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Di Matteo soll es richten

Tobias Oelmaier8. Oktober 2014

Roberto Di Matteo will seinen neuen Verein FC Schalke 04 mit verbessertem Defensivverhalten wieder auf Kurs bringen. Der Nachfolger des entlassenen Jens Keller hat ein Ziel: die Champions-League-Qualifikation.

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Roberto Di Matteo Schalke bei seiner ersten Pressekoferenz auf Schalke (Foto: REUTERS/Ina Fassbender)
Bild: Reuters/Ina Fassbender

"Die Null muss stehen!", das war in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre das Credo beim FC Schalke 04. Trainer damals: Der Niederländer Huub Stevens, der mit seiner Defensivtaktik den Königsblauen zum größten Erfolg der Fußball-Neuzeit verhalf - zum Triumph im UEFA-Cup. Noch etwas zeichnete die Schalker damals aus: unbedingter Einsatzwille. Nicht umsonst wurden sie von Fans und Presse zu "Euro-Fightern" ernannt. Nachdem Stevens 2002 gegangen war, versuchten sich etliche Übungsleiter in Gelsenkirchen, doch alle scheiterten. Darunter so illustre Namen wie Jupp Heynckes, Mirko Slomka, Felix Magath oder Ralf Rangnick. Manchmal passte die Chemie nicht, dann fehlte die Fortune, es wurden falsche Spieler verpflichtet oder die Gesundheit streikte.

Was keiner schaffte, war der große Coup - der erste deutsche Meistertitel seit 1958. Nun also soll es Roberto Di Matteo richten. Eine Marke hat er schon gesetzt in seiner bisher eher kurzen Trainerlaufbahn. 2012 entriss er mit dem FC Chelsea dem FC Bayern im "Finale dahoam" den Sieg in der Champions League. Gefühlt mit genau einem Schuss aufs Tor in 120 Minuten, und mit Glück im Elfmeterschießen. Schön anzusehen war es sicher nicht, was die Londoner damals in München boten, aber eben erfolgreich. Eine taktische Meisterleistung. "Die Null muss stehen!", so oder so ähnlich muss es Di Matteo seinen Schützlingen auf Englisch, Italienisch oder Französisch eingebläut haben.

Roberto Di Matteo Chelsea
Seine größte Stunde als Trainer: Roberto Di Matteo mit dem Champions-League-Pokal 2012 in MünchenBild: Getty Images/Alex Livesey

Taktikfuchs aus Italien

Aus dieser Sicht könnte es passen mit Schalke und dem 44-jähriger Italiener, geboren in Schaffhausen in der Schweiz. Auch wenn der Erfolg in der Champions League der bisher einzige in der Vita Di Matteos ist. Denn wenige Monate später wurde er in Chelsea entlassen, war seitdem arbeitslos. Zuvor hatte der ehemalige Nationalspieler die drittklassigen Milton Keynes Dons trainiert und anschließend West Bromwich Albion aus der zweiten Liga zurück in die Premier League geführt. Als Spieler brachte es Roberto Di Matteo auf 34 Einsätze für Italien, sein Geld verdiente er nach verschiedenen Engagements in der Schweizer Nationalliga als Mittelfeldstratege bei Lazio Rom sowie sechs Jahre lang beim FC Chelsea, wo er 2002 seine aktive Karriere nach einer Verletzung beendete.

In Gelsenkirchen wird sich Di Matteo gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber FC Chelsea stark umstellen müssen. War es in London Groß-Mäzen Roman Abramowitsch, der seinen Trainern fast jeden Transfer-Wunsch erfüllte, so können sich die Königsblauen nur wenige Topstars leisten. Dass die Abwehr um die Säulen Benedikt Höwedes und Joel Matip zwar durchaus Qualität, aber nicht das Format der "Blues" aus dem Champions-League-Finale 2012 hat, dürfte auch Di Matteo klar gewesen sein, als er den Vertrag unterschrieb. Aber sein Herz hängt, das hat er immer wieder betont, ohnehin am Angriffsfußball. Die Defensive, die ihm seinen bislang größten Erfolg sicherte, verteidigte er kurz nach dem Finale lapidar: "Das ist Taktik". Eine Taktik, die er sich immerhin innerhalb nur weniger Wochen nach seinem Amtsantritt zurechtgelegt hatte.

Roberto Di Matteo Chelsea
Schon als Mittelfeldspieler zeigte er, wo es lang geht. Die Karriere endete nach einem BeinbruchBild: Getty Images/Ben Radford /Allsport

Auch auf Schalke bleibt Di Matteo nur wenig Zeit. Im Pokal ist man schon ausgeschieden, in der Champions League ist nach zwei Unentschieden das Weiterkommen zumindest in Gefahr und in der Meisterschaft liegt man auf Rang elf - noch ein paar Ausrutscher, und die erneute Qualifikation für die Königsklasse ist ganz schnell futsch, was erhebliche finanzielle Konsequenzen hätte, da Schalke weiter ein hoher Schuldenstand belastet. Ob der Kader allerdings zu höheren Zielen berufen ist, muss sich zeigen.

Wirtschaftsfachmann im Trainingsanzug

Neben seinen fachlichen Qualitäten als Fußballtrainer dürfte den Verantwortlichen bei Schalke 04 eine weitere Qualifikation ihres neuen Cheftrainers gefallen: Di Matteo hat ein Schweizer Diplom in Betriebswirtschaftslehre in der Tasche, dazu besuchte er an der European School of Economics in London einen weiteren BWL-Kurs. Keine schlechten Voraussetzungen, um die traditionell wirtschaftlich schlingernden Schalker auch hier in ruhigeres Fahrwasser zu bringen.

Bei seiner offiziellen Vorstellung erklärte Di Matteo, dass er seine Hauptaufgabe in den kommenden Spielen in einer Stabilisierung der Abwehr sieht: "s ist eine gute Mannschaft, die nach vorne viel Potenzial hat, aber in der Defensive einige Probleme." An der defensiven Organisation müsse er ein "bisschen arbeiten", sagte der 44-Jährige und räumte ein: "Ich habe viel Arbeit vor mir, damit wir aus dieser kleinen Krise rauskommen." Nun ist es sein Ziel, Schalke wieder in die Erfolgsspur zu führen: "Die Champions League ist weiterhin das Ziel des Vereins", betonte er.

Roberto Di Matteo ist erst der dritte Italiener, der einen Bundesliga-Verein übernimmt. Vor ihm hatten Giovanni Trapattoni bei Bayern München und dem VfB Stuttgart und Nevio Scala bei Borussia Dortmund unter Vertrag gestanden.