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Nach dem Verkauf von Nukem Technologies an Russland

27. August 2009

Abgesehen von dem Verkauf der deutschen Firma an Rosatom wollen Russland und Deutschland die Kooperation in Sachen Kernenergie erweitern.

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Nukem-Gebäude in AlzenauBild: Nukem

Der Erwerb der deutschen Nukem Technologies GmbH durch die staatliche russische Rosatom markiert nach Ansicht russischer Experten einen wichtigen Schritt bei der Reform der russischen Atomwirtschaft. Sergej Kondratjew vom Institut für Energie und Finanzen sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle, Rosatom werde allmählich zu einem Unternehmen von Weltrang, das in allen Zweigen der Atomindustrie, vom Uranbergbau bis zur Verarbeitung und Lagerung radioaktiver Abfälle, aktiv sei.

Nukem Technologies Gebäude
Ansicht eines Nukem-AbfallbehandlungszentrumsBild: Nukem

Kondratjew zufolge ist die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung abgebrannter Brennelemente seit jeher ein schwaches Glied in der Kette von Rosatom. "Russland ist, was die Technologie der Entsorgung abgebrannter Brennelemente betrifft, deutlich im Rückstand. Deshalb ist der Kauf von Nukem vor allem wichtig, um Technologie nach Russland zu transferieren", so der Experte. Kondratjew nennt aber auch für Nukem Technologies Vorteile: "Weil man in Deutschland schrittweise aus der Atomkraft aussteigt, sich die russische Atomstroyeksport (Unternehmenszweig der Rosatom zum Bau von Kraftwerksblöcken, Anm. d. Red.) im Gegensatz dazu aber aktiv entwickelt und im Ausland fünf Atomblöcke baut, ist die deutsche Firma auch an dieser Zusammenarbeit sehr interessiert."

Umstrittenes Engagement

Kondratjew sieht aber auch Risiken. Die Menge der radioaktiven Abfälle, die von Russland verarbeitet werden müsste, könnte sich erhöhen, erläutert er. Jedoch werde das qualitativ neue Niveau der Sicherheitstechnologien, die Rosatom mit dem Kauf des deutschen Unternehmens bekomme, negative Auswirkungen ausgleichen.

Igor Tschuprow von Greenpeace Russland teilt Kondratjews Optimismus nicht. Greenpeace trete, wie die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, für einen Ausstieg aus der Atomenergie ein. "Deshalb sehen wir es ungern, wenn sich die deutsche Wirtschaft bei der weiteren Entwicklung nuklearer Technologien engagiert", sagte er. Tschuprow gibt allerdings zu, dass die Abfallbeseitigung eine wichtige Aufgabe ist. "Wir begrüßen den Kauf, wenn er dazu beitragen wird, vorhandene Probleme zu lösen, aber nur unter der Bedingung, dass dies nicht dazu führt, dass neue radioaktive Abfälle produziert werden", betonte der Greenpeace-Experte.

Entsteht neuer Weltmarktführer?

Die Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland auf dem Gebiet der Kernenergie beschränkt sich nicht nur auf dem Kauf von Nukem Technologies. Eines der wichtigsten Abkommen in diesem Bereich wurde im März geschlossen: ein Abkommen zwischen Rosatom und Siemens über die Gründung eines Joint Venture. Das Gemeinschaftsunternehmen soll nach Plänen des Leiters von Rosatom, Sergej Kirijenko, zum Weltmarktführer beim Bau von Kernkraftwerken und deren Belieferung mit Ausrüstungen und Technologien werden.

Der Ökologe Tschuprow bewertet den Vertrag mit Siemens negativ, weil er ausschließlich den Bau neuer Anlagen vorsehe. Der Experte des Instituts für Energie und Finanzen, Kondratjew, ist hingegen der Auffassung, gemeinsame Projekte könnten vor allem die Modernisierung veralteter Technik ermöglichen. "Die meisten Technologien, die derzeit beim Bau von Kernkraftwerken verwendet werden, stammen noch aus den 70er Jahren", sagte Kondratjew. Die deutschen Technologien eröffneten Russland nun die Chance, nicht nur heute wettbewerbsfähig zu werden, sondern auch in Zukunft die eigene Position zu sichern.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz