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Kampf im Netz

Leila Knüppel5. Februar 2008

Super-Tuesday auch im Internet: Nie zuvor setzten die Bewerber für die Präsidentschafts-Kandidatur so sehr auf den Wahlkampf im Netz. Die Online-Kampagnen sind preiswert und schnell. Sind sie auch wirkungsvoll?

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Hillary Clinton und Barack Obama bei CNN.
Hillary Clinton und Barack Obama stellen sich beim Fernsehsender CNN den Fragen der Internetnutzer.Bild: AP

"Stopp Hillary und mach mir ein Sandwich", heißt eine Gruppe im Internetnetzwerk Facebook. "Anti-Obama und verdammt stolz drauf", eine andere. Tausende US-Wähler chatten, bloggen und tauschen sich in Social Networks über ihre Kandidaten in den Vorwahlen um die US-Präsidentschaft aus.

Die Internetnutzung im aktuellen Wahlkampf hat sich im Vergleich zum vergangenen mehr als verdoppelt, so eine Studie des amerikanischen Pew Institutes. Keiner der Kandidaten, ob Hillary Clinton, Barack Obama oder John McCain, kann es sich daher erlauben, im Internet nicht mitzumischen. "15 Prozent aller Amerikaner sehen im Internet die Hauptquelle, um sich über Wahlkampfkampagnen zu informieren", schreibt das Pew Institutes. Und für den Politikwissenschaftler und Mitbegründer des Portals poli-c.de, Mario Voigt, steht fest: "Das Internet hat das Radio als Informationsmedium im Wahlkampf bereits überflügelt."

Obama und Facebook

Internetseite: Hillary Clinton
Direkt von der offiziellen Startseite hillaryclinton.com gelangt der Internetnutzer zu ihrem Auftritt bei MySpace, YouTube und Facebook.Bild: hillaryclinton.com

Für die Mehrheit der jungen Wähler ist das Internet das wichtigste Medium. Der Kandidat Barack Obama, der als Symbolfigur für einen Umbruch im Politikalltag vor allem junges Publikum ansprechen möchte, nutzt dies gezielt mit einer umfangreichen Online-Kampagne, die im Internet ein breites Echo zu finden scheint: Auf der Internetseite der Studenten-Community Facebook tummeln sich jedenfalls zahlreiche Obama-Fans und Clinton-Hasser, die offen auf der Seite für ihren Traum-Kandidaten eintreten.

Weniger polarisierend präsentiert sich das Portal Scoop08.com, das im Zuge des US-Wahlkampfes gegründet wurde, und auf dem 300 junge Studenten über Themen wie Umwelt, Terrorismus, Abtreibung und die Todesstrafe schreiben. "Das Internet bietet für die Wähler einfach die Möglichkeit, aktiver zu werden", kommentiert Voigt die zahlreichen, während des US-Wahlkampfs neu entstandenen, politischen Seiten.

Dankeschön für Spender: ein Dinner mit Barack Obama

Dabei dient das Internet nicht nur zur Kommunikation mit potenziellen Wählern, sondern ist auch zum Werkzeug der Kampagnen-Macher geworden. Mussten früher die potenziellen Geldgeber per Mail einzeln angeschrieben werden, gibt es nun Spendenaktionen im Internet, bei denen zwar geringere Geldbeträge gesammelt, dafür aber viele Unterstützer erreicht werden.

"Wenn Millionen Menschen nur zehn Dollar übers Netz einzahlen", schreibt Barack Obama, "habe ich genug Geld für den Wahlkampf!" Zahlt der Internetnutzer 125 Dollar, so kann er möglicherweise ein Dinner mit Barack Obama gewinnen. "Pseudoereignisse, die jedoch wirksam sind", meint Voigt. Vor allem deshalb, weil Spender ohne großen Aufwand wieder und wieder aufgefordert werden können, weiteres Geld für seinen Kandidaten oder seine Kandidatin zu geben.

Schmutzkampagnen übers Internet

Und auch freiwillige Wahlkampfhelfer lassen sich über das Netz schnell gewinnen. "High-Tech mit High-Touch" nennt Voigt das Prinzip. Die Wähler, die sich online für die Kampagne registrieren lassen, bekommen von der Wahlkampfzentrale konkrete Vorschläge, wie sie weitere Wähler werben können. "Das geht so weit, dass sie Adressenlisten mit Leuten aus der Nachbarschaft zugeschickt bekommen, damit sie von Tür zu Tür gehen und für ihren Kandidaten werben können", berichtet Voigt. Danach werde das persönliche Ergebnis des Straßenwahlkampfs der Zentrale – wiederum online – gemeldet.

Internetseite: John McCain
Auf der Internetseite von John McCain gibt es Fotos von Wählern beim StaßenwahlkampfBild: johnmccain.com

Die Vorteile der neuen Online-Kampagnen liegen auf der Hand: Sie erreichen eine Vielzahl von Wählern, sind preiswert und schnell. Themen kommen und gehen fast im Stundentakt. Das birgt aber auch Gefahren für die Kandidaten: Nie war es einfacher, Gerüchte und Schmähungen in die Welt zu setzen. Das bekam auch Barack Obama zu spüren, dem in Internetforen nachgesagt wurde, er sei Moslem und hätte seinen Amtseid als Senator von Illinois auf den Koran geschworen. "Letztendlich wurde aber noch kein Politiker ausschließlich über das Internet zu Fall gebracht", meint Voigt.

Interaktivität wird groß geschrieben

Internetseite: Barack Obama
Mit dem Slogan "Change" kampft Barack Obama im Internet für seine Präsidentschaftkandidatur.Bild: barackobama.com

Stand das Wahljahr 2004 vor allem im Zeichen von Weblogs, sind es diesmal soziale Netzwerke und der direkte Austausch zwischen Wähler und Kandidaten. Bekanntestes Beispiel hierfür ist die Kooperation zwischen dem Fernsehsender CNN und dem Video-Portal YouTube, auf dem Wähler ihre Frage an einen der Kandidaten einstellen konnten. Im Fernsehen nahmen die Kandidaten Stellung.

Auf einem ähnlichen Konzept basiert die Internetseite Straight2theCandidates.com, auf der die Internetnutzer ebenfalls die Kandidaten der Vorwahlen um die US-Präsidentschaft fragen: "In den vergangenen Jahren wurden die Schulen durch einen konservativen Trend beeinflusst. Was werden Sie tun, um sicherzugehen, dass die Kinder in den öffentlichen Schulen wieder wissenschaftliche Theorien und Fakten lernen?", fragt Madelin Cohen den Kandidaten Barack Obama, und John Vieira will von Hillary Clinton wissen, warum die USA es nach wie vor ablehnt, mir Kuba Handelsabkommen zu schließen.

Wähler fragen, Kandidaten antworten

"Es finden sich dort Themen, die in den konventionellen Medien nicht präsent sind", meint der Gründer der Internetseite, Caveh Valipour Zonooz. "Gerade soziale Aspekte werden mehr hervorgehoben." Fragen nach Abtreibung, dem Gesundheitssystem, Homosexualität, aber auch der Irak-Einsatz sind Themen, die die Internetuser der Seite interessieren. Anders als bei der Kooperation zwischen CNN und YouTube, bei der die Redaktion entschied, welche Fragen von den Kandidaten letztendlich beantwortet werden sollen, stimmt bei dem Portal Straight2theCandidates.com darüber der Internetuser ab: Schließen sich viele Nutzer einer Frage an, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, das diese letztendlich vom Kandidaten beantwortet wird.

Die Idee für das Portal kommt aus Deutschland, wo die Macher bereits erfolgreich die Seite direktzurkanzlerin.de betreiben, auf der sich Angela Merkel den Fragen der Bürger stellt. Und auch Politiker aus Italien und Österreich wollen sich von dem Unternehmen demnächst eine entsprechende Seite einrichten lassen.

In den USA ist die Reaktion der Kandidaten erstaunlicherweise sehr viel zögerlicher, denn – obgleich sich laut Betreiber alle für das Konzept der Online-Plattform begeistern konnten – auf Fragen geantwortet hat bisher noch niemand. "Vermutlich haben sie Angst vor dem Unbeeinflussbaren des Konzepts", mutmaßt Zonooz. Immerhin haben sich schon die Wahlkampfhelfer von Barack Obama gemeldet: Sie wollen die Software nach den Vorwahlen für die eigene Kampagne übernehmen, sollte der Senator von Illinois dann noch beim Kampf um die Präsidentschaft im Rennen sein.