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Italien unter Schock

24. August 2016

Mindestens 247 Tote und über 350 Verletzte - nach dem verheerenden Erdbeben in Mittelitalien steigt die Zahl der Opfer weiter. Noch immer suchen Hilfskräfte in den Trümmern nach Überlebenden.

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Einwohner von Amatrice nach dem Erdbeben in Italien (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/S. Rellandini

Immer weiter müssen die italienischen Behörden die Zahl der Opfer, die durch das schwere Erdbeben ums Leben gekommen sind, nach oben korrigieren. Inzwischen beziffert die Zivilschutzbehörde die Toten auf mindestens 247. Zuvor hatte die Behörde die Zahl der Todesopfer mit 159 angegeben. Italiens Regierungschef Matteo Renzi hatte zuvor bei seinem Besuch in der Katastrophenregion erklärt: "Diese Bilanz ist nicht endgültig."

Noch immer werden bis zu 100 Menschen vermisst. Die Chancen, sie lebend zu finden, sinken stündlich. Auch nach Einbruch der Dunkelheit suchten Feuerwehrmänner und Freiwillige teils mit bloßen Händen in den zerstörten Häusern nach Verschütteten.

Karte von der Erdbebenregion in Italien (Grafik: DW)
Bild: DW

Für Hunderte Menschen ohne Dach über dem Kopf seien Zelte aufgebaut worden, teilte die italienische Zivilschutzbehörde mit. Hunderte weitere seien in Sporthallen untergebracht. Wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa meldete, machte das Erdbeben allein in der Region Marken rund 1500 Menschen obdachlos. Ministerpräsident Renzi versprach: "Keiner wird allein gelassen: keine Familie, keine Gemeinde, keine Nachbarschaft."

"Stimmen unter den Trümmern"

Es war 3:35 Uhr, als die Bewohner der Regionen Latium, Marken und Umbrien in der Nacht zum Mittwoch durch das Beben der Stärke sechs aus dem Schlaf gerissen wurden. Es folgten zahlreiche Nachbeben, das heftigste davon hatte eine Stärke von 5,3. Mehrere Dörfer im Apennin-Gebirge wurden zu großen Teilen zerstört - darunter die malerische 2600-Einwohner-Gemeinde Amatrice, 150 Kilometer von Rom entfernt. "Das halbe Dorf ist verschwunden", sagte der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi. Der Ort hatte den Ruf als eines der schönsten Dörfer Italiens. Dem Staatssender RAI sagte Pirozzi: "Wir hören noch Stimmen unter den Trümmern. Es muss alles getan werden, um die Menschen zu retten."

Besonders schwer traf das Erdbeben auch die bei Touristen beliebten Orte Accumoli, Pescara del Tronto und Arquata del Tronto. "Es ist eine Tragödie hier", sagte der Bürgermeister von Accumoli, Stefano Petrucci. Parlamentspräsidentin Laura Boldrini beschrieb die Lage bei einem Besuch in Pescara del Tronto: "Hier gibt es nichts mehr. Nur Trümmer. Es gleicht einer Bombardierung." Auch in Rom waren die Erschütterungen deutlich zu spüren. Die Behörden ordneten eine Überprüfung der Statik des Kolosseums in Rom an.

Ein Problem der Bausubstanz?

Das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam gab das Hauptbeben mit der Stärke von 6,2 etwas höher als italienische Experten an. Ein US-Erdbeben-Forschungsinstitut erklärte, das Epizentrum habe bei Norcia in einer vergleichsweise geringen Tiefe von vier Kilometern gelegen, was die Schäden verschlimmert habe. Ein Wissenschaftler des italienischen Instituts für Geophysik und Vulkanologie, Massimo Cocco, erklärte, das Beben sei für sich genommen nicht extrem stark gewesen. Eines der Hauptprobleme sei aber die Bausubstanz: Die alten Häuser in der Region seien nicht erdbebensicher.

Die betroffene Region liegt nur eine Autostunde nördlich von L'Aquila in den Abruzzen, wo 2009 bei einem Erdbeben mehr als 300 Menschen ums Leben kamen. Aufgrund seiner geografischen Lage wird Italien immer wieder von Erdbeben erschüttert.

Internationale Anteilnahme

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck sprachen den Betroffenen ihre Anteilnahme aus. In einem Kondolenztelegramm an Renzi schrieb Merkel: "Die Bilder der Verwüstungen sind schockierend." Bei einem Besuch im estnischen Tallinn erklärte die Kanzlerin, Deutschland sei bereit, Italien zu helfen. Auch US-Präsident Barack Obama bot nach Angaben eines Sprechers Hilfe bei Rettungs- und Wiederaufbaumaßnahmen an.

Rettungsaktion in Amatrice nach dem Erdbeben in Italien
Auch am späten Abend helfen zahlreiche Freiwillige noch bei der Beseitigung der TrümmerBild: Getty Images/AFP/F. Monteforte

Papst Franziskus zeigte sich tief betroffen. Er finde kaum Worte, seinen großen Schmerz auszudrücken, sagte er zu Beginn der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom. "Den Bürgermeister von Amatrice sagen zu hören, dass der ganze Ort nicht mehr existiert, und zu wissen, dass unter den Opfern Kinder sind, hat mich sehr berührt."

nin/mak (dpa, afp, rtr)