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Mosambik: Durchbruch bei Friedensverhandlungen?

António Cascais17. August 2016

Seit Monaten schwelt ein Krieg zwischen mosambikanischen Regierungstruppen und den ehemaligen Rebellen der Renamo. Nun scheint bei den Friedensgesprächen unter internationaler Vermittlung ein Durchbruch gelungen zu sein.

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Militarkonvoi: Schutz vor Angriffen der oppositionellen RENAMO-Rebellen im Norden MosambiksBild: DW/B. Jequete

José Manteigas, Chefunterhändler der oppositionellen Renamo, trat diesen Mittwoch (17.08.) in Maputo vor die Presse, um eine überraschende Botschaft zu verkünden: Seine Partei und die Vertreter der mosambikanischen Regierung hätten mit Hilfe der internationalen Vermittler "richtungsweisende Beschlüsse" bei den Friedensverhandlungen gefasst: Diese gemeinsamen Beschlüsse würden "einen dauerhaften Frieden" in Mosambik ermöglichen, so Manteigas, der ausdrücklich im Namen aller Verhandlungsparteien sprach. Demnach sollen dem Parlament bis Ende November konkrete Vorschläge vorgelegt werden, um die Verfassung ensprechend zu ändern.

Der Renamo zufolge geht es um nicht weniger als den umfassenden Umbau Mosambiks von einem zentralistischen zu einen föderalen Staat. Die 11 Provinzen sollen eigene Regierungen und Parlamente erhalten. "In sechs der 11 Provinzen wird die Renamo bis auf Weiteres die Gouverneure vorschlagen. Dafür sollen alsbald die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden", so Manteigas. Bisher wurden die Gouverneure vom Staatspräsidenten in Maputo ernannt.

Ein gravierender Paradigmenwechsel, für den die Renamo-Opposition seit den Wahlen vom Oktober 2014 auch mit Waffengewalt gekämpft hatte. Der Renamo-Chef und erfahrene Guerilla-Kommandeur Afonso Dhlakama ging 2015 in den Untergrund, nachdem er 2014 erneut die Präsidentschaftswahl verloren, in mehreren Provinzen aber die Mehrheit geholt hatte. Er erklärte sich zum Machthaber in sechs der elf Provinzen. Dass seine Kernforderung nun Anerkennung erfuhr, wäre ohne die Mitwirkung und Hilfe der internationalen Vermittler nicht möglich gewesen, so Beobachter.

Afonso Dhlakama Filipe Nyusi Bildkombo Montage
Politische Widersacher in Mosambik: Staatspräsident Filipe Nyusi (Frelimo) und Afonso Dhlakama (Renamo)Bild: picture-alliance/dpa/Pedro Sa Da Bendeira/Getty ImagesGianluigi Guercia/Montage

Der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa zufolge relativierte die regierende Frelimo die Aussagen der Renamo jedoch wieder: "Es gibt noch keine Entscheidung. Wer immer behauptet, dass die Regierung zugestimmt hat, Renamo-Vertreter zu Gouverneuren in sechs Provinzen zu machen, hat unrecht. Das stimmt nicht", sagte der Sprecher der Regierungsdelegation, José Veloso, am Mittwochabend.

Friedensgespräche unter internationaler Vermittlung

Am 8. August 2016 war eine neue Runde von Friedensgesprächen zwischen Frelimo-Regierung und Opposition in Mosambik eingeläutet worden. Die Verhandlungen sollten ein Abgleiten des Landes in einen neuerlichen Bürgerkrieg abwenden. Lange Zeit hatte die Regierung auf die Härte des Rechtstaates gesetzt und nur halbherzig mit der Renamo verhandelt. Dann aber stimmte sie der Beteiligung internationaler Vermittler zu. Vorsitzender des Vermittlungsteams ist Botswanas früherer Präsident Quett Masire. Beteiligt an den Gesprächen sind zudem Vertreter der katholischen Kirche, der Europäischen Union sowie Diplomaten des Nachbarlands Südafrika.

Die Gespräche sollten den Weg ebnen für ein Gipfeltreffen zwischen Präsident Filipe Nyusi von der seit mehr als 40 Jahren regierenden Frelimo-Partei und Oppositionsführer Afonso Dhlakama, dessen Renamo-Bewegung bis 1992 erbitterter Bürgerkriegsgegner der Frelimo war und 2015 wieder zu den Waffen gegriffen hatte. Die Renamo-Aktivisten fühlen sich seit dem Friedensschluss von 1992 benachteiligt und als Opfer systematischen Wahlbetrugs.

Welle der Gewalt und Angst vor neuem Bürgerkrieg

Während in der Hauptstadt Maputo die Friedensgespräche anliefen, rollte über weite Teile des Landes eine Welle der Gewalt: Schüsse auf Zivilisten, Brandanschläge auf staatliche Gebäude, Straßenblockaden, Attacken auf LKW und Güterzüge. Immer neue Berichte über Gewalt und Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Renamo-Anhängern erschütterten über Wochen das Land. Ein besonders brutaler Angriff auf das Dorf Cheringoma in der zentralmosambikanischen Provinz Sofala, forderte vor wenigen Tagen sechs Tote. "Die Opfer wurden erschossen und anschließend verbrannt", erklärte die Polizei und beschuldigte bewaffnete Renamo-Anhänger.

Tatsächlich sind die Hintergründe dieses Massakers aber unklar: Entgegen der offiziellen Darstellung zitierte die mosambikanische Zeitung "O País" Augenzeugen, die Regierungstruppen für den Angriff von Chringoma verantwortlich machen.

"Der Konflikt in Mosambik ist auch ein Propagandakrieg", berichtet Marcelino Mueia, DW-Korrespondent in der Provinz Sofala: "Die Polizei erzählt uns immer wieder, dass es sich bei den Angreifern ausnahmslos um Renamo-Anhänger handelt. Von der Bevölkerung hören wir aber, dass Regierungstruppen hinter den Angriffen stecken. Es ist wirklich sehr schwer zu sagen, welche Version stimmt."

Flüchtlingslager in Kapise, Malawi
Tausende Mosambikaner flohen ins Nachbarland: Flüchtlingslager in Kapise, MalawiBild: HRW

Menschen fliehen aus den umkämpften Gebieten

Beobachter sprachen immer wieder von einem "schleichenden Bürgerkrieg" mit dramatischen Folgen, vor allem für die Landbevölkerung. DW-Korrespondent Mueia berichtet sogar von Flüchtlingsbewegungen in den betroffenen Gebieten: "Vor allem Lehrer, Krankenpfleger oder Verwaltungsbeamte fliehen. Sie suchen Schutz bei Verwandten, in sicheren Städten wie Quelimane, Beira oder Nampula. Sie sagen, es sei unmöglich geworden, in den betroffenen Gebieten zu leben."

Nach Regierungsangaben mussten in den vergangenen Wochen etwa 2300 Menschen in Flüchtlingslager innerhalb Mosambiks umgesiedelt werden. Zuvor hatten Tausende Mosambikaner Zuflucht im armen Nachbarland Malawi gesucht.

In den umkämpften Gebieten blieben vor allem die Alten, die Schwachen und die Kinder. DW-Korrespondenten berichten, dort sei die Versorgung mit Nahrungsmitteln und anderen Konsumgütern praktisch zusammengebrochen. Krankenstationen seien geschlossen, Schulen hätten ihren Betrieb eingestellt. Allein in der Provinz Manica haben nach DW-Recherchen rund 22.000 Kinder keinen Schulunterricht mehr.

Mosambik Anschlag gegen Oppositionsführer Afonso Dhlakama
Anschlag im September 2015: Autos von Begleitern Afonso Dhlakama wurden verbranntBild: DW/A. Sebastião

Wirtschaftkrise wird durch die Gewalt verstärkt

In der Hauptstadt Maputo scheint auf den ersten Blick die Krise weit weg: Viele fühlen sich von den kriegerischen Auseinandersetzungen im Zentrum und Norden des Landes nicht direkt betroffen. "Das ist aber falsch", meint Salomão Muchanga vom mosambikanischen "Jugendparlament", einer Organisation, die sich für die Stärkung der Zivilgesellschaft einsetzt. Die ohnehin geplagte Wirtschaft des Landes leide sehr unter dem Konflikt und das betreffe auch die Bewohner Maputos. Die Transportwege - vor allem die wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen - würden immer wieder unterbrochen. Darunter leide der Handel im ganzen Land und verteuere praktisch alle Konsumgüter, auch in der Hauptstadt, so Muchanga.

Zudem würde die Eisenbahnverbindung zwischen Tete und Nacala immer wieder durch Angriffe unterbrochen. Der Export von Kohle über den Hafen von Nacala sei praktisch zusammengebrochen.

„Alle Mosambikaner leiden unter der Gewalt“, fasst der Aktivist zusammen. "Wir müssen Druck auf die beiden Kriegsparteien erhöhen. Wir wollen uns von den alten Parteien und ihren Vertretern keinen neuen Krieg aufzwingen lassen!"

Wenn der Renamo-Unterhändler Manteigas tatsächlich das Mandat hatte im Namen beider Konfliktparteien zu reden - scheint dieses Signal aus der Zivilgesellschaft zum Verhandlungstisch durchgedrungen zu sein.