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Mit Tourismus aus der Krise

9. Februar 2012

Griechenland ist auf den Tourismus angewiesen. Weiteres Wachstum für die Branche ist möglich, glauben die griechischen Tourismus-Unternehmer. Aber nur, wenn der Staat dafür die richtigen Bedingungen schafft.

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Glocken auf einer Kirche in Griechenland
Nicht nur im Sommer - Griechenland braucht GanzjahrestourismusBild: Fotolia/DeVIce

Fast schon lustvoll jongliert Andreas Andreadis mit den Zahlen: Bis 2020 könne die Tourismusbranche über 500 Milliarden Euro zum griechischen Bruttosozialprodukt beitragen und 220.000 neue Arbeitsplätze entstehen lassen, berichtet der Luxushotelier aus Thessaloniki unter Berufung auf eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens McKinsey. Immerhin sind im Krisenjahr 2011 die Besucherzahlen aus dem Ausland und die Einnahmen aus dem Tourismus um 10% gestiegen. Andererseits: Die Zahl der einheimischen Besucher sei insgesamt um 20% zurückgegangen, da viele Griechen die Hotelpreise im eigenen Land als zu teuer empfinden und wegen der Rezession auf Urlaub komplett verzichten müssen.

Touristen auf Kreta
Vor der Krise kamen rund eine Million Touristen pro Jahr nach KretaBild: DW

Seit acht Monaten ist Andreadis Vorsitzender des Verbandes der griechischen Tourismusunternehmen. Und er ist sich sicher: Der Tourismus könnte zum Motor der griechischen Wirtschaft werden, wenn der Staat die richtigen Rahmenbedingungen dafür schafft. "Als erstes brauchen wir einen günstigeren Steuerrahmen, es kann doch nicht sein, dass die Mehrwertsteuer für ein Abendessen in Griechenland 23% beträgt, während Spanien 8% und Zypern nur 5% veranschlagt,“ empört sich Andreadis. Zudem sei der griechische Staat mit der Umsetzung wichtiger Reformen im Rückstand. Investoren im Tourismusmarkt bräuchten vor allem Klarheit in sachrechtlichen Fragen, die heute nicht immer gewährleistet sei. Außerdem müsse der Arbeitsmarkt im Dienstleistungsbereich viel stärker flexibilisiert werden, fordert der Hotelier aus Thessaloniki.

Der Staat könnte helfen

Über die Lohnkosten allein kann Griechenland mit anderen Urlaubsländern wie Bulgarien oder der Türkei allerdings nicht konkurrieren. Der Verband der Tourismusunternehmen ist der Auffassung, Hoteliers in Hellas sollten lieber auf das richtige Preis-Leistungsverhältnis setzen. Doch genau das vermissen so manche Griechenlandliebhaber in der Hochsaison. Sie können einfach nicht verstehen, warum ein bescheidenes Doppelzimmer auf Paros gelegentlich teurer ist als eine vergleichbare Übernachtung in der Toskana. Andreas Andreadis hat eine Erklärung dafür: „Die Hochsaison dauert in der Toskana zwölf Monate im Jahr, aber auf Paros nur zwei. Das heißt, der Hotelier auf Paros hat nur zwei Monate Zeit, um seine Kosten zu decken." Das könne nicht gut gehen, beklagt der Vorsitzende des Tourismusverbandes.

Touristische Anlage an Kretas Strand
Touristische Anlagen wie diese auf Kreta sind die große Hoffnung GriechenlandsBild: DW

Auch hier könne der Staat helfen, indem er Subventionen streicht und stattdessen Steuererleichterungen für Unternehmensgewinne in Aussicht stellt, wodurch der gesunde Wettbewerb gefördert würde. Nicht die Investition als solche, sondern der Gewinn dieser Investition müsse vom Staat prämiert werden, erklärt Andreadis.

Der Ganzjahrestourismus ist das Ziel

Eine Gruppe Hoteliers von der Insel Kreta hat neulich eine Studie vorgelegt, in der Konzepte für die Förderung des Ganzjahrestourismus erläutert werden. Wegen der ganzjährigen milden Temperaturen könnte man auf Kreta sogar Angebote für den Wintertourismus schaffen, glaubt Giorgos Pelekanakis, Leiter einer Hotelanlage in der Hafenstadt Aghios Nikolaos und Mitinitiator der Studie. Auch hierfür sehen griechische Hoteliers den Staat in der Pflicht.

"Das Konzept kann nur funktionieren, wenn alle mithelfen“ sagt Pelekanakis. Erst einmal müssen sich die Tourismusunternehmer bereit erklären, ihr Hotel auch im Winter zu betreiben. Im Gegenzug dafür könnten ihnen ein günstiger Gewerbesteuersatz und niedrige Sozialversicherungsbeiträge gewährt werden. "Nicht zuletzt ist es wichtig, dass die Laden- und Cafébesitzer auch nach der Hochsaison in der Region bleiben und ihr Geschäft betreiben“, so Pelekanakis.

Eigeninitiative ist gefragt

In Krisenzeiten ertönt stets der Ruf nach dem Staat. Doch es gibt auch Unternehmerinitiativen, die ohne staatliche Förderung auskommen und die Zeichen der Zeit zu nutzen wissen. So etwa die Hoteliers auf der Ferieninsel Rhodos, die auf eigene Faust neue Märkte erschließen. Giorgos Matsigos, Leiter einer Luxusanlage auf Rhodos, übt sich seit Jahren in diskreter Reisediplomatie. "Als wir von den Spannungen zwischen der Türkei und Israel hörten, suchten wir das Gespräch mit Tourismusunternehmern aus Israel und bekamen dadurch viel mehr Touristen aus diesem Land“, erinnert sich Matsigos. Im Sommer registrierte ihre Insel Rekord-Besucherzahlen aus Russland, nun möchte man auch den türkischen Markt erschließen. In wenigen Tagen würden die Hoteliers von Rhodos auf der Tourismusmesse in Istanbul für sich werben, erklärt Matsigos. 

Blick auf einen fast menschenleeren Strandabschnitt bei Loutra Kilini im Westen der Halbinsel Peloponnes in Griechenland (Foto: Peter Zimmermann(c) dpa - Report)
Sonne, Sommer, Meer - bisher dauerte die Saison in Griechenland nur zwei bis drei MonateBild: picture-alliance/ ZB

Autor: Jannis Papadimitriou
Redaktion: Zoran Arbutina