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Demokratischer Musterfall

Christina Bergmann, Washington D.C.18. Februar 2008

Noch immer ist das Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur bei den Demokraten unentschieden. Der lange Nominierungsprozess muss für die Demokraten jedoch kein Nachteil sein. Im Gegenteil, meint Christina Bergmann.

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Christina Bergmann
Christina Bergmann

Konkurrenz belebt das Geschäft – das gilt für die Wirtschaft genauso wie für die Politik. Obwohl die Demokraten schon in knapp 80 Prozent der USA Vorwahlen abgehalten haben, gibt es noch keinen Sieger - anders als von vielen erwartet. Mehr als 1000 Delegiertenstimmen sind noch zu vergeben. Das heißt nicht nur, dass das Wettrennen der Bundsstaaten um die ersten Wahltagsplätze überflüssig war. Es bedeutet auch einen Sieg der Demokratie. Denn diesmal entscheiden die Anhänger der Demokraten im ganzen Land, wen sie ins Rennen ums Weiße Haus schicken.

Rekorde bei der Wahlbeteiligung

Die Wählerinnen und Wähler in Texas und Pennsylvania, in Ohio und North Carolina, deren Stimmen noch gefragt sind, wissen dies zu schätzen, genauso wie vor ihnen die Menschen in den US-Bundesstaaten Kalifornien und New York. Deshalb sind sie auch in Scharen zu den Wahlurnen gegangen, haben oft lange Wartezeiten in Kauf genommen. Die Wahlbeteiligung bricht in einem Bundsstaat nach dem anderen alle Rekorde. Das ist kein Wunder, wenn die Menschen wissen, dass sie nicht einen bereits feststehenden Kandidaten krönen, sondern tatsächlich die Wahl haben zwischen zwei starken Kandidaten.

Das erstaunliche dabei: Viele Wähler könnten auch damit leben, wenn nicht ihr Kandidat sondern der bzw. die andere als Präsident im November antritt. Es ist der Musterfall der Demokratie: Seine Stimme abgeben, aber die Entscheidung der Mehrheit akzeptieren. Und dann im November wieder zur Abstimmung gehen. Denn es spricht viel dafür, dass die Wahlbegeisterung bis zur eigentlichen Entscheidung anhält. Das könnte den Demokraten sogar einen wichtigen Vorteil gegenüber den Republikanern verschaffen, bei denen das Rennen so gut wie gelaufen und die Wahlbeteilung durchweg geringer ist. Der voraussichtliche Kandidat der Republikaner, John McCain, kann im Moment auch deswegen keinen Vorteil aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen bei den Demokraten ziehen, weil er nicht weiß, auf wen er sich einschießen soll.

Hohe Verantwortung der Super-Delegierten

Es gibt allerdings eine Gefahr im Rennen von Hillary Clinton und Barack Obama, die nicht zu unterschätzen ist. Es ist gut möglich, dass der Abstand zwischen den beiden letztlich so gering ist, dass die so genannten knapp 800 Super-Delegierten das Zünglein an der Waage spielen können. Das sind Parteivorsitzende und Parteimitglieder, die ihre Stimme frei vergeben können. Entscheiden sie sich dafür, den Unterlegenen zum Sieger zu küren, würden sie die Millionen Wählerinnen und Wähler verprellen, die so engagiert und zahlreich in dem Prozess mitgemacht haben. Und die dann aus Protest, dass ihr Kandidat um seinen oder ihren Sieg gebracht würde, zu Recht der Politik den Rücken kehren könnten. Wenn die Super-Delegierten klug sind, dann hören sie also auf die Basis. Sonst könnte es im November ein böses Erwachen geben. Nicht weil der Abstimmungsprozess so lang war, sondern weil er am Ende von einigen wenigen ausgehebelt wurde.