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Mit Pantomimen gegen Partylärm

11. Mai 2015

Sanfte Gesten statt harter Hand: Straßenkünstler sollen helfen, dem Lärm- und Müllproblem auf den Partymeilen ein Ende zu bereiten. Ob diese Sprache bei den Partytouristen in Berlin ankommt?

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Pantomimin versucht sich an der Schulter einer Kneipenbesucherin schlafend anzulehnen
Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Mit ihren kalkweißen Gesichtern und farbloser Kleidung sind sie unübersehbar im Berliner Nachtleben. Ein Trupp Pantomime-Künstler spaziert durch die beliebte Partygegend in der Simon-Dach-Straße im Stadtteil Friedrichshain. Die Blicke der Gäste in den voll besetzten Straßencafés ziehen sie sofort auf sich.

Ihre kurzen Performances mit Mini-Kopfkissen und Taschenlampen an den Tischen vermitteln eindeutige Botschaften: Leute, über euch wohnen Menschen! Was macht der Kaugummi da auf dem Boden? Junge Frau, gehört die Kippe nicht eher in diese Mülltonne? Natürlich sagen sie dabei aber selbst kein Wort.

Zu Hause auf der Party-Meile

"Es ist ein Pilotprojekt, für das der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Clubbetreiber, Gastronomen und Hoteliers jetzt den Startschuss gegeben haben: gegen Lärm und Müll auf den Partymeilen. Kreativ soll es die große Zahl Feierwütiger auf die Bedürfnisse der Anwohner hinweisen. Angelegt ist es zunächst von Anfang Mai bis Mitte Juli. An Wochenendnächten heißt es dann für die geschulten Künstler: Kontakt aufbauen zu Störenfrieden. Und das bis vier Uhr morgens.

Pantomimen bedeuten Passanten, sich leise zu verhalten
Je später der Abend, umso genervter die AnwohnerBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

"Man fängt durchaus an, das eigene Verhalten anders zu sehen", sagt eine der jungen Frauen in einer Cocktailbar nach der Begegnung mit den Künstlern. "In Berlin denkt man eben, man kann alles machen." Ins Epizentrum des Berliner Partytourismus machen sich die Künstler nicht alleine auf. Geschulte, mehrsprachige Begleiter sind an ihrer Seite: Sie verteilen Flyer und erklären, wenn nötig sogar auf Japanisch, was es mit der Aktion "fair.kiez" auf sich hat.

"Auf Volltrunkene zugehen oder in Konflikte eingreifen - dafür sind wir aber nicht die richtigen", schränkt einer der Mediatoren ein. Alle der Ausgewählten sind jung und szeneaffin, betont Projektkoordinatorin Malena Medam. Der Bezirk hatte analysieren lassen, wie andere europäische Städte gegen solche Probleme vorgehen. Pantomime habe es etwa in Paris gegeben.

Pantomimen statt Polizei

Im Simon-Dach-Kiez jedenfalls sorgt das Team, wohl auch wegen des großen Presseaufgebots, für verdutzte, teils auch rote Gesichter. Die Künstler halten ihnen den Spiegel vor, geben vor laut zu lachen oder sich auf die Schenkel zu klopfen.

Einige Passanten zücken schließlich ihre Smartphones, machen Fotos. Man habe den Gästen zeigen können, dass auch in einem belebten Kiez Menschen zu Hause seien, sagte Club-Commission-Sprecher Lutz Leichsenring am nächsten Morgen. Die Interaktion sei sehr lebendig und positiv gewesen, resümierte er. "Jetzt müssen wir herausfinden, wann genau wir in Zukunft losziehen und wie wir im Einzelfall reagieren."

Zwei Pantomimen imitieren lauthals diskutierende Kneipenbesucher
Zum Auftakt eine Menge AufmerksamkeitBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Nur auf die oft gestellte Frage nach den Kosten des Vorhabens reagiert Leichsenring gereizt: Rund 50.000 Euro bezahlt der Bezirk, noch einmal so viel kommt aus EU-Töpfen hinzu. "Wir sollten hoffen, dass die lärmbedingten Polizeieinsätze abnehmen. Letztlich zahlt auch die der Steuerzahler."

Gisela Gross (dpa)