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Moralische Niederlage für die Taliban

17. Februar 2010

Mullah Baradar, der zweithöchste Taliban-Führer, ist gefasst. Eine moralische Niederlage für die Taliban, kommentiert Said Musa Samimy.

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Said Musa Samimy, Leiter der DW-Afghanistan-Redaktion

Zweifellos ist die Festnahme von Mullah Baradar als großer Sieg der pakistanischen und US-amerikanischen Geheimdienste zu verzeichnen. Die Hintergründe der Festnahme sind vielschichtig. Da ist zum einen der erhöhte Erfolgsdruck auf die Amerikaner. Aber da sind zum anderen auch die undurchsichtigen Beziehungen zwischen dem pakistanischen Geheimdienst ISI und einzelnen Mitgliedern in der Taliban-Führungsriege. Der mächtige Geheimdienst Pakistans handelt immer strategisch, nach eigenen Maximen, und versucht die Taliban-Milizen unter der eigenen Regie zu halten. Der ISI operiert taktisch, mit gewisser Flexibilität und opfert diejenigen Köpfe der Taliban-Milizen, deren Loyalität gegenüber dem ISI fraglich erscheinen. Mit der Festnahme solcher Akteure schlägt der pakistanische Geheimdienst quasi zwei Fliegen mit einer Klappe.

Saudi-Arabien als Vermittler

(Foto: AP)
Die pakistanische Armee hat bestätigt: Mullah Baradar wurde festgenommenBild: AP

Hinzu kommt, dass Mullah Baradar das Gesprächsangebot der Kabuler Regierung strickt abgelehnt hatte und einen Dialog vom endgültigen Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan abhängig machte. Bei der jetzigen Festnahme haben die guten Beziehungen Saudi-Arabiens zu Pakistan wohl durchaus auch eine Rolle gespielt: Denn in seiner Rolle als Vermittler zwischen der Kabuler Regierung und den Taliban hat Saudi-Arabien ein Interesse daran, die Ablehnungsfront zu schwächen.

Mullah Baradar - ein Mann mit reichlich Kampferfahrung

Mullah Barader war schon immer eine der Hauptfiguren der Taliban, er handelte jedoch stets nach eigenem Ermessen. Der gebürtige Afghane aus der ehemaligen Taliban-Hochburg Kandahar ist unbeugsam, eigenwillig und eloquent. In seiner Funktion als Hauptkommandeur der Aufständischen in Afghanistan kam Mullah Baradar bei der Formulierung der Taliban-Strategie eine Schlüsselrolle zu. Als ehemaliger stellvertretender Verteidigungsminister des despotischen Taliban- Regimes brachte er außerdem gewisse Erfahrungen im bewaffneten Kampf mit. Er war verantwortlich für die gemeinsamen Militäroperationen mit ausländischen "Glaubensbrüdern" - seien es Anhänger des Al Qaida-Terrornetzes oder Mitglieder pakistanischer Islamisten in Afghanistan. Mullah Baradar hatte schon Ende der 90er Jahre einige Militäroperationen der Milizen persönlich geleitet - darunter auch ethnische Säuberungsaktionen, bei denen Tausende Zivilisten massakriert oder aus ihren Dörfern vertrieben wurden.

Die Festnahme von Mullah Baradar ist ohne Zweifel eine moralische Niederlage für die Taliban-Milizen. Daher ist die Festnahme für die pakistanischen und US-amerikanischen Geheimdienste durchaus als Erfolg zu werten. Militärisch jedoch ist an der afghanischen Front kein richtiger Erfolg erzielt worden: Denn Taliban-Kommandeure operieren eigentlich taktisch, dezentral und nach eigenem Ermessen.

Autor: Said Musa Samimy, Leiter der DW-Afghanistan-Redaktion

Redaktion: Miriam Klaussner