Mittsommer: Vom längsten Tag und der kürzesten Nacht
Überall in Europa feiern Menschen die Sommersonnenwende. Traditionell wird am längsten Tag des Jahres ausgelassen gefeiert - und von Skandinavien bis Spanien werden alte Sitten und Bräuche gepflegt.
Zauber der "Weißen Nächte"
Die Sommersonnenwende hat es den Menschen angetan - der längste Tag des Jahres ist vor allem in Skandinavien und den baltischen Ländern ein Top-Feiertag. Dort werden die Nächte in dieser Phase des Jahres nie ganz dunkel. Die Mitternachtssonne erzeugt die sogenannten "Weißen Nächte". Hier ein See im finnischen Teil Lapplands um Mitternacht.
Die Mittsommer-Weltmeister
"Midsommar" nennen die Schweden das Fest, das sie zur Sommersonnenwende feiern - immer an dem Samstag, der zwischen dem 20. und 26. Juni liegt. Städter zieht es zum Feiern aufs Land. Tanz, Gesang, Musik, besondere Speisen und alkoholische Getränke gehören dazu. An tanzende Elfen, an Trolle oder an heilkräftigen Morgentau glaubt indes kaum noch jemand. Seine Magie hat der Tag weitgehend verloren.
Buntes Treiben unterm Mittsommer-Baum
Für die Schweden ist Mittsommer nach Weihnachten das zweitgrößte Fest des Jahres. Das Abbrennen großer Feuer gehört in allen Ländern zur Tradition der Sommersonnenwende. Doch die Schweden haben auch ganz eigene Formen. So schmücken sie einen schlanken Baumstamm mit Blättern, Blumen und Girlanden. Wenn der am Mittsommerabend aufgerichtet wird, beginnt drum herum der Tanz.
Hochzeit an Mittsommer
Nicht nur in Schweden, auch im benachbarten Finnland ist der Mittsommertag ein beliebter Termin zum Heiraten. Dieses finnische Paar feierte seine Hochzeit auf der Insel Seursaari in Helsinki, einem beliebten Naherholungsgebiet. Vielleicht erhoffen sie sich durch das Ja-Wort am längsten Tag ein langes gemeinsames Leben - wer weiß?
Kopfsachen
Brauchtum kennt keine Grenzen – auch nicht zwischen Skandinaviern und Slawen. Ebenso wie in Schweden und dem Baltikum stellen Frauen und Mädchen in Weißrussland während der Feier zur traditionellen Sommersonnenwende Gebinde her. Mit den Kränzen aus Blumen, Gräsern und Zweigen schmücken sie den Kopf - eine Tradition aus heidnischen Zeiten. Den Pflanzen werden Heilkräfte zugesprochen.
Heidnisches wird christlich
Die Tradition der Sommersonnenwendfeiern reicht zurück bis in die Jungsteinzeit. Das Abbrennen großer Feuer vermutlich auch, denn Licht ist ein Symbol für Leben und Überleben. Der heidnische Anlass wurde im Zuge der Christianisierung Europas übernommen und inhaltlich umgedeutet. In zahlreichen Ländern - auch in Deutschland - heißt das Fest "Johannisfest" und wird am 24. Juni gefeiert.
Licht in der Dunkelheit
Die Sommersonnenwende terminierte in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt der Julianische Kalender. Gefeiert wurde sie am 24. Juni, dem Hochfest Johannes' des Täufers. Er war derjenige, der das Kommen Jesus ankündigte. Nach biblischem Verständnis ist Jesus als Sohn Gottes das Licht, das in die Dunkelheit kommt. Die Symbolik passt also bis heute perfekt - trotz heidnischer Bezüge.
Rest-Riten
Wen verwundert es also, dass dann, wenn in Europa die Johannisfeuer in der Nacht vor dem Johannistag lodern, immer noch vorchristliche Riten mitschwingen? In Weißrussland feiern Menschen eine Nacht lang das Iwan-Kupala-Fest. Sie singen und tanzen, bevor manche über das Feuer springen. Denn die Menschen glauben, dass sie dies von ihren Sünden reinigen wird und zugleich ihre Gesundheit stärkt.
Feuer und Trachten
Dieser Junge steht in bayerischer Tracht vor einem Johannisfeuer in Oberbayern. Ebenso wie in Schweden, Weißrussland oder der Ukraine gehört die jeweilige Tracht der Region untrennbar zur Tradition dazu. Für Erwachsene wie Kinder das Komplett-Aufgebot für ein optimales Heimatgefühl. Doch jeder weiß: Von nun an werden die Tage wieder kürzer.
Strohpuppe als "Zusatzversicherung"
Dem Sonnwendfeuer werden magische Kräfte zugesprochen, die helfen sollen, die kommende Kälte durchzustehen. Die Wirkung will man mancherorts erweitern. In Niederbayern gibt es die Tradition, eine Strohpuppe auf den Holzstapel des Johannisfeuers zu binden. Sie wird dann mit dem Sonnenwendfeuer verbrennen. Auf diese Weise soll symbolisch alles Böse vertrieben werden.
Feuer der Liebe
Ob das Feuer der Mittsommernacht auch das Feuer der Liebe entfachen, erhalten oder neu entfachen kann? Dieses Paar küsst sich vor einem Johannisfeuer auf dem Kandel. Hoch über der Rheinebene lodern die Flammen weithin sichtbar auf dem Gipfel des 1243 Meter hohen Bergs im Südschwarzwald.
Küstenpartys in Spanien
In Spanien feiern die in Küstennähe lebenden Menschen in der "Nacht des heiligen Johannes" besonders gerne am Strand – im nordspanischen Gijon, in Alicante, oder wie hier in Valencia am Mittelmeer. Mancherorts ist es Tradition, dass Feiernde genau um Mitternacht gleichzeitig ins Wasser springen, um die Sonnenwende zu begrüßen.
Valencia am Morgen danach
Freudenfeuer am Mittelmeerstrand in der Johannisnacht locken in Valencia, der drittgrößten Stadt Spaniens, Tausende an. Gemeinsam mit Verwandten, Freunden und Nachbarn reden, singen, tanzen sie - genießen den Abend und die Nacht. Leider sieht der Strand tags darauf wild aus. Die Hinterlassenschaften der Johannisnacht sind eine Herausforderung für Stadtreinigung und Müllabfuhr.
Historisches Flair
Die steinzeitliche Kultstätte Stonehenge im Süden Englands soll mindestens 5000 Jahre alt sein und erfasst die Auf- und Untergangspunkte der Sonne. Bis zu 36.000 Menschen feierten dort in den vergangenen Jahren die Sommersonnenwende. An der größten unorganisierten Feier dieser Art in Europa nehmen auch Anhänger neuheidnischer und esoterischer Gruppen teil - viele in historischer Kleidung.
Geschichtsträchtige Felsen
Beliebtester Ort für Sonnenwendfeiern in Deutschland sind die Externsteine. Die markante Felsformation in Ostwestfalen soll bereits 10.000 v. Chr. Menschen angezogen haben. Die Nationalsozialisten versuchten Feiern samt Felsen in ihren pseudo-religiösen germanischen Kult zu integrieren. Sonnenwendfeiern ziehen deshalb bis heute auch Neonazis an - vor allem aber Esoteriker und Neuheiden.