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Misere im Mannschaftssport

Tobias Oelmaier23. Juli 2012

Wenn bei den Olympischen Spielen in den Mannschaftsportarten die Medaillen vergeben werden, werden die meisten deutschen Team-Sportler zusehen müssen. Die Ursachen sind vielschichtig.

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Dirk Nowitzki wischt sich enttäuscht mit einem Handtuch Schweiß aus der Stirn (Bild: AP)
Bild: dapd

Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat das Dilemma längst erkannt. Er will die Krise in den Ballsportarten nach den Spielen von London näher beleuchten. Allerdings ist das Kind jetzt schon in den Brunnen gefallen. Nur die Hockeyteams der Männer und Frauen haben die Olympia-Qualifikation geschafft, dazu auf den letzten Drücker die Volleyball-Männer. Wasserballer, Fußballer, Basketballer, Handballer, sie alle müssen zuschauen, wenn die Medaillen vergeben werden.

Der Staat soll helfen

Dirk Bauermann, lange Jahre Nationaltrainer im Basketball, meint die Ursachen für das Scheitern zu kennen: "Der Unterschied liegt in der staatlichen Unterstützung", sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Es sei zwingend notwendig, sportpolitische Weichen zu stellen. Sonst würde es in Zukunft häufiger passieren, dass Deutschland keine Basketball-, Volleyball oder Handball-Nationalmannschaft bei den Spielen stellen kann. Die Politik müsse eingreifen und Nachwuchskonzepte finanziell unterstützen. Die Basketballer hatten die Teilnahme trotz des Mitwirkens ihres Superstars Dirk Nowitziki verpasst.

Auch Handball-Bundestrainer Martin Heuberger sieht akuten Handlungsbedarf. Dem Sportinformationsdienst (sid) sagte er, dass vor allem die Verbände und die einzelnen Ligen zusammenarbeiten müssten, um mehr Einsatzzeiten für die deutschen Nachwuchsspieler zu erreichen.

Hockey als Luxusoase

Deutsche Hockeyspieler halten stolz ihre Goldmedaillen in die Kamera (Bild: AP)
Medaillengaranten: In Peking 2008 siegte das Hockey-Nationalteam von Trainer Weise im Finale gegen SpanienBild: AP

Warum aber klappt es im Hockey? Die Olympiasieger haben auch für London zwei Medaillen fest eingeplant. Männer-Bundestrainer Marcus Weise sagte der Deutschen Welle: "Man darf nicht vergessen, dass wir ganz andere Rahmenbedingungen haben. Ich bin hier in meiner Luxusoase des Amateursports und habe noch großen Zugriff auf meine Spieler. Ich kann sowohl Leistungs- als auch Mannschaftsentwicklung betreiben – anders als meine Kollegen in den Profisportarten. Ich glaube, dass hier der Hauptunterschied liegt." Der Amateurstatus also als Segen bei den Hockeyspielern, andere Verbände beklagen gerade den Mangel an Professionalität.

Im Fußball ist die Problematik anders gelagert. Die erfolgsverwöhnten Frauen hatten das Pech, bei der WM im eigenen Land gegen die späteren Weltmeisterinnen aus Japan zu scheitern und damit Olympia zu verpassen. Der Männer-Nachwuchs U21, der die Olympia-Teilnahme erspielen muss, hat in den letzten Jahren seine großen Talente an Joachim Löws Nationalmannschaft abgegeben. Dennoch ist das Konzept der Fußballer das richtige, meint Handball-Bundestrainer Heuberger. Bei den Fußballern sei es gelungen, mit der Einführung der  DFB-Nachwuchszentren vor etwa zehn Jahren nun auch wieder international oben mit dabei zu sein.

Gemeinsamkeit statt Gegeneinander

Dennoch können sich auch die Profisportler Rat beim Hockey-Erfolgscoach Marcus Weise holen: "Entscheidend ist die innere Haltung in der Zusammenarbeit der Clubs und der Nationalmannschaft. Ich plädiere sehr für Gemeinsamkeit und nicht dieses Entweder Oder. Dann würde sich vielleicht auch in der ein oder anderen Sportart ein bisschen was tun."

Das Scheitern der Mannschaftssportarten ist übrigens der Hauptgrund dafür, dass das deutsche Olympiateam das kleinste seit der Wiedervereinigung ist. Nicht einmal 400 deutsche Sportler werden nach London reisen.