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Ein nicht ganz freiwilliger Rückzug

22. April 2010

Der Fall des Augsburger Bischofs Walter Mixa ist in der jüngeren deutschen Kirchengeschichte einmalig. Gegenstand zunehmender öffentlicher und innerkirchlicher Diskussionen war Walter Mixa schon seit Ende März.

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Der Augsburger Bischof Walter Mixa (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Gegenstand zunehmender öffentlicher Diskussionen war Walter Mixa schon seit Ende März. Auslöser waren Vorwürfe, der fast 69-jährige Bischof habe in seiner Zeit als Stadtpfarrer in Schrobenhausen Kinder des dortigen katholischen Waisenhauses geschlagen. Zwar dementierte Mixa zunächst, doch die Vorwürfe blieben und verdichteten sich sogar noch weiter.

Als der Verdacht finanzieller Unregelmäßigkeiten in der Waisenhausstiftung unter Mixas Regie in Schrobenhausen hinzu kam, reagierten katholische Laienorganisationen und die deutsche Bischofskonferenz. Deren Vorsitzender, Erzbischof Robert Zollitsch, nahm Mixa ins Gebet. Schließlich rieten Zollitzsch und der Münchner Erzbischof Reinhard Marx dem in die Kritik geratenen Mixa öffentlich, eine - so wörtlich - "Auszeit" zu nehmen.

Bischof Walter Mixa am 11.04.2010 (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Öffentlicher und kirchlicher Druck

Dazu sagte der Augsburger Diözesanratsvorsitzende Helmut Mangold, Zollitsch und Marx hätten "gewaltigen Druck" aufgebaut. Der oberste Laienvertreter im Bistum Augsburg fügte hinzu, er hoffe, dass jetzt Ruhe einkehre.

Auch das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken ZdK zeigte sich erleichtert. Dessen Vorsitzender Alois Glück sprach von einem "letztlich notwendigen und unausweichlichem" Schritt.

Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken ZdK (Foto: AP)
ZdK-Präsident Alois GlückBild: AP

Walter Mixa sagte am Donnerstag (21.04.2010) alle Termine der nächsten Tage ab und trat einen mehrtägigen Urlaub an. Das Bistum teilte mit, Mixa wolle räumlich und zeitlich etwas Abstand gewinnen.


Kompliziertes und langwieriges Verfahren

Dom "Unserer Lieben Frau" in Augsburg (Foto: GFDL)
Dom "Unserer Lieben Frau" in AugsburgBild: GFDL/Johannes Böckh

Zeit braucht auch das Bistum Augsburg. Denn nach der Entscheidung von Papst Benedikt XVI. über Mixas Rücktrittsgesuch vergeht bis zu einem Jahr, bis der Bischofssitz in Augsburg vom Vatikan neu besetzt wird. Für die Zeit bis dahin wird ein Administrator die Geschäfte führen. Rein formal kann ein vom Papst ernannter Bischof nach kanonischem Recht nicht ohne schwerwiegende Gründe auf eigenen Wunsch von seinem Amt zurücktreten.

Allerdings wurde Rücktrittsgesuchen aus "schwerwiegenden Gründen" in der Vergangenheit auch schon sehr schnell stattgegeben. Üblicher ist aber ein päpstlich angeratener Amtsverzicht - vor allem aus offensichtlichen Altersgründen. Kirchenrechtlich behält der Zurückgetretene dabei seine Bischofswürde. Außerdem gibt es noch die als Strafe verstandene Absetzung nach einem kirchenrechtlichen Verfahren mit abschließendem Dekret. Dafür müsste sich ein Bischof beispielsweise öffentlich von der kirchlichen Lehre losgesagt oder versucht haben, eine Ehe einzugehen.

Vatikan: Petersplatz und -Dom in Rom (Foto: AP)
Vatikan: Petersplatz und -Dom in RomBild: AP


Mixas Doppelfunktion

Doch nicht nur in der Frage Rücktritt oder Abberufung oder Absetzung Mixas hat der Papst das letzte Wort, auch bei der Besetzung des Amtes des obersten katholischen Militärseelsorgers in Deutschland hat der Vatikan ein wichtiges Mitspracherecht. Denn die Bundesregierung ernennt den obersten katholischen Militärgeistlichen in Abstimmung mit dem Vatikan und auf dessen Vorschlag. Dazu teilte das Katholische Militärbischofsamt in Berlin mit, Mixa habe in seiner zehnjährigen Amtszeit immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Angehörigen der Bundeswehr gehabt. Bis der Papst einen Nachfolger ernenne, werde die katholische Militärseelsorge von Generalvikar Walter Wakenhut geleitet. Wakenhut werde bereits am Samstag (24.04.20010) in Ingolstadt gemeinsam mit einem evangelischen Militärdekan durch den Trauergottesdienst für die vier in Afghanistan getöteten Soldaten führen.


Autor: Hartmut Lüning (dpa, ap, afp, KNA)
Redaktion: Silke Wünsch