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Go, Trabi, go!

Philipp Boerger16. Januar 2009

Offiziell sind in Deutschland nur noch etwa 50.000 Trabis angemeldet. In die Innenstadt von Berlin dürfen sie wegen zu dreckiger Abgase gar nicht mehr rein. Nur für die Trabi-Safari wird eine Ausnahme gemacht.

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Trabi im Zebra-Look (Quelle: DW/Philipp Boerger)
Safari-Trabi in BerlinBild: DW / Boerger

Der Motor scheppert, macht ordentlich Lärm und die Abgase sind stinkend-blau. Wer auf die Karosserie des Trabis klopft, spürt und hört kein Metall, sondern … ja, was eigentlich? "Die Außenkarosserie, das nennt man Duroplast", erklärt Frank vom Trabi-Safari-Team den Berlin-Touristen, die gleich in einen der Trabis einsteigen und damit durch die Stadt fahren werden. "Aber nicht vom Namen verwirren lassen, das ist kein Plastik, sondern das ist Baumwolle aus Russland. Mit Phenolharz. Und denn gepresst und gebacken. So entsteht dieses leichte, flexible Material."

Ganz wichtig sei es, am Anfang die Bremsen zu testen. Denn es gibt keine Bremskraftverstärkung. "Das ist halt ein altmodisches Auto", sagt Frank. "Und Sie müssen sich ein bisschen dran gewöhnen und die erst mal ausprobieren."

Gewöhnungsbedürftige Gangschaltung

Trabi mit offener Motorhaube (Quelle: DW/Philipp Boerger)
Der Trabi lebt mehr von der Tradition als von seiner PS-LeistungBild: DW / Boerger

Wer bisher immer nur Westautos gefahren ist, muss sich auf jeden Fall umgewöhnen. Allein die Gangschaltung, die hinter dem Lenkrad montiert ist, ist ein Fall für sich. Wer schalten will, muss den Hebel hineindrücken oder herausziehen und gleichzeitig drehen. "Ein typischer Fehler ist es, im dritten Gang anzufahren", erklärt Christina vom Trabi-Safari-Team. "Wenn Sie merken, das Auto fährt nicht richtig an, heißt das, Sie befinden sich im dritten Gang. Man kann das mit bloßem Auge ganz schlecht unterscheiden."

Touristen und Trabi-Fans können sich für verschiedene Touren entscheiden. Es gibt klassische Stadtrundfahrten durch Ost- und West-Berlin. Wer mit einer ganzen Gruppe oder mit Kollegen zum Betriebsausflug komme, könne sich auch zu einer Rallye, zu einem Wettbewerb anmelden, sagt Frank. "Slalomfahren um Hütchen herum. Und das alles auf Zeit. Dann Motorhaube auf, dann wird ein Liter nachgetankt. Und denn muss man exakt bremsen und zwar steht da ein Hütchen. Und je näher man dran ist an dem Hütchen, umso besser ist man."

Trabi-Kolonne durch Berlin

Trabis fahren vom Hof (Quelle: DW/Philipp Boerger)
In Kolonne geht es durch die HauptstadtBild: DW / Boerger

Brigitte und Joachim versuchen es heute aber mit der normalen Tour. So ein Trabi an sich ist ja auch schon eine Herausforderung. Schließlich sind die beiden Wessis - sie kommen aus der Nähe von Lüneburg. Brigitte hat die Stadtrundfahrt mit dem Trabi zu Weihnachten geschenkt bekommen und setzt sich deshalb zuerst ans Steuer. Ihr Mann Joachim auf dem Beifahrersitz nimmt die Beraterrolle ein: "Gib Gas, Gas, Gas, Gas, Gaaas! Sonst geht der aus", versucht er zu helfen.

Und dann brummt der Trabi los. Brigitte und Joachim sind jetzt aber nicht sich selbst überlassen - Christina vom Trabi-Safari-Team fährt vorneweg, ebenfalls mit einem Trabi und mit einem Funkgerät. Darüber hält sie Kontakt zum anderen Auto und erklärt die vielen Berliner Sehenswürdigkeiten. "Jetzt sehen wir auf der rechten Seite die neue Botschaft der USA. Die wurde letzten Juli eröffnet. Die Botschaft kam damit wieder zurück an ihre historische Stelle gleich neben dem Brandenburger Tor. Hier stand sie auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg", knarzt ihre Stimme durch das Funkgerät.

Höchste Konzentration

Menschen im Trabi (Quelle: DW/Philipp Boerger)
Eng und kuschelig führt die Fahrt vorbei an Berlins SehenswürdigkeitenBild: DW / Boerger

Brandenburger Tor und Reichstag, Spreeufer und der neue Hauptbahnhof. Brigitte hinterm Lenkrad kriegt davon gar nicht so viel mit, denn Trabifahren erfordert eine ganze Menge Konzentration. "Das Auto denkt nicht mit, das ist heute eben ein bisschen anders. Wenn du die Fahrbahn gewechselt hast und wieder geradeaus fährst, geht bei uns der Blinker ja aus. Aber hier blinkt der konsequent weiter und gibt völlig falsche Zeichen für den Verkehr."

Deshalb ist jetzt mal Joachim dran. "Hier ein kleiner Stopp. Für einen Fahrerwechsel", so die Anordnung durch das Funkgerät nach der Hälfte der Tour. Und weiter geht es durch Berlin. Anderthalb Stunden dauert die Stadtsafari. Danach gibt es von Frank noch eine Auszeichnung: "Ein Trabi-Führerschein. Den bekommt jeder Fahrer, der hier erfolgreich mitgefahren ist." Wer mitmachen will, zahlt 40 Euro pro Person. Wie lange die Trabis noch durch Berlin fahren dürfen, ist ungewiss. Denn seit einem Jahr gilt hier Berlin die Umweltzone. Private Stinke-Autos haben in der Innenstadt seitdem Fahrverbot.

Dank Ausnahmegenehmigung heißt es für die Trabis von der Trabi-Safari bisher aber noch "Go Trabi, go". "Berlin verdient ganz gut an uns. Und ich glaube, da wir eine Touristenattraktion sind, werden wir auch noch weiterhin hier fahren dürfen", vermutet Frank. "Wie viele Jahre nun, das ist Zukunftsmusik, das kann ich auch nicht beantworten. Aber ich hoffe, dass wir noch fünf, sechs, vielleicht sogar zehn Jahre mindestens hier noch fahren dürfen."