Mons sucht das Glück
Affen zum Streicheln, die Anfänge van Goghs und Drachenkämpfe: Die Kulturhauptstadt Mons ist voller Bräuche und Brüche - und hat so viele Weltkulturerbestätten auf kleinstem Raum zu bieten wie keine andere.
Stadt der Supererfinder
Im ehemaligen Schlachthof gibt Mons seine Visitenkarte ab. Dort werden 20 Erfinder, die vom Neolithikum bis heute mit der Stadt in Zusammenhang stehen, vorgestellt. Unter ihnen ist zum Beispiel Jean-Charles Houzeau, der 1882 das Heliometer, ein Sonnenmessgerät, entwickelte. Oder Albert Toilliez. Der Ingenieur entdeckte, dass sich Steinzeitmeißel auch als Werkzeug im Kohlebergbau eignen.
Barockstar Belfried
Der Glockenturm von Mons überragt die 95.000 Einwohner-Stadt. Er ist von überall her sichtbar und zählt zum Weltkulturerbe. Victor Hugo taufte ihn "Kaffeekanne" wegen der bauchigen Formen. Der französische Schriftsteller hätte ihn hässlich gefunden, "wenn er nicht so groß wäre". Er ist der einzige Belfried Belgiens, der im Barockstil gebaut wurde. Im April 2015 wird er als Museum wiedereröffnet.
Van Goghs Fingerübungen
Die Ausstellung "Van Gogh in Borinage" zählt zu den Höhepunkten im Kulturhauptstadtjahr. Zu sehen sind die ersten zeichnerischen Fingerübungen des niederländischen Künstlers, der von 1878 bis 1880 in der Bergbauregion Borinage zehn Kilometer von Mons entfernt als Prediger gelebt hat. Diese Zeit gilt als Initialzündung, weil die Motive sich durch sein ganzes Werk ziehen.
Hort des Weltwissens
Google kam im Jahr 2000 nach Mons, um dort sein europäisches Data Center zu eröffnen. Das Unternehmen setzt fort, was bereits Ende des 19. Jahrhunderts von zwei Belgiern begonnen wurde. Damals gründeten Paul Otlet und Henri La Fontaine Archivalien im "Mundaneum", eine Art Google in Papierform aus 18 Millionen Karteikarten. Das Mundaneum ist eins von fünf UNESCO-Weltkulturerbestätten.
Tierische Hoffnungsträger
Die Einwohner von Mons brauchen ein wenig Glück. Die Kulturhauptstadt soll dabei helfen, die Arbeitslosenquote von 20 Prozent durch Tourismus und Kultur zu senken. Solange streicheln sie einmal im Jahr mit der linken Hand den Kopf dieses kleinen Äffchens an der Rathausfassade. Oder sie versuchen, beim jährlichen Drachenkampf ein Schweifhaar vom Pferd des Heiligen Georgs zu ergattern.
Liebe auf den zweiten Blick
Mons große Zeit liegt in der Vergangenheit. Bis 1958 lebte die Region von der Montanindustrie. Doch Kohle zu bergen, die tiefer als 1000 Meter unter der Erde liegt, wurde zu kostspielig. Die Schuttberge am Horizont erinnern an diese Zeit. Genauso wie die vielen zweigeschossigen ärmlichen Backsteinhäuschen, die die großen Zufahrtstraßen nach Mons säumen. Viele von ihnen stehen heute leer.
Reich der Frauen
Eine Kulturhauptstadt, in der die Frauen das Sagen hatten - eine wurde sogar heiliggesprochen: Sankt Waltraud rettete Mons 1349 vor der Pest. Die Waltrudiskirche ließ sie, zusammen mit anderen reichen Frauen, erbauen. Ihre Reliquien werden einmal im Jahr in einer goldenen Kutsche durch die Stadt gefahren.
Kupfer statt Gold
Die Büste der Heiligen Waltraud ist ein Blickfang in der eindrucksvollen gotischen Stiftskirche. Auch hier haben die Franzosen rücksichtslos ihr Unwesen getrieben. Sie haben sie gestohlen und eingeschmolzen. In der Waltrudiskirche hängt deshalb nur noch eine Replik aus Kupfer.
Treffpunkt Rathaus
Alle Gassen – die meisten mit Kopfsteinpflaster - führen zur Grand Place. Dort treffen sich unter anderem die rund 20.000 Studierenden der beiden Universitäten in zahlreichen Bistros oder Cafés. Dort steht auch das Rathaus von Mons. Es ist das einzige der Wallonie im gotischen Stil.
Kunst in der Kaserne
Fünf brandneue Museen bekommt Mons in diesem Jahr. Noch gleicht die Stadt einer großen Baustelle. Die Eröffnung ist für April geplant. Auch die ehemalige Kaserne der Kavallerie befindet sich in einem Prozess der "Metamorphose". Passend zum Motto des Kulturhauptstadtjahres bekommt sie neues Leben eingehaucht und wird zum Kunst- und Designmuseum.
Vier Jahreszeiten voller Kultur
Mons ist bislang die kleinste Kulturhauptstadt. Das lässt sie sich aber nicht anmerken und setzt auf Superlative. Alle drei Monate lockt Mons mit einem neuen Programmpaukenschlag: Blockbuster-Ausstellungen, Museumseröffnungen, Festivals. 70 Millionen Euro sorgen für Partylaune. 5000 Künstler aus zwölf Ländern beteiligen sich. Eröffnet wurde das Kulturhauptstadtjahr mit einem Lichterspektakel.