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Mutmaßlicher Anschlag auf DW-Journalist in Pakistan

Shamil Shams, Shakoor Rahim21. April 2014

DW-Korrespondent Abdul Ghani Kakar ist in Quetta offenbar angegriffen worden. Aus Pakistan zu berichten, wird zunehmend gefährlich - Journalisten sind das Ziel Militanter ebenso wie von Regierungskräften.

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Abdul Ghani Kakar, DW-Urdu-Korrespondent in Quetta. Belutschistan (Foto: Kakar)

Abdul Ghani Kakar beschreibt den Anschlag auf ihn so: Am Sonntag (20.04.2014) folgten ihm drei bewaffnete Männer in einem Auto durch die westpakistanische Stadt Quetta. Dann rammten sie seinen Wagen und flohen anschließend. Zwei Passanten wurden dabei verwundet, auch Kakar wurde leicht verletzt. Der DW-Korrespondent sagte, dass er in den den vergangenen Tagen Drohanrufe bekommen habe.

Gefährliches Pakistan

Pakistan gilt als eins der gefährlichsten Länder für Berichterstatter weltweit. Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat im vergangenen Jahr sieben Journalisten gezählt, die während ihrer Arbeit in Pakistan starben. Die UNESCO nannte Pakistan im Jahr 2012 das zweitgefährlichste Land für Medienvertreter weltweit, direkt nach Mexiko.

Einen Tag vor dem Angriff auf Kakar wurde in der Hafenstadt Karachi drei Mal auf den bekannten pakistanischen TV-Journalisten Hamid Mir geschossen. Ärzten zufolge ist sein Zustand mittlerweile stabil. Schon vor einem knappen Monat hatten bewaffnete Männer den liberalen Journalisten Raza Rumi zu töten versucht, nachdem er die Islamisten im Land kritisiert hatte. Übergriffe die zeigen, wie gefährlich Reporter in Pakistan momentan leben, sagen Beobachter.

Vor allem Berichte über Terrorismus und Islamismus provozieren Gewalttaten, stellt die nicht-staatliche Organisation South Asian Free Media Association (SAMFA) fest. Abdul Ghani Kakar befasst sich immer wieder mit der Unabhängigkeitsbewegung in Belutschistan und mit Menschenrechtsverletzungen in dieser pakistanischen Provinz. Dort sind militante Islamisten aktiv, unter anderem Taliban und al-Qaida-Anhänger.

Pakistanische Journalisten protestieren gegen die Behinderung der Arbeit (Foto: dpa)
Von zwei Seiten bedroht: Journalisten in PakistanBild: picture-alliance/dpa

Die Ermittlungen laufen

Kakar sagte im Gespräch mit der DW, dass er immer wieder Todesdrohungen von Mitgliedern verbotener belutschischer Militärverbände erhalten habe. Zum aktuellen Vorfall teilte die örtliche Polizei mit, dass die Ermittlungen aufgenommen worden seien. Auch müsse geklärt werden, ob es wirklich ein Mordanschlag gewesen sei oder nur ein Verkehrsunfall.

Die belutschische Journalistenvereinigung BUJ hat den mutmaßlichen Angriff verurteilt. "Dreißig Journalisten sind in Belutschistan in den vergangenen Jahren getötet worden", sagte der Vorsitzende der BUJ, Irfan Chanda, der DW. "Der leitende Minister der Provinz hat nach unseren anhaltenden Protesten versprochen, dass sich ein juristischer Ausschuss mit der Klärung der Morde befassen wird."

Bedrohung von allen Seiten

Experten zufolge werden pakistanische Journalisten nicht nur von militanten Gruppen eingeschüchtert, sondern auch von staatlichen Sicherheits- und Geheimdiensten.

Imtiaz Alam von der Medienorganisation SAMFA beschreibt Angriffe auf die Pressefreiheit von staatlicher und nicht-staatlicher Seite. "Viele Journalisten in Pakistan sind schon getötet worden, verurteilt wurde deswegen aber nie jemand. Empfehlungen eines Justiz-Ausschusses, der die Ermordung des investigativen Journalisten Saleem Shahzad untersucht hat, wurden nie umgesetzt." Der Journalist soll vom militärischen Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) getötet worden sein.

Hamid Mir, TV-Moderator in Pakistan (Foto: dpa)
Nachrichtenmoderator Hamid Mir: Kritik am GeheimdienstBild: picture-alliance/dpa

Auch die Verwandten von Hamid Mir beschuldigen den ISI. Der Fernsehjournalist hatte die Geheimdienste und das Militär in Pakistan immer wieder kritisiert, weil sie an Verschleppungen tausender Menschen in der Provinz Belutschistan beteiligt sein sollen. Die pakistanische Armee hat diese Anschuldigungen zurückgewiesen.

"Viele Journalisten haben Angst und fühlen sich bedroht", meint Ghazi Salahuddin, der in Karachi als Zeitungsjournalist arbeitet. "Die Politik in Pakistan hat kriminelle Züge angenommen. Als Pressevertreter frei zu berichten, ist sehr schwierig geworden."

Erste Verbesserungen

Trotzdem stimmen Experten darin überein, dass die Medien in Pakistan große Freiheiten haben. Die Regierung könne kritisiert werden, auch einzelne Politiker, das Militär oder die allgegenwärtigen Geheimdienste, auch der ISI. Vor zehn Jahren sei das so noch nicht vorstellbar gewesen.

"Der Kampf um unabhängige und objektive Berichterstattung wird weitergehen", meint Nasir Tufail, der für den privaten Nachrichtenkanal Geo TV arbeitet. "Was wir schon erreicht haben, ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen Kampfes gegen Unterdrückung und unserer Bemühungen um Freiheit."