1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mumbais größter "Waschsalon"

15. Juni 2009

Wer seine schmutzige Wäsche säubern lassen will, der bringt sie in die sogenannten Dhobi Ghats. Tausende Wäscher schuften Tag für Tag in Mumbais größter "Waschstraße". Ein Knochenjob für wenig Geld.

https://p.dw.com/p/I9Wo
Foto: Sandra Petersmann / DW
Hier trocknet Mumbais Wäsche: in den Dhobi GhatsBild: Sandra Petersmann

Die Jeans klatscht mit voller Wucht auf den Waschstein. Danach kurz einseifen, schrubben, auswaschen - und dann nimmt Wajid Ali die Hose wie eine Axt in die Hand, um sie auf den Waschstein zu donnern. "Das ist verdammt harte Arbeit“, klagt er. Manchmal fühle es sich so an, als würden die Füße verrotten. "Wegen der Chemikalien“, sagt Walid. "In der Regenzeit ist es am schlimmsten. Aber die Schmerzen gehören dazu.“

Foto: Sandra Petersmann / DW
Santosh Kanojia, der Vorsitzende der Waschmänner-VereinigungBild: Sandra Petersmann

Schuften für wenige Euro am Tag

Seit er elf Jahre alt ist, steht Wajid Ali bis zu 8 Stunden am Tag knietief im Wasser und wäscht dreckige Wäsche. Das Wasser im Wachbecken sieht bedenklich grau aus. Aber die weißen Oberhemden, die auf der Leine über seinem Kopf im Wind flattern, strahlen. Der 24-jährige lächelt zufrieden. Bis zu 400 Rupien verdient er an guten Tagen – das sind umgerechnet rund 6 Euro. Aber diesen Satz erreicht er nicht immer. An anderen Tagen sind es nur 200 Rupien, 100 oder auch gar nichts. Oder, wie Wajid Ali es ausdrückt, "es ist immer eine Frage des Schicksals“.

Prominenter Besuch und jahrhundertealte Tradition

Foto: Sandra Petersmann / DW
Wäscher in den Dhobi Ghats - ein Job, der von Generation zu Generation weiter gegeben wirdBild: Sandra Petersmann

Die Dhobi Ghats liegen mitten in Mumbai, im Herzen der indischen Finanzmetropole. Von oben, von der Brücke des Mahalaxmi-Bahnhofs, sieht die schmale Waschstraße aus wie ein dampfender Lindwurm. In Spitzenzeiten wuseln rund 10.000 Menschen durch die schwüle Hitze. Die Dhobis holen die Schmutzwäsche bei ihren Kunden ab und bringen sie am nächsten Tag gebügelt wieder zurück. Jede Ladung wird versteckt markiert, damit es im Getümmel keine Verwechslungen gibt. Ein jahrhunderte-altes System, das sich bewährt hat. "Hier wäscht ganz Mumbai seine Wäsche.“, erzählt Santosh Kanojia. Die Dhobi Ghats seien weltberühmt, erklärt der Vorsitzende der Waschmänner-Vereinigung stolz. So berühmt, dass selbst Bill Clinton schon zu Besuch gewesen sei. Und auch im Kino waren die Dhobi Ghats bereits zu sehen, fügt er hinzu: "Hier wurden mehrere Bollywood-Filme gedreht“

Die Kehrseite der Medaille

Foto: Sandra Petersmann / DW
Mehrere tausend Menschen arbeiten in den Dhobi GhatsBild: Sandra Petersmann

Prominente Gäste oder professionelle Filmkameras können aber nicht über die harte Lebensrealität in den Dhobi Gats hinwegtäuschen. Nur die wenigstens Touristen bekommen etwas vom komplizierten Innenleben mit. Alle Wäscher gehören zur niederen Dhobi Kaste. Die meisten sind Analphabeten und leben im Slum. Nur wenige haben eines der insgesamt 731 Waschbecken gepachtet. Die Stadt Mumbai kassiert pro Becken 5 Euro im Monat. Die Pächter stehen ganz oben in der Dhobi Hierarchie. Alle anderen müssen versuchen, bei ihnen unterzukommen. Väter geben die Arbeit an ihre Söhne weiter. In der Kaste der Wäscher ist das Waschen traditionell Männersache. So auch in der Familie von Pana Lal. "Schon meine Vorfahren haben hier gearbeitet. Meine Familie hat nie etwas anderes gelernt“, berichtet der Wäscher. Aber weiter geben möchte er diese Tradition dennoch nicht. Für seine eigenen Kinder erhofft er sich eine andere Zukunft. "Wir schicken sie zur Schule, damit sie es einmal besser haben.“ Seine eigene Zukunft aber liegt genau dort - in den Dhobi Ghats. Denn für sich selbst sieht Pana Lal keinen Weg heraus:"Wir hängen hier fest.“

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Esther Broders