Moderne neu entdeckt
In der Europäischen Kulturhauptstadt Wrocław haben bedeutende Architekten der Moderne ihre Spuren hinterlassen. Wir zeigen gut erhaltene und aufwendig restaurierte Gebäude in der schlesischen Odermetropole.
Erster Meilenstein
Eine gigantische, freischwebende Kuppel - die Jahrhunderthalle von 1913 ist Architekturgeschichte. Das Wahrzeichen von Breslau fasst 10.000 Besucher zu Veranstaltungen und Konzerten. Als "Dom der Demokratie" bezeichnete Architekt Max Berg sein Bauwerk, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
Stilvolles Messegelände
Wie auch die Jahrhunderthalle gehört dieser Vier-Kuppel-Pavillon zum damals neuentstandenen Messegelände. Auch er zählt zum Weltkulturerbe. Geschaffen hatte ihn 1913 Hans Poelzig, Wegbereiter des Neuen Bauens und über viele Jahre Direktor der Breslauer Kunstgewerbeschule. Nach aufwendiger Sanierung soll nun ein Museum für zeitgenössische Kunst einziehen.
Versuchsanordnung: Wohnen
Wie lässt sich Wohnraum sozialverträglich konzipieren? Wie die Lebensqualität in überfüllten Städten verbessern? Antworten gaben Architekten in den sogenannten Werkbundausstellungen - temporäre und dauerhafte Versuchssiedlungen. Den Anfang machte 1927 die Weißenhofsiedlung in Stuttgart, 1929 folgte die Breslauer Werkausstellung Wohnen und Werkraum, kurz WuWA.
Ein Zuhause für jeden Geldbeutel
In nur drei Monaten Bauzeit entstanden 37 Wohngebäude: freistehende Einfamilien-, Reihen- sowie Mehrfamilienhäuser. Zu den elf Architekten gehörte auch Theo Effenberger, hier mit kubischen Wohnhäuser in schlichtem Grobputz. Unter den Nazis erhielt Effenberger Berufsverbot. 1950 wurde er zum Professor für Architektur an der Hochschule für bildende Künste in Berlin berufen.
Her mit der Gemeinschaft!
Auf die zunehmende Anonymisierung der Großstädter antwortete Hans Scharoun mit diesem Ledigenheim. Unverheiratete Paare und Singles sollten neben ihren kleinen Wohnungen genügend Raum zur Begegnung finden. Heute wird das markanteste Gebäude der WuWA als Hotel genutzt.
Von Kindern zu Architekten
In dem als kinderfreundlich angelegten Teil der Versuchssiedlung durfte natürlich ein Kindergarten nicht fehlen. Ursprünglich ein temporäres Konstrukt für die Dauer der Ausstellung - gebaut aus einfachen Holzelementen. Doch das Gebäude überlebte und wurde nun von der niederschlesischen Architektenkammer originalgetreu rekonstruiert, die jetzt hier ihren Sitz hat.
Europäischer Blick
Die WuWA war nur eines von vielen Experimenten zum Neuen Bauen. Warum nicht alle einmal zusammenbringen? Im Kulturhauptstadtjahr zeigt eine einmalige Ausstellung die Entwürfe aus Stuttgart, Brno, Wien, Prag, Zürich und Breslau. Und auch die dazu gehörigen Möbel und Ausstattung der Häuser, die oftmals eigens dafür entworfen wurde.
Neues in der Altstadt
Architekt Adolf Rading realisierte mehrere Gebäude in Breslau, wie hier den Umbau der Mohrenapotheke. Es war 1928 das erste moderne Gebäude in der Altstadt. Die Frontfassade mit der Betonung auf horizontale Linien wurde 1990 originalgetreu wiederhergestellt.
Expressionistische Backsteine
Es war das erste Hochhaus von Breslau: das Postscheckamt, erbaut 1927 bis 1929. Das heutige Denkmal beherbergt unter anderem das polnische Post- und Telekommunikationsmuseum. Der elfgeschossige Stahlbetonskelettbau wurde mit Backsteinen verblendet und expressionistischen Schmuckelementen wie Gesimsen oder Portalumrahmungen bestückt.
Hoch hinaus
Die Städtische Sparkasse ist das zweite und gleichzeitig das letzte Hochhaus im damaligen Breslau. Stadtbaurat Berg propagierte diese Gebäudeform zwar als Ideal für Geschäftsgebäude, doch kam er gegen die öffentliche Skepsis nicht an. Der Bau sollte der Startschuss für die Umgestaltung des Marktplatzes sein - realisiert wurde sie nie.
Aufwind für Innenstadt
Dafür herrschte in der Innenstadt ein regelrechter Bauboom: Zehn Geschäftshäuser entstanden bis zur der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Dieses Warenhaus für C&A Brenninkmeyer hatte Sepp Kaiser gebaut. Das Gebäude ist weitgehend im Originalzustand erhalten.
Rolltreppen für Schlesien
Dieses Kaufhaus, realisiert von Hermann Dernburg für den Wertheim-Konzern, war das größte der Stadt. Es überraschte mit der ersten funktionierenden Rolltreppe in der gesamten Region. Das jüdische Unternehmen wurde 1937 enteignet, beim monatelangen Kampf um Breslau 1945 schwer beschädigt. Bereits 1948 konnte es wiedereröffnet werden. Mehrfach renoviert steht es seit 1977 unter Denkmalschutz.