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Mit Umwelttechnologie aus Lettland den europäischen Markt erobern

Lydia Heller13. August 2008

Sein Name steht für eine der wenigen Erfolgsgeschichten der lettischen Wirtschaft: Uldis Pilens, Architekt, Wirtschaftskapitän und Öko-Vordenker. Mit seinen Geschäftsideen will er Lettlands Energieversorgung umkrempeln.

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RME betriebenes Blockkraftwerk BHKW in der Auermühle in Bonn (Wildwelt AG)
Die UPB-Energy baut Blockheizkraftwerke und schreibt damit ErfolgsgeschichteBild: WindWelt AG

Sein Konzern, der bescheidenerweise noch immer heißt wie seinerzeit sein Architekturbüro: Uldis-Pilens-Büro - kurz UPB - ist einer der größten Arbeitgeber in Lettland – 30 Unternehmen gehören inzwischen dazu, mit 1700 Arbeitsplätzen. Entstanden aus dem postsowjetischen Nichts, umfasst das Unternehmen heute so ziemlich alles, was mit Bau zu tun hat: Beton, Stahl, Holz, Aluminium – Produktion, Handel, Verarbeitung. Der gemeinsame Nenner: Was von UPB kommt, ist umweltfreundlich und energieeffizient – oder soll zumindest dazu dienen, das Leben umweltfreundlicher und energieeffizienter zu machen. Jüngstes Baby: die UPB-Energy-Gruppe, die Blockheizkraftwerke herstellt.

Vorreiter bei der nachhaltigen Energieerzeugung

Schweine im Stall
Mit Biogas soll Lettland unabhängig von den russischen Gaslieferungen werdenBild: DW-TV

Knallrot ragt sie heraus aus dem braun-grauen Einerlei des Industriegebiets der südwestlettischen Hafenstadt Liepaja – die Produktionshalle der UPB-Energy. Auf dieser Seite der Halle baut UPB vier bis sechs Zylindermotoren zusammen. Links daneben ist die größere Montagestrecke, für die acht Zylinder, 280-Kilowatt-Motoren. Die UPB-Energy baut Blockheizkraftwerke, kurz BHKWs, erklärt Produktionsleiter Andris Knipens.

Das sind containergroße Anlagen, die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen können und damit – je nach Leistung – Privathäuser, Wohnblocks oder ganze Wohnviertel versorgen können. Dezentral und effizient, nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung. In Deutschland und Westeuropa gehört diese Technologie seit den 1990er-Jahren zum Standardprogramm in Sachen nachhaltiger Energieerzeugung – in Lettland war sie unbetretenes Terrain – bis vor kurzem.

Technik, die auch das europäische Ausland begeistert

"Unsere Anlagen sehen Sie heute, nach einem Jahr Tätigkeit, in Irland, in Großbritannien, in den USA, in Lettland selbstverständlich oder auch in Deutschland", erklärt Uldis Pilens. Mit dem Handy am Ohr läuft er durch die mondäne Jugendstil-Villa, in der er seine Büroräume hat. Die schmale Brille, Jeans und ein weißes Hemd mit offenem Kragen verraten den gelernten Architekten und Ingenieur – der Jaguar vor der Tür verrät den Geschäftsmann.

Erst vor einem guten Jahr, erzählt der 52jährige, habe er die UPB-Energy gegründet – als jüngstes der 30 Unternehmen seines Bau-Konzerns. Sie soll sein Aushängeschild werden: Umwelttechnik auf Weltniveau, made in Osteuropa. Dafür hat Pilens Ingenieure und Techniker aus der Schweiz und Deutschland engagiert. Die Strategie: Technologie in Westeuropa einkaufen, in Lettland montieren, die Endprodukte weltweit verkaufen.

"Gerade in Großbritannien und den USA wurden von uns die BHKWs der neuesten Generation eingekauft: per Modem steuerbar, regulierbar, weltweit", erklärt Pilens. Die internationale Zusammenarbeit plus westeuropäische Technik zusammen mit billigeren Produktionskosten in Lettland: Das sei das Argument, weswegen die Anlagen auch weltweit zu den besten gehören könnten, meint Pilens.

Der lettische Energieguru

Lettische Schweiz
Schöne Landschaften kennt man aus Lettland, ökonomische Erfolgsgeschichten wenigerBild: transit

Doch geschäftlicher Erfolg allein reicht Uldis Pilens nicht. Er ist Energieexperte der Lettischen Volkspartei, er schreibt für Fachmagazine und organisiert Fahrten nach Dänemark – um Skeptikern zu zeigen, wie Energieversorgung auf Basis Erneuerbarer Energien funktionieren kann. "Die Wirtschaft wird derzeit von den Preiserhöhungen des russischen Gases strapaziert. Es ist unheimlich wichtig, alles dafür zu tun, Primärenergie wie Gas zu sparen", erklärt Pilens. Deswegen sei er engagiert, dass Lettland strategisch viel unabhängiger wird vom russischen Erdgas.

Letztlich, so Pilens, seien Investitionen in Umwelttechnologie auch in Lettland ein Geschäft – und zwar ein gutes. Deswegen gehe sein Unternehmen in so genannte Contracting-Geschäfte hinein. "Wir haben jetzt für den ersten Biogas-Reaktor der Universität bei Vecauce ein solches Biogas-BHKW geliefert. Das ist mehr oder weniger ein Leasing-Programm", erklärt Pilens. Das erleichtere dem Kunden ins Geschäft einzusteigen – um auch einfach den Behörden in Lettland zu zeigen: Es lohnt sich in diese Technologie zu investieren.

Visionär für die lettische Wirtschaft

Uldis Pilens ist in die Produktionshalle gekommen. Einmal pro Woche schaut er hier vorbei, bespricht technische Details mit Produktionsleiter Andris Knipens. Gerade ist ein neues Blockheizkraftwerk fertig geworden. Zufrieden fährt Pilens zurück ins Büro – das Handy schon wieder am Ohr. Den Rest der Woche stehen Meetings an mit seinen Konstrukteuren in Kopenhagen, Stockholm und Berlin. Es geht um die Pläne fürs nächste Halbjahr - und davon hat Uldis Pilens noch eine ganze Menge:

"Ich habe die Vision vor Augen, dass jedes größeres Landwirtschaftsunternehmen in der Lage ist mit Bioreaktoren, Erneuerbare Energie zu produzieren und ins Netz einzuspeisen." Am liebsten wäre es im, wenn die lettische Wirtschaft viel energieeffizienter werde auch im Vergleich zum gesamten Baltikum. Darauf arbeite er hin.