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Moldova: Eine „samtene Sezession“ Transnistriens?

14. Juli 2005

In der Moldau sorgt ein Gesetzentwurf über einen Sonderstatus Transnistriens für Aufregung. Ermöglicht er am Ende die Abspaltung der Region? Experten warnen vor den Gefahren.

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Umstrittener Gesetzentwurf in der Republik MoldovaBild: DW

Die Präsidentschaft der Republik Moldau hat am 12. Juli einen Gesetzentwurf über einen Sonderstatus der Region Transnistrien bekannt gegeben. Danach erhielte die autonome transnistrische Region das Recht, sich von der moldauischen Verwaltung zu trennen. Der Gesetzentwurf soll bis Ende des laufenden Monats ratifiziert werden. Aus welchen Gründen forciert denn die Regierung in Chisinau die rasche Anwendung des Gesetzes? Und könnte eine solche Initiative der Republik Moldau nicht zum Verhängnis werden?

Experten warnen

Tatsächlich erachten mehrere Politik-Analysten diesen Gesetzesvorschlag als äußerst gefährlich für die nationalstaatliche Souveränität der Republik Moldau. Vor allem, da der moldauische Präsident Vladimir Voronin letztes Jahr selbst ein ähnliches Projekt abgelehnt hatte, das so genannte „Kozak-Memorandum”. Abgelehnt wurde das Dokument, weil es die Umwandlung Transnistriens in ein unabhängiges Staatengebilde vorsah.

Der Gesetzentwurf, der nun auch den internationalen Vermittlern und der OSZE vorgelegt wurde, verleiht Transnistrien das Recht, eigenständig an der Gestaltung der moldauischen Politik mitzuwirken. Eine äußerst gefährliche Initiative, meint der sozial-liberale Abgeordnete Oleg Serebrean, und begründet das mit einem Beispiel im Hinblick auf die pro-europäische Orientierung der Republik Moldau: „Sollte die Republik Moldau beispielsweise einen Freihandelsvertrag mit der EU abschließen, und das würde sehr wohl unter das Ressort für Außenbeziehungen fallen, so könnte Transnistrien sich aufgrund seiner Präferenz für den Wirtschaftsraum der GUS dem Vertrag einfach widersetzen”, sagt Serebrean.

Transnistrien als internationales Protektorat?

Noch bedrohlicher scheint das Garantiesystems der internationalen Einrichtungen im Zusammenhang mit den zukünftigen freien Wahlen in Transnistrien, die für Dezember 2005 vorgesehen sind. Oleg Serebrean sieht in diesem Garantiesystem die Gefahr der Umwandlung Transnistriens in ein internationales Protektorat. Das könnte zu einem gefährlichen Präzedenzfall für alle zukünftigen Wahlen in der Republik Moldau werden. Serebran: „Eigentlich folgen wir jetzt dem Kosovo-Szenario. Wir versuchen, wenn Sie so wollen, die Souveränität der Republik Moldau zu verpachten. Es gibt nämlich keinen einzigen konkreten Hinweis, dass die Wahlen in Transnistrien gemäß der moldauischen Gesetzgebung organisiert werden“, so Oleg Serebrean.

Zu der Eile, mit der die Umsetzung dieses Gesetzesvorschlags in Chisinau vorangetrieben wird, meint der moldauische Politikwissenschaftler Oazu Nantoi: „Es soll der Eindruck erweckt werden, dass das neue Gesetz zur Legalisierung der im Dezember vorgesehenen Wahlen im östlichen Teil der Moldau dient. Innerhalb des somit anerkannten Obersten Sowjets in Tiraspol, erhofft man sich anschließend die Herausbildung einer Zweidrittel-Mehrheit, die den im Dezember 2001 wieder gewählten amtierenden Präsidenten Igor Smirnow zu Fall bringen soll. Im Unterschied zu Smirnow selbst wäre der Oberste Sowjet somit legitim und international anerkannt“, erklärt Oazu Nantoi. Er wies jedoch darauf hin, dass es keinerlei Garantien dafür gäbe, dass Zweidrittel der Abgeordneten des transnistrischen Obersten Sowjets auch wirklich die Rückführung Transnistriens in die Republik Moldau wünschten. Es könne genauso gut sein, fuhr er fort, dass eine Zweidrittel-Mehrheit das Regime Smirnow bestätigen würde.

Schließlich sollte hinzugefügt werden, dass der eigentliche Schöpfer des Gesetzentwurfs nicht der moldauische Präsident persönlich, sondern der Minister für Integration, Wassily Schowa, ist, der jüngst Kiew und Moskau besuchte. Sollte die Republik Moldau von ihren Nachbarn erneut aufgefordert worden sein, eine „samtene Sezession“ Transnistriens zu akzeptieren?

Vitalie Calugareanu, Chisinau

DW-RADIO/Rumänisch, 13.7.2005, Fokus Ost-Südost