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Mit Mathematik zum WM-Tippkönig

7. Juli 2011

In Deutschland kämpfen derzeit die besten Fußballerinnen der Welt um den WM-Titel. Wer seine Chancen beim Tippen erhöhen will, sollte es mal mit Wahrscheinlichkeitsrechnung probieren. Bernd Giezek erklärt, wie das geht.

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Torwart hält den Ball © Smileus - Fotolia.com
Bild: Fotolia/Smileus

Am 26. Juni startete die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Deutschland. Mit dabei: die deutsche Frauen-Nationalmannschaft. Wer auf den Sieger der WM setzen und sich bei Tippspielen im Freundeskreis nicht auf sein Bauchgefühl verlassen will, kann es ja mal mit Mathematik und Statistik versuchen.

Bernd Giezek macht das von Berufs wegen. Der Dozent für Wirtschaftsmathematik an der International School of Management (ISM) in Frankfurt am Main hat sich vor Beginn der WM 2011 die Ergebnisse aller FIFA-Frauen-Weltmeisterschaften von 1991 bis 2007 angesehen und auf dieser Grundlage Prognosen für die Ergebnisse der diesjährigen WM gestellt. Wie das genau funktioniert und wie die Aussichten für das deutsche Team sind, erklärt er im Interview mit DW-WORLD.DE.

Die deutsche Frauen-Fußballnationalmannschaft: Simone Laudehr, Ariane Hingst, Nadine Angerer, Verena Vaisst, Birgit Prinz und Kerstin Garefrekes (hinten von links), vorne von links: Saskia Bartusiak, Fatmire Bajramaj, Babett Peter, Lena Goessling und Inka Grings (Foto: AP)
Auf dem Weg zum dritten WM-Titel? Die deutschen Fußballfrauen haben sich viel vorgenommen...Bild: AP

DW-WORLD.DE: Die deutschen Frauen wollen natürlich den WM-Titel holen, das ist nicht sehr überraschend. Aber aus der Sicht des Wirtschaftsmathematikers: Wie wahrscheinlich ist es denn, dass sie das schaffen?

Bernd Giezek: Wir haben im Rahmen unserer Untersuchungen natürlich die letzten Turniere untersucht, wir haben die Spiele der ganzen Vorbereitung untersucht und haben dabei festgestellt, dass Deutschland eine recht hohe Siegwahrscheinlichkeit hat, die bei circa 70 Prozent liegt.

70 Prozent – das klingt vielversprechend! Aber wie berechnet man das denn genau? Vielleicht könnten Sie das mal für die vielen Nicht-Mathematiker verständlich erklären…

Es geht darum, dass man Häufigkeiten misst in der Vergangenheit. Dafür ist es umso besser, je größer die Stichprobe ist. Vergleichen wir das mit einem Würfel: Wenn ich einen Würfel sehr oft würfele, werde ich feststellen, dass jede Zahl ungefähr gleich häufig vorkommt. Würfele ich einen Würfel nur in einer geringen Anzahl, kann es sein, dass zum Beispiel mal viele Sechsen vorkommen. Ähnlich ist das hier. Wir brauchen also sehr viele Spiele, wir haben sehr viele Spiele untersucht und haben dann einfach gemessen, wie oft kamen bestimmte Ergebnisse vor, wie oft kamen Siege vor, wie oft kamen Unentschieden vor.

Wie weit sind Sie da zurückgegangen mit den Berechnungen? Haben Sie sich nur die letzten Monate angeschaut oder die letzten Jahre?

Szene aus dem Film 'Die besten Frauen der Welt' (Foto: Kinowelt)
2007 holte die deutsche Elf in China den zweiten TitelBild: Kinowelt

Wir sind so weit zurückgegangen, wie es ging. Das heißt, im Damenfußball war die erste Weltmeisterschaft 1991. Also haben wir die Turniere 1991, 1995, 1999, 2003 und 2007 untersucht.

Sie haben sich also angeschaut, wie die deutschen Frauen in dieser Zeit gespielt haben, wie viele Tore sie geschossen haben und welche Torverhältnisse am wahrscheinlichsten sind.

Das ist richtig. Wir haben natürlich nicht nur die Deutschen untersucht in diesen Spielen, sondern wir haben generell erstmal alle Mannschaften untersucht und dann speziell noch mal die deutschen Spiele der letzten Jahre, die keine reinen Freundschaftsspiele waren, sondern Turnierspiele waren oder ähnlichen Charakter hatten, um dann noch mal bewusst die Deutschen für sich zu analysieren.

Wie sehen die Prognosen jetzt genau aus für die deutsche Elf?

Die Prognosen sehen für die deutsche Elf sehr gut aus. Das heißt, aus unserer Sicht haben sie eine sehr hohe Siegwahrscheinlichkeit, die höchste der Mannschaften, die wir untersucht haben. Von daher gehen wir davon aus, dass die Statistik die deutsche Mannschaft unterstützen könnte.

Mussten Sie in den letzten Tagen noch mal einige der Prognosen angleichen oder korrigieren?

Das können wir aus statistischer Sicht an sich nicht machen. Wir haben auf Basis der Vergangenheitsdaten diese Untersuchung gemacht und sind damit abgeschlossen. Natürlich hilft uns jedes weitere Ergebnis und damit eine Erhöhung der Aussagen unserer Untersuchung, die Aussagen besser zu machen. Aber wir haben jetzt nicht in dem Sinne Ergebnisse "korrigiert", nur weil vielleicht das eine oder andere Spiel der deutschen Mannschaft nicht dem entsprach, was wir erwartet hatten.

Ihr Tipp ist ja auch, dass gerade Frauen besonders viele Tore schießen. Wie kommen Sie denn darauf?

Die Krake Paula, das Orakel der Frauen-Fußball-WM 2011 (Foto: dapd)
Krake Paula, das WM-OrakelBild: dapd

Wir haben in den 148 Spielen, die wir in diesen Fußball-Weltmeisterschaften der Damen bis jetzt hatten, einen Tordurchschnitt von 3,8 Toren, und das ist überdurchschnittlich viel im Vergleich zu der Sportart, die die Männer betreiben.

Sie arbeiten eigentlich ja als Wirtschaftsmathematiker an der International School of Management in Frankfurt. Sind Sie da nicht ausgelastet, oder warum stellen Sie diese ganzen Berechnungen an?

Ich denke schon, dass ich mit meinem Beruf ausgelastet bin. Es geht aber einfach darum, wie man den Beruf interessanter machen kann – zum einen für mich als Dozent, zum anderen aber natürlich insbesondere für meine Studenten. Und das ist der Hauptgrund, warum ich versuche, die Statistik nicht nur als bloße Wissenschaft darzustellen, sondern so darzustellen, dass man einfach begreift, wovon ich spreche.

Das Gespräch führte Svenja Üing
Redaktion: Claudia Unseld