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Museumsdirektorin Annette Ludwig im Gespräch

Gudrun Stegen16. Mai 2012

Schätze der Buchdruckerkunst aus Asien und Europa, aber auch Ausstellungen aktueller Medien belegen die Bedeutung der Erfindung der mobilen Lettern. Das Gutenberg-Museum in Mainz ist ein Publikumsmagnet.

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Die Ausstellung »ON–TYPE: Texte zur Typografie« präsentiert Klassiker der Typografiegeschichte des 20. Jahrhunderts
Bild: Gutenberg-Museum Mainz

Deutsche Welle: Welche Aufgaben hat heute ein Spezialmuseum wie das Gutenberg-Museum?

Annette Ludwig: Ein Spezialmuseum hat natürlich ein Fachpublikum, in der Regel sind das ungefähr 5% der Besucher. Unsere Aufgabe ist es aber, ein breiteres Publikum zu erreichen und Angebote zu finden für Familien, Kinder und Jugendliche, aber auch für Senioren. Wir laden die breite Bevölkerung ein, in unser Haus zu kommen. Das Gutenberg-Museum ist nicht nur Gutenberg, sondern wir sind mehrere Museen in einem. Es gibt das biografische Gutenberg-Museum, aber wir zeigen auch den technischen Aspekt, wir zeigen die Drucktechnik, die Maschinen, die Pressen, wir zeigen den Buchbinder. Wir sind auch ein ethnologisches Museum. Wir haben Druckwerke aus aller Herren Länder, und wir sind auch ein Museum für angewandte Kunst, denn die Druckgrafik, die grafischen Techniken, lassen sich auch diesem Bereich zuordnen. Das Gutenberg-Museum besitzt eine große ostasiatische Abteilung zu den drei Ländern Japan, China, Korea und eine kleine islamische Abteilung, wo die Entwicklung der Druckkunst in den jeweiligen Bereichen auch mit Originalen gezeigt werden kann.

Wie kann man dem Erbe Gutenbergs heute gerecht werden?

Johannes Gutenberg ist gebürtiger Mainzer, der große Sohn der Stadt, und wir haben die Aufgabe, dieses Andenken wach zu halten. Das Museum wurde von Mainzer Bürgern gegründet, um diesen großen Sohn der Stadt zu ehren. Wir tun das, indem wir zu Druckvorführungen einladen, in denen man nach vollziehen kann, was Gutenberg erfunden hat, nämlich den Buchdruck mit beweglichen Lettern. Wir haben eine rekonstruierte Gutenberg-Werkstatt, wo wir stündlich diese Druckarbeiten zeigen.

Wie reagiert das Publikum, wenn es vor so einer alten Druckpresse steht?

In der Regel sind alle begeistert. Es ist ja eine Vielzahl von Erfindungen, die Johannes Gutenberg gemacht hat. Das ist einmal der Letternguss, dann das Handgießinstrument – wir laden zur aktiven Mitarbeit ein. Es darf immer jemand helfen, die Druckpresse zu bedienen. Dabei spürt man selbst, wie schwer diese Arbeit war und wie intellektuell herausfordernd. Dann können sich die Besucher später viel mehr darunter vorstellen und herauslesen, was dahinter steckt. Wir vermitteln diese Kulturtechniken durch Profis, Setzer und Drucker, die natürlich schon älter sind, denn diese Berufsbilder sind heute ausgestorben. Natürlich gibt es auch Führungen. Es ist eine ganze Bandbreite, die wir anbieten.

Ein Schwerpunkt des Gutenberg-Museums liegt auf der Bedeutung der beweglichen Lettern für die modernen Medien. Dazu gibt es derzeit zwei Sonderausstellungen. Um welche Themen geht es da?

In einer der Ausstellungen geht es um den Schwerpunkt "Moving Types". Die Ausstellung zeigt die Geschichte der beweglichen Lettern von den Anfängen bis in die digitale Gegenwart. Man kann so den Weg nachvollziehen von den beweglichen Lettern des Johannes Gutenberg bis hin zu den bewegten Buchstaben, wie sie heute im Film auftauchen. Wir zeigen, wie sich die Schrift von einem statischen Medium zu einem bewegten Medium entwickelt hat.
Unsere zweite aktuelle Ausstellung mit dem Titel "On-Typ“ zeigt Beispiele zur Typografie aus 111 Jahren. Das reicht von den Schrifttypen des Jugendstil über die sogenannte "deutsche Schrift" bis hin zur modernen Werbegrafik und Computerschriftzeichen.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit den modernen Ausstellungen gemacht?

Die Bilanz ist sehr posistiv. Wir haben uns damit ganz neue Zielgruppen erobert, vor allem medienaffine Menschen kommen jetzt verstärkt ins Gutenberg-Museum. Das sind Themen, die auch Jugendliche ansprechen. Außerdem haben wir neue Kooperationspartner gefunden in der Fachhochschule Mainz und in der Hochschule für Gestaltung in Schwäbisch-Gemünd. Das sind zwei wunderbare Partner, die viel Expertise eingebracht haben.

Welche Kooperationen und Projekte wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wenn ich lokal denke: Es gibt in Mainz eine große Universität, es gibt eine Kunstakademie, es gibt ein Staatstheater, da gibt es sehr viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Aber wir haben auch internationale Verbindungen. Unsere Ausstellung "Moving Types“ wird auch in Polen gezeigt werden. Aber es gibt noch Defizite in der Infrastruktur. Wir begrüßen jährlich 110.000 Besucher, davon ungefähr 25000 Kinder und Jugendliche. Da sind räumliche Verbesserungen nötig, da haben wir noch Hausaufgaben zu erledigen.