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Brauchen Banken mehr Kapital?

30. August 2011

Einigen europäischen Banken ist offenbar nicht mehr zu trauen. Die Europäische Bankenaufsicht fordert Kapitalspritzen für einige Geldhäuser - und zwar schnell. EZB-Chef Trichet lehnt dies ab.

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DW-Montage Die Hochhäuser der Banken in Frankfurt am Main Rechts vorne ein Gebäude der Sparkasse, links das Hochhaus der DZ-Bank, das auch Kronenhaus genannt wird, hinten steht der Messeturm.
Banken in Frankfurt am Main: Rettung vielleicht nötig?Bild: picture-alliance/ dpa/ DW-Fotomontage

Die europäische Aufsichtsbehörde für das Bankwesen (EBA) macht sich große Sorgen über die finanzielle Grundlage einiger Banken im Euro-Raum. Nach Informationen der Wirtschaftszeitung "Financial Times Deutschland" will die EBA in einem dringlich formulierten Brief an die Finanzminister der Europäischen Union fordern, dass den bedrängten Banken mit Milliarden an Steuergeld unter die Arme gegriffen wird. Der Europäische Rettungsfonds EFSF in Luxemburg sollte nach Auffassung des Chefs der Bankenaufsicht, Andrea Enria, direkt Kapitalspritzen an Banken verteilen. Bislang darf der EFSF nur unter strengen Auflagen Kredite an Staaten ausgeben. In Ministerkreisen der Euro-Länder wurden die Informationen der Zeitung bestätigt.

Banken unterm Rettungsschirm?

Die Bankenaufsicht will mit einer Kapitalaufstockung für marode Banken die Finanzmärkte beruhigen. Viele Investoren trauen Banken, die mehr oder weniger wertlose Staatsanleihen aus Griechenland in ihren Büchern haben, nicht mehr über den Weg. Bank-Aktien sind seit Wochen unter Druck. Die gleiche Forderung wie die Bankenaufsicht hatte am Freitag (26.08.2011) die neue Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, bei einer Tagung der Notenbankchefs in Jackson Hole in den USA erhoben.

EZB blockt ab

Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank vor dem Finanzausschuss des Europäischen Parlaments am 29.08.2011
EZB-Chef Trichet im Europa-ParlamentBild: dapd

Lagardes Ansinnen wies der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean Claude Trichet, am Montag (29.08.2011) schroff zurück. Bei einer Anhörung im Europäischen Parlament in Brüssel sagte Trichet, es sei falsch von Liquiditätsproblemen bei europäischen Banken zu sprechen. Während die IWF-Chefin von einer gefährlichen Phase redet, wiegeln die EU-Institutionen ab. Die sogenannten Stresstests in den europäischen Banken hätten bis auf kleinere Ausnahmen eine ausreichende Kapitaldecke für die Banken ergeben, sagte der EU-Kommissar für Währungsfragen, Olli Rehn, in Brüssel.

Tatsache ist aber, dass die Banken sich untereinander in den letzten Wochen immer weniger Geld leihen. Ein Rückgang des Interbanken-Geschäfts ist ein Gradmesser dafür, wie hoch das Misstrauen ist. Anfang August parkten die europäischen Banken rund 145 Milliarden Euro kurzfristig bei der Europäischen Zentralbank, weil sie es nicht verleihen wollten. Kurz nach der Pleite der Lehmann-Bank in den USA lag dieser Wert Ende 2008 bei rund 200 Milliarden Euro. Von diesem Spitzenstand ist man also noch ein gutes Stück entfernt, deshalb sehen Experten der Deutschen Bundesbank keine Anzeichen für eine Krise, die mit dem Jahr 2008 vergleichbar wäre. In einem Bericht der Europäischen Zentralbank vom vergangenen Freitag heißt es, die Banken seien insgesamt zurückhaltender, was die Vergabe von Krediten an Unternehmen angehe. Auch das ist ein Anzeichen dafür, dass die Banken insgesamt Risiken meiden oder die Konjunktur sich langsam abschwächt.

Zu kleine Abschreibungen?

Die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde erscheint braungebrannt zur Sitzung der Notenbank Chefs in Jackson Hole, Wyoming, USA am 26.08.2011
Gut gelaunt in Jackson Hole: Christine Lagarde schwärzt Banken anBild: AP

Druck erhalten die Banken auch noch von einer weiteren Institution in Europa. Die internationalen Wirtschaftsprüferverbände (IASB) schrieben in einem ursprünglich vertraulichen Brief an die europäische Aufsichtsbehörde für die Finanzmärkte (ESMA), viele Banken würden die Wertberichtigungen für Staatsanleihen in ihren Büchern nicht hoch genug ansetzen. Das führe dazu, dass die Bilanzen geschönt würden. Viele Banken würden Griechenland-Anleihen nur um 21 Prozent niedriger bewerten als ihr ursprünglicher Preis. Realistisch und angemessen sei aber eine Abschreibung von 50 Prozent. Die Banken würden Verluste verschleiern, klagen die Wirtschaftsprüfer. Die Pariser Bank "BNP Paribas" wies die Kritik umgehend zurück. Sie habe alle Wertberichtigungen vorgenommen, die beim Sondergipfel der Euro-Staaten am 21. Juli 2011 vereinbart worden seien. Der Fonds-Manager Jacques Chahine aus Luxemburg sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Banken würden das griechische Schuldenproblem zu leicht nehmen: "Europäische Banken brauchen frisches Eigenkapital. Die derzeitigen Bilanzen sind sehr wackelig."

Autor: Bernd Riegert (mit rtr, dpa)
Redaktion: Zoran Arbutina