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Mit neuem Mut aufs Börsenparkett

Martin Schrader27. Januar 2004

Google, Hapag-Lloyd und die Postbank streben 2004 an die Börsen. Mit dem Verkauf ihrer Anteile wollen sie mehrere Milliarden Euro einnehmen. Ihre Hoffnungen könnten jedoch platzen wie einst die New-Economy-Blase.

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Erfolgreiche Debüts an der Börse sind immer ein Grund zum FeiernBild: AP

Die Aktienkurse steigen, der Deutsche Aktien-Index DAX hat die 4000-Punkte-Hürde übersprungen und Ökonomen prophezeien einen Wirtschaftsaufschwung – das ist für zahlreiche Unternehmen das ideale Umfeld, um einen Gang an die Börse zu wagen. Seit März 2002 haben solche Initial Public Offerings (IPO), wie Börsengänge im Fachjargon heißen, in Deutschland Seltenheitswert bekommen. 2003 gab es hierzulande nicht ein einziges IPO; so etwas gab es in den vergangenen 50 Jahren nur vier Mal, hat die Wirtschaftsredaktion der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" herausgefunden.

Gleich mehrere Gründe hielten die Unternehmen voriges Jahr davon ab, an die Türen der Börsen zu klopfen: Der Irak-Krieg, stagnierende oder nur mühsam wachsende Volkswirtschaften und vor allem die Furcht, das Ende der Kursstürze sei womöglich noch immer nicht erreicht. Alle DAX-Unternehmen zusammen genommen hatten vom Beginn des Jahres 2000 bis zum März 2003 immerhin drei Viertel ihres Wertes verloren. Diese Verluste haben bei den Investoren tiefe Narben hinterlassen, die nur langsam verheilen.

Erholung der Märkte

Seit März hat sich die Lage an den internationalen Kapitalmärkten jedoch gebessert. Viele Aktien-Indizes wie der Euro Stoxx 50 haben mittlerweile schon wieder die Hälfte an Wert hinzu gewonnen. Der deutsche TecDAX für Unternehmen des Neuen Marktes verdoppelte seinen Wert sogar.

Die Liste neuer Börsenkandidaten füllt sich deshalb seit Jahresbeginn beständig. Im Januar kündigten gleich drei Unternehmen die Ausgabe von Aktien an: das Schifffahrtunternehmen Hapag-Lloyd, der Silizium-Scheiben-Hersteller Wacker Silitronic und die Werkstattkette Auto Teile Unger (ATU).

Erhoffter Höhepunkt

Börsenexperten wie Florian Lahnstein von der Investmentbanking-Abteilung der Schweizer Bank UBS in Frankfurt am Main sprechen bereits von einer Wende auf dem Markt für Börsengänge. "Wir vermuten, dass es in den nächsten sechs Monaten mindestens drei bis sieben Börsengänge in Deutschland geben wird", so Lahnstein. "Wenn sie erfolgreich laufen, kommt im darauf folgenden halben Jahr sicherlich ein Dutzend hinzu." Die Gefahr, dass die Unternehmen nicht genügend Kapital an der Börse einsammeln könnten, sollte nach Lahnsteins Worten jedoch einkalkuliert werden. "Wenn die ersten Börsengänge des Jahres nicht laufen, heißt das, es gibt auf dem Markt noch nicht genügend Bereitschaft, in neue Kandidaten an der Börse zu investieren", sagt der UBS-Mann.

Zentrale der Postbank in Bonn
Außenansicht der Zentrale der Postbank in BonnBild: dpa

Den Höhepunkt des deutschen Börsenjahres erwarten viele Experten für den Herbst. Dann will die Deutsche Post voraussichtlich knapp 50 Prozent ihrer Anteile an der Postbank verkaufen; geschätzter Wert des Pakets: 2,5 Milliarden Euro. Wackelkandidaten sind zurzeit noch Newco, in der die Bayer AG Teile ihres Chemie- und Kunstoffgeschäfts bündelt, sowie der Armaturenhersteller Grohe. Auch das Pharma-Unternehmen Hexal, der Versicherungsdienstleister Talanx und die Telekom-Tochter T-Mobile planen den Gang an die Börse, legen sich aber noch nicht auf Termine fest. Das IPO von T-Mobile könnte Medienberichten zufolge im Frühjahr 2005 erfolgen.

Bescheidener Neubeginn

Im Vergleich zu der Goldrausch-Stimmung Ende der 1990er-Jahre ist das freilich ein bescheidener Neubeginn. Von 1997 bis 2001 wurden noch 458 Börsengänge in Deutschland gezählt, davon allein 175 im Jahr 1999. Damals dominierten viele so genannte Wachstumsunternehmen des Neuen Marktes dieses Feld. Von deren Geschäftsmodellen erwiesen sich viele in der Zwischenzeit als unhaltbar, so dass etliche dieser Firmen bereits wieder von den Kurszetteln der Börsianer verschwunden sind.

Ein weitaus größeres IPO als das der Postbank ist in den USA zu erwarten. Offenbar schon im April will der Internet-Suchdienst Google Einzug in der Wall Street halten. Statt der ursprünglich geplanten Versteigerung seiner Aktien bereitet das noch junge US-Unternehmen mittlerweile einen traditionellen Börsengang vor. Wie die "Financial Times Deutschland" berichtet, haben die Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman Sachs den Auftrag erhalten, dieses IPO durchzuführen. Sie sollen vermutlich ein Fünftel der Google-Anteile für bis zu vier Milliarden Dollar verkaufen. Das wäre der größte Börsengang seit dem Ende des Internetbooms.