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Fahndung nach dem Motiv

21. April 2013

Auch eine Woche nach dem Anschlag auf den Boston-Marathon ist das Tatmotiv weiter ungeklärt. Aufschluss über die Beweggründe erhoffen sich die Ermittler von dem schwer verletzten überlebenden mutmaßlichen Bombenleger.

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Mahnwache für die Opfer des Boston-Anschlags in Wilmington, Massachusetts (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Mit Hochdruck wird nach den Motiven der geforscht. Über die Hintergründe wird noch gerätselt. "Wir hoffen, dass der Verdächtige überlebt, denn wir haben eine Million Fragen", sagte der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick.

In einem Großeinsatz, der die gesamte Stadt Boston in Atem hielt, hatte die Polizei den 19-jährigen Dschochar Zarnajew im Vorort Watertown aufgespürt und überwältigt. Er liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Sein Zustand sei sehr ernst, hieß es. Noch sei unklar, ob man ihn jemals werde verhören können. Sein Bruder und mutmaßlicher Komplize Tamerlan (26) war auf der Flucht von der Polizei getötet worden.

Boston: Aufarbeitung des Terroranschlags

Unternahm der 19-Jährige einen Selbstmordversuch?

Die Polizei gab inzwischen Details zur Festnahme bekannt. Der 19-Jährige habe nach langer Verfolgung letztlich aufgegeben. "Schließlich tat er, was wir ihm befohlen hatten, stand auf und hob sein Hemd hoch", sagte der Polizeichef von Watertown, Edward Deveau, in einem CNN-Interview. Deveau sprach von "20 Minuten Verhandlungen" mit dem Schwerverletzten. Er räumte allerdings ein, dass Zarnajew dabei "nicht viel gesagt" habe. Er habe aber noch um sich geschossen. Einem Fernsehbericht zufolge soll Dschochar Zarnajew während der Festnahme einen Selbstmordversuch unternommen haben. Das hätte die Analyse seiner Wunden ergeben, berichtete der Sender CBS.

Mahnwache für die Opfer des Boston-Anschlags in Wilmington, Massachusetts (Foto: Reuters)
Polizisten bei der Mahnwache für einen getöteten KollegenBild: Reuters

Hinweise auf islamistischen Hintergrund verdichten sich

Die Polizei hat nach eigenen Angaben bislang keine Hinweise auf Mittäter und geht davon aus das die Brüder keine Helfer hatten. "Alles was ich weiß ist, dass diese Kerle alleine gehandelt haben", sagte Deveau. Lokale Medien hatten zuvor gemeldet, dass das FBI am Freitagabend drei Verdächtige im Zusammenhang mit dem Anschlag verhört habe. Die Polizei habe ihre Wohnung in der Nähe der Universität durchsucht, an der Dschochar Zarnajew als Student eingeschrieben war.

Bei der Suche nach einem Motiv für die Tat verdichteten sich die Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund. Die Bundespolizei FBI räumte ein, den älteren Bruder Tamerlan Zarnajew bereits 2011 im Visier gehabt zu haben. Damals habe eine nicht näher genannte ausländische Regierung darum gebeten, den jungen Mann wegen mutmaßlicher radikal-islamischer Ansichten zu überprüfen. Bei der Befragung von Zarnajew hätten die Ermittler aber keinen Verdacht geschöpft. US-Medien zufolge soll der Hinweis aus Moskau gekommen sein.

Getöteter hinterlässt Frau und Kind

Unterdessen wurden weitere Details aus dem Leben der Brüder bekannt. Tamerlan Zarnajew war verheiratet mit einer Frau aus der amerikanischen Mittelschicht, deren Vater Mediziner ist. Das Paar hatte zusammen ein kleines Kind. Die Familie der Frau erklärte in einer Stellungnahme, die an der Haustür befestigt war: "Unsere Tochter hat heute ihren Mann verloren, den Vater ihres Kindes. Wir können nicht fassen, wie es zu dieser schrecklichen Tragödie kam."

In US-Medien wurde darüber spekuliert, dass sich Tamerlan Zarnajew während eines mehrmonatigen Aufenthalts in Russland im vergangenen Jahr radikalisiert und seinen jüngeren Bruder beeinflusst haben könnte. Die Familie war offenbar in den 90er Jahren vor den Kriegen in Tschetschenien zwischen russischen Truppen und islamistischen Unabhängigkeitskämpfern aus der Kaukasus-Republik geflüchtet. Nach einem Aufenthalt in Zentralasien kamen sie vor etwa zehn Jahren in die USA. Dschoschar wurde im vergangenen Jahr US-Staatsbürger, Tamerlan hatte eine Aufenthaltsgenehmigung. Rebellen im Nordkaukasus erklärten auf ihrer Internetseite, nichts mit den Anschlägen zu tun zu haben.

pg/qu (dpa, rtr, afp)