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Zwischen den Stühlen?

Thomas Bärthlein13. Juli 2007

Bis heute ist Pakistans Präsident Pervez Musharraf nicht durch demokratische Wahlen legitimiert. Aber für die USA ist er ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen islamistische Terroristen. Jetzt bröckelt seine Macht.

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Protest in Lahore gegen die Erstürmung der Roten Moschee
Nicht alle in Pakistan waren einverstanden mit der Erstürmung der Roten MoscheeBild: AP

Es waren nachdenkliche Töne, die Präsident Musharraf in seiner Fernsehansprache an die Bevölkerung am Donnerstag (12.7.) anschlug - am Tag nach dem Ende der Militäroperation gegen die Rote Moschee in Islamabad. Es sei kein Moment des Triumphes, sagte der in Zivil gekleidete Militärherrscher, sondern ein Tag der Trauer: "Jetzt ist die Zeit, wo wir nachdenken, in uns gehen müssen: Was wollen wir als Pakistaner tun - mit uns selbst, unserem Land, mit unserer Religion?"

Kein Versuch mehr diesmal, alles auf die Amerikaner zu schieben wie nach dem 11. September 2001. Die Drohungen aus Washington damals hat Musharraf noch kürzlich in seiner Autobiografie festgehalten.

Starke Worte des Präsidenten

Präsident Musharraf salutiert
Pervez Musharraf (Archivbild)Bild: AP

Diesmal dagegen fand Musharraf starke Worte gegen Terroristen und ihren Missbrauch der Religion, und er konnte sich darin zumindest mit einer Mehrheit der Pakistaner einig wissen. Zu größeren Protesten gegen die Militäraktion kam es in den Metropolen des Landes bisher nicht. Anschließend versprach er ein entschiedenes Durchgreifen der Sicherheitskräfte gegen Extremisten besonders im an Afghanistan grenzenden Nordwesten sowie mehr Reformen in den Koranschulen des Landes.

Die Frage ist nur: Wer glaubt das diesem Präsidenten noch? Die Liberalen in Pakistan tun das schon lange nicht mehr. Sie weisen darauf hin, dass das Militär seit den Tagen von Diktator Zia ul-Haq und dem Guerilla-Krieg gegen die Sowjetunion in Afghanistan noch stets die militanten Islamisten, die “Dschihadis” für seine Zwecke eingespannt habe.

Zwischen allen Stühlen?

Die größere Bedrohung für Musharraf geht zurzeit von der Zivilgesellschaft und der bürgerlichen Opposition aus, die ihm vorwirft, dass er den Obersten Richter eigenmächtig abgesetzt hat, vermutlich um seine Wiederwahl im Herbst zu sichern. Seit Monaten wird dagegen demonstriert, und das mobilisiert weitaus mehr Menschen als die Stürmung der Roten Moschee. Entschlossenheit im Kampf gegen die Extremisten hilft Musharraf an dieser Front auch nicht mehr viel, meint der pakistanische Journalist Nusrat Javed: "Eine Weile lang wird das die Botschaft vermitteln, dass sie es dieses Mal wohl ernst meinen und das Thema Extremismus angehen wollen. Aber was seine Person angeht - ich denke, er hat seine Glaubwürdigkeit verloren."

Der Pakistan-Experte Husain Haqqani von der Boston University glaubt, dass Musharraf sich mit seiner bislang bewährten Taktik, alle Gegner gegeneinander aus zuspielen, diesmal zwischen alle Stühle gesetzt hat: "Das pakistanische Militär hat fast alle wichtigen Kräfte im Land verprellt: Die Islamisten hassen General Musharraf, weil sie ihn als Handlanger der Amerikaner sehen. Die Liberalen, weil sie ihn für einen Diktator halten. Die Belutschen hassen Musharraf, weil er ihren Anführer Nawab Akbar Bugti getötet hat und die Paschtunen, weil er die Armee in ihren Stammesgebieten einsetzt.'

Gefährdete Stabilität

Die Rote Moschee in Islamabad
Die Rote Moschee in IslamabadBild: AP

Auch im Ausland hat Pervez Musharraf lange nicht mehr eine so schlechte Presse gehabt wie in diesen Tagen nach der Belagerung und Erstürmung der Roten Moschee. Die Kommentare der deutschen Zeitungen beispielsweise waren durchweg negativ. Während das beim wichtigsten Verbündeten, den Vereinigten Staaten, noch anders aussieht und zumindest die Bush-Regierung noch auf das Bündnis mit dem General setzt, mehren sich jedoch auch in Washington die Stimmen, die freie Wahlen und Demokratie für Pakistan fordern. Musharraf, so ein seit langem kursierender Kompromiss-Vorschlag, könnte sich ja auch mit der Ex-Premierministerin Benazir Bhutto arrangieren und die Macht mit ihr teilen.

Husain Haqqani bezweifelt allerdings, dass der General die Zeichen der Zeit erkennt: "Ich sehe Musharraf sich mit allen Mitteln - fairen und unfairen - an die Macht klammern. Und dadurch wird die Sicherheitslage im Land und die Stabilität sicher noch deutlich mehr unter Druck geraten als bisher!"