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Moskau-Ankara: Streit wegen Syrien?

Juri Rescheto, Moskau25. August 2016

Der Einmarsch der Türken in Syrien findet Zustimmung in Washington. Nicht aber in Moskau. Das Verhältnis zwischen Russland und der Türkei könnte vor einer neuen Zerreißprobe stehen. Aus Moskau Juri Rescheto.

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Russland Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin
Bild: Reuters/S. Karpukhin

Ein neuer Streit liegt auf der Hand. Oder besser: hängt in der Luft. Der Streit zwischen Russland und der Türkei, zwischen Russland und den USA. Denn das was US-Vizepräsident Joe Biden bei seinem Besuch in der türkischen Hauptstadt Ankara befürwortete, rief in der russischen Hauptstadt Moskau "tiefe Besorgnis" hervor. Der US-Vizepräsident hatte die syrischen Kurden am Mittwoch bei einem Besuch in Ankara aufgefordert, sich östlich des Euphrats zurückzuziehen. "Wir unterstützen nachdrücklich, was das türkische Militär tut", sagte er am Abend nach einem Treffen mit dem türkischen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Bislang hat Russland die syrischen Kurden ebenso wie die USA unterstützt.

Das Russische Außenministerium kritisierte, dass die Operation der türkischen Streitkräfte in Syrien nicht mit Damaskus abgestimmt gewesen sei. Von einer weiteren "Degradierung des Konflikts" ist die Rede am Smolenskaja Platz, dem Sitz des Russischen Außenministers Sergei Lawrow. Von neuen zivilen Opfern und von einer Verschärfung ethnischer Widerstände zwischen Kurden und Arabern.

Recep Tayyip Erdogan war erst Anfang August zu Besuch bei Wladimir Putin in Sankt Petersburg (Foto: DPA)
Recep Tayyip Erdogan war erst Anfang August zu Besuch bei Wladimir Putin in Sankt PetersburgBild: picture-alliance/AA/K. Ozer

Ausmaß des Einmarschs nicht bekannt

Dabei sollen die Pläne für den in Russland umstrittenen Einmarsch der neuen türkischen Freunde nach Informationen der russischen Zeitung "Kommersant "zumindest dem russischen Geheimdienst bekannt gewesen sein. Nicht aber dessen Ausmaß, das alle in Moskau wohl überraschte.

Der russische Experte Alexander Wassiljew vom Institut für Ostasienwissenschaften sagte der DW, dass man aber von einem neuen Konflikt weit entfernt sei. "Zu traurig war die Erfahrung der Türken mit den Russen nach dem Abschuss des russischen Militär-Jets. Daraus hat die Türkei ihre Lehren gezogen. Die Türken sind zudem sehr an einer Verbesserung der Beziehungen mit den Russen interessiert", erklärt er. Das habe der Besuch von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in Sankt Petersburg neulich gezeigt. "Es geht hier vor allem um die starken wirtschaftlichen Interessen der Türkei. Es steht für sie mehr auf dem Spiel als für Russland."

Ein neuer Keil in Sicht

Trotzdem zeige dieser Einmarsch, dass jeder in Syrien seine eigenen Interessen verfolge, räumt Wassiljew ein. Die Türken und die Amerikaner wollen es verhindern, dass die Kurden so weit in den Westen Syriens vordringen, dass sie der Türkei gefährlich werden könnten. Die Russen wiederum haben die Kurden bisher demonstrativ unterstützt, insbesondere während der Eiszeit zwischen Moskau und Ankara, um vor allem den Türken eins auszuwischen. Jetzt ist diese Eiszeit aber vorbei. Das Vorgehen gegen die Kurden könnte Anlass für einen Keil in dem neuen Liebesverhältnis zwischen Russen und Türken sein.

Die Türkei geht jetzt auf syrischem Boden gegen den IS vor und fordert den Rückzug der Kurden auf Stellungen östlich des Euphrats (Foto: Getty Images)
Die Türkei geht militärisch gegen den IS vor und fordert den Rückzug der Kurden auf Stellungen östlich des EuphratsBild: Getty Images/AFP/B. Kilic

Und dann gibt es da auch noch Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Zwar würden die Türken ihn für eine gewisse (ungewisse?) Übergangszeit als Staatschef dulden, irgendwann wird aber Schluss sein. Und das sieht Moskau anders. Für Russland ist Präsident Assad nach wie vor der einzig wahre legitime Staatschef Syriens. Und seine Truppen werden vom russischen Militär tagtäglich unterstützt.

Für Moskau ist der türkische Einmarsch in Syrien eine unangenehme Überraschung, die zeigt, dass die Hoffnung auf eine wirkliche Annährung zwischen Russland und der Türkei in der Syrien-Frage verfrüht ist.