliert wurden, weil die erforderliche Wahlbeteiligung von mindestens 50 Prozent nicht erreicht wurde.

Als Sieger des Tages fühlte sich der Präsidentschaftskandidat der rechts-populistischen oppositionellen SRS: Tomislav Nikolic hat mehr als 46 Prozent Stimmen erhalten. Sein Rivale aus der Regierungskoalition DOS, Dragoljub Micunovic, kam auf nur 35 Prozent. Unter den übrigen vier Kandidaten hatte nur noch einer mehr als 3,5 Prozent der Stimmen.

Nikolics Parteichef Vojislav Seselj wartet seit Anfang des Jahres auf seinen Prozess vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien. Nikolic selbst spielte jetzt die Tatsache herunter, dass er mehr Stimmen bekommen hat, als es Seselj je gelungen ist:

"Mein Sieg heute Abend (16.11.) ist ein Zeichen für den Sieg der patriotischen Kräfte in Serbien, für den Sieg der Menschen, für die Serbien über alles steht, die Serbien über alles lieben. Er ist ein Zeichen für den Sieg der Anti-Haager Lobby. Ich habe den Wählern klar gemacht: Wenn ich Präsident Serbiens werde und wenn die SRS die dominierende Kraft bei den Parlamentswahlen wird, wird keiner mehr nach Den Haag ausgeliefert."

Die politischen Analysten in Belgrad äußerten Besorgnis über einen Möglichen erneuten Rechtsruck in Serbien, nur drei Jahre nach dem Sturz von Slobodan Milosevic. Sie stellten aber auch fest, dass die Ultranationalisten ihr Wählerpotenzial hiermit ausgeschöpft hätten.

Der geschlagene Präsidentschaftskandidat der Reformer, Micunovic, sagte:

"Ich glaube immer noch, dass Serbien mehrheitlich demokratisch ist und, unabhängig von den heutigen Ergebnissen, nicht seinen Drang nach weiterer Demokratisierung und europäischer Integration aufgeben wird. Ich möchte Ihnen versichern, dass ich, so lange Serbien nicht Teil des demokratischen vereinten Europas ist, so lange wir nicht mit anderen Völkern frei und vereint sind, kämpfen werde."

Die nächste Gelegenheit für den politischen Kampf wird sich schon bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 28. Dezember bieten. Die Ausschreibung der Neuwahlen haben vor allem die zwei großen reformorientierten Oppositionsparteien, DSS und G17, die früher im regierenden DOS-Bündnis waren, gefordert. Zudem hatten sie zum Boykott der Präsidentschaftswahl aufgerufen.

Mit dem erfolgreichen Aufruf zum Wahl-Boykott haben die Parteichefs Vojislav Kostunica und Miroljib Labus nun das Land in eine der schwersten politischen Krisen gestürzt, warnen Experten. Serbien hat im Moment keinen Präsidenten und keine regierungsfähige Koalition im Parlament. Auch ist ungewiss, wann der vierte Anlauf zur Präsidentschaftswahl unternommen wird. Ministerpräsident Zoran Zivkovic dazu:

"Ich möchte mich an der großen Diskussion der Experten, wann die neuen Präsidentschaftswahlen stattfinden werden und wer für ihre Ausrufung verantwortlich ist, nicht beteiligen. Offensichtlich werden wir hierfür zuerst die Parlamentswahlen und die Zusammensetzung des neuen Parlaments abwarten müssen." (fp)