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Mord an einer Leiche

Andreas Hartmann26. September 2002

Der Verlauf des Neuen Markts gleicht der Tragödie des Ikarus. Nach beispiellosem Höhenflug schmolzen die Kurse dahin. Nun ist der Neue Markt endgültig abgestürzt.

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Die Seifenblase ist geplatztBild: AP
Der Neue Markt wurde 1997 in der Deutschen Börse eingeführt. In ihm wurden junge, wachstumsorientierte Unternehmen vor allem aus den Bereichen Telekommunikation, Biotechnologie und Multimedia gelistet. Im Nemax 50 sind 50 Titel des Neuen Marktes zusammengefasst.

Nach einer rasanten Wertsteigerung begann es jedoch bald zu kriseln. Seit Jahresbeginn hat der Nemax 50 rund 70 Prozent seines Wertes verloren. Unternehmen kehrten dem Neuen Markt den Rücken zu, geschönte Firmenbilanzen säten Misstrauen unter den Anlegern.

Halbherzige Rettungsversuche

Ein Arbeitskreis aus Nemax 50-Unternehmen versuchte, die Firmen bis Ende Oktober/Anfang November 2002 mit der "Frankfurter Erklärung“ auf die Richtlinien des Deutschen Corporate Gouvernance Kodex einzuschwören. Dieser Kodex empfahl Standards zur Unternehmensführung und –überwachung und sollte zum Beispiel mangelnder Transparenz deutscher Unternehmensführung und eingeschränkter Unabhängigkeit der Abschlussprüfer entgegentreten.

Unterstützt wurde das Vorhaben zwar durch die Deutsche Börsen AG, trotzdem fanden sich nur wenige Unternehmen bereit, die Selbstverpflichtungserklärung zu unterschreiben.

Auflösung des Neuen Markts

Schließlich muss den Verantwortlichen klar geworden sein, dass der Neue Markt gescheitert ist. Zu deutlich war die Absetzbewegung der Unternehmen, zu tief war das Vertrauen der Anleger gesunken. Ein Börsengang in diesem Segment wurde von Analysten längst nicht mehr als Möglichkeit der Kapitalbeschaffung angesehen.

Zwar verneinte die Pressestelle der Deutschen Börse noch am Mittwoch (25.9.02), dass Maßnahmen zu einer Umstrukturierung der Börse geplant seien. Am Donnerstag (26.9.02) gab die Deutsche Börse jedoch offiziell bekannt, dass der Neue Markt zum Anfang 2003 aufgelöst wird.

Nun soll die Börse in zwei Segmente aufgeteilt werden: Den Domestic Standard und den Premium Standard. Unternehmen, die im Premiumsegment aufgeführt werden, sollen zu internationalen Börsenregeln wie Quartalsberichterstattung und Bilanzierung nach internationalen Standards verpflichtet werden. Wer dazu nicht bereit ist, wird im Domestic Standard gelistet. Dort gelten die gesetzlichen Mindestanforderungen des deutschen Wirtschaftsrechts.

Damit neigt sich ein weiterer Mythos der New Economy dem Ende zu.