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Museen versus Sammler

4. Februar 2010

Aus den Villen der Privatsammler in die Öffentlichkeit: Eine Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle zeigt zeitgenössische Kunst aus Privatsammlungen. Und macht klar, wie wichtig die Sammler für Museen geworden sind.

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Blick in die Ausstellung in Bonn (Foto: David Ertl)
Nur fremde Bilder: die Sammler-Ausstellung in BonnBild: David Ertl

Zeitgenössische Kunst ist ein schwieriges Terrain für Kunsthistoriker und Museen. Den einen fehlt zeitlicher Abstand, den anderen das Geld. Das letzte Jahrzehnt war von gestiegenem Interesse an aktueller Kunst und Preisexzessen auf dem Kunstmarkt gekennzeichnet. Daher befinden sich wichtige Kunstwerke meist nur noch in privater Hand. So ist es nur konsequent, dass die Bonner Kunst- und Ausstellungshalle erstmals eine Ausstellung allein Privatsammlungen widmet. Darunter sind etablierte wie die Sammlung Falckenberg und auch junge wie die Julia Stoschek Foundation.

Das Werk Nazi Milk (1979) von General Idea aus der Sammlung Schürmann zeigt ein blonden Jüngling mit einem Adolf-Hitler-Schnäuzer aus Mich (Quelle: Schürmann)
Nazi Milk (1979) von General IdeaBild: Sammlung Schürmann

Jung und begehrt

Die Ausstellung zeigt die enorme Bedeutung, die Privatsammler für aktuelle Kunst, deren Präsentation und Vermarktung haben. Junge Künstler wie John Bock, Lucy McKenzie, Paulina Oslowska und Tino Sehgal gelten als wegweisend. Doch Museen leiden seit Jahren unter schrumpfenden Ankaufsetats, bestätigt Sammlerin Sabine DuMont Schütte: "Die Institutionen haben kaum noch Geld, das bedauere ich sehr und würde jedem Politiker raten, mehr Geld in die Museen zu stecken."

Doch nicht alle stimmen in das Klagelied der klammen Museen ein. Sammler Wilhelm Schürmann sieht in der Finanz- und der ihr folgenden Kunstmarktkrise sogar eine Chance: "Die Marktorgie ist vorbei, für die öffentlichen Institutionen eine Chance, die sie nie zuvor hatten!"

Epochenwandel

Die Kunstwelt ist komplexer geworden. Das Machtgefüge hat sich klar zugunsten der Mäzene verschoben. Daran ist nicht nur das Kapital schuld. Auch das Museum steckt in seiner Rolle als Kunstvermittlungsinstitution in einer Krise. Das herkömmliche Museum mit seinen Shows hat sich überlebt, meint Sammler Thomas Olbricht. "Da muss mehr passieren als nur Bilder gucken". Die Museen müssten viel stärker Kunst vermitteln und auch Spezialinteressen bedienen. "Das muss so speziell sein, dass die jungen Leute nicht vor ihrem Computer hängen bleiben."

Blick in die Ausstellung in Bonn (Foto: David Ertl)
Die Kunsthalle hat kein einziges eigenes Werk - ein Zukunftsmodell?Bild: David Ertl

Klamme Museen versus potente Sammler?

Entspannt ist die Situation zwischen den Museen und Sammlern also nicht gerade. Der Kunstboom der letzten Jahre brachte auch den Vorwurf mit sich, Sammler würden Werke in den Museen nur gewinnbringend parken. Sabine DuMont Schütte bezieht dazu eindeutig Stellung. entweder Werke gleich verschenken oder bleiben lassen. "Diese Leihgabenmentalität, Werke hinzugeben, um sie dann museal geadelt wieder zu verkaufen - ich halte davon gar nichts und bin froh über jedes Museum, das sich dem verweigert."

Andererseits übernehmen Sammler zunehmend die Funktion von Museen. Sie beschäftigen Restauratoren und leihen ihre Werke meist kostenlos aus. Doch damit machen sie - wie Schürmann berichtet - nicht immer gute Erfahrungen: "Ich habe als Sammler sehr viel Probleme damit gehabt, dass der Wert erhalten blieb, denn einige Kunstwerke, die wir verliehen haben, kamen zerstört zurück."

Die Zukunft: Museen ohne Sammlung?

Die Macht der Sammler könnte jedenfalls noch zunehmen - das zeigt auch das Beispiel der Bundeskunsthalle in Bonn: ein Museum ohne ein einziges eigenes Werk. Für den Sammler Olbricht das Modell der Zukunft. "Vielleicht braucht das Museum keine Bilder mehr, die können ja immerhin selbst auswählen, damit ist ja die Neutralität gewährt, irgendwie."

Autor: Gerd Mörsch
Redaktion: Manfred Götzke