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"Game of Thrones"-Komponist Ramin Djawadi

Ruben Kalus19. September 2016

Der deutsch-iranische Filmkomponist Ramin Djawadi hat es nach Hollywood geschafft. Er kreiert den Soundtrack für die vielfach Emmy-prämierte Serie "Game of Thrones". Im DW-Interview erzählt er, wie er zur Filmmusik kam.

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Game of Thrones - Komponist Ramin Djawadi (Foto: Matt Sayles)
Bild: Matt Sayles

Ramin Djawadi wurde 1974 als Sohn einer deutschen Mutter und eines iranischen Vaters geboren. Nach seinem Musikstudium in den USA begann er, für den bekannten deutschen Filmkomponisten Hans Zimmer zu arbeiten. Mittlerweile hat Ramin Djawadi Soundtracks zu Filmen wie "Blade: Trinity", "Iron Man"und "Kampf der Titanen" geschrieben. Seit 2011 komponiert er die Musik für die erfolgreiche amerikanische Fantasy-Serie "Game of Thrones“.

DW: Herr Djawadi, wann war für Sie klar, dass Sie Filmkomponist werden wollten?

Ramin Djawadi: Schon sehr früh. Ich habe mit vier Jahren angefangen, Musik zu machen. Einmal - hat meine Mutter mir erzählt - bin ich einfach zum Klavier gegangen und habe nach Gehör eine Melodie nachgespielt. Dann haben meine Eltern sich angeschaut und gesagt: Dem sollten wir vielleicht Unterricht geben. Ich habe dann mit dem Orgelspielen angefangen. Das habe ich gemacht, bis ich elf war. Von elf bis 13 habe ich überhaupt keine Musik gemacht. Mit 13 habe ich dann die Gitarre in die Hand genommen, und nach ungefähr eineinhalb Jahren habe ich begonnen, intensiv zu üben. Ich habe in Rockbands gespielt und dort festgestellt, dass die Musik, die ich selber schreibe, immer instrumental ist.

Der ausschlaggebende Film war für mich der Western "Die glorreichen Sieben". Ich war als Kind ein ganz großer Western-Fan. Und dieser Film war für mich - neben zum Beispiel auch "Star Wars" mit der Musik von John Williams - der Knackpunkt, an dem ich gemerkt habe, wie dramatische Musik einen Film unterstützen kann. Ich habe dann schon als Teenager intensiv darauf hingearbeitet, dass ich erst in Bands spielen und später Filmmusik machen könnte. Nach dem Gymnasium bin ich dann in die USA gezogen und habe am Berklee College of Music in Boston Musik studiert.

Nach dem Studium haben Sie angefangen, für Hans Zimmer und seine Produktionsfirma "Remote Control" zu arbeiten. Wie kam es dazu?

Das war - wie es oft so ist - ein echter Zufall: Ich habe in Boston nach dem College in einer coolen Band gespielt, die relativ erfolgreich war. In den Winterferien bin ich aber immer nach Deutschland gefahren, um meine Eltern zu besuchen. Im Winter 1999/2000 war ich wieder in Deutschland und habe dort einen sehr guten Freund getroffen, Uli Kurtinat. Der hat einen Gitarrenladen in Köln - "Ulis Musik" - wo ich schon als Kind immer meine Gitarren gekauft habe. Daher kennt er meinen ganzen Werdegang.

Jedes Mal wenn ich in Deutschland bin, treffe ich mich mit ihm zum Essen, so auch in diesem Winter. Ich habe im erzählt, dass ich einer Band in Boston spielte, aber eigentlich gerne Filmmusik schreiben würde. Dann erzählte er mir, dass er jemand kannte, der Hans Zimmer kennen würde. Zwei Wochen später bin ich von Boston nach Los Angeles gezogen und habe dort bei "Remote Control" angefangen.

Würden Sie sagen, dass Ihre weitere Karriere mit eigenständigen Kompositionen zu Filmen wie z. B. "Iron Man" oder "Kampf der Titanen" auf Ihrer Zusammenarbeit mit Hans Zimmer fußt?

Klar, er war ein großer Mentor für mich, und ich habe ihm viel zu verdanken. Bei ihm habe ich gelernt, wie das bei den großen Filmen abläuft und wie er die Meetings mit den Regisseuren angeht. Die ersten Filme, die ich dann mit Hans gemacht habe, waren "Fluch der Karibik", "Was das Herz begehrt", "Thunderbirds". Auch für "Batman Begins" habe ich dann nochmal mit ihm zusammengearbeitet, obwohl ich schon meine eigenen Sachen gemacht habe, weil ich so ein großer "Batman"-Fan war.

Filmkomponist Hans Zimmer in London (Foto: AP Photo/Rene Macura)
Filmkomponist Hans Zimmer bei der Europa-Premiere von "Batman V Superman" im März 2016 in LondonBild: picture alliance/Photoshot

Sie haben neben Filmen auch Musik zu Computerspielen wie "Medal of Honor" und zu TV-Serien wie "Prison Break" geschrieben. Seit 2011 schreiben Sie die Musik zu "Game of Thrones", einer der erfolgreichsten Serien derzeit. Wie kam es zu dem Engagement?

Das ging über meinen Agenten. Die Hauptproduzenten der Serie hatten Interesse an mir. Ich habe von ihnen einen Anruf bekommen, dann wurde ein Meeting organisiert, und im Vorfeld wurden mir die ersten beiden Episoden der ersten Staffel zugeschickt. Da ist mir dann die Kinnlade runter gefallen, weil man schon sehen konnte, wie klasse und aber auch kompliziert die Serie ist. Anschließend haben wir uns getroffen und uns über musikalische Konzepte unterhalten.

"Game of Thrones" ist eine unglaublich vielseitige Serie: Es gibt viele verschiedene Charaktere, unterschiedliche Handlungen, unerwartete Wendungen. Wie haben Sie ein musikalisches Konzept für die Serie entworfen?

Das war die große Frage, die auch die Produzenten mir am Anfang gestellt haben. Dadurch, dass es so viele Handlungsstränge und Charaktere gibt, wäre es viel zu kompliziert geworden, wenn wir allem ein eigenes musikalisches Thema gegeben hätten. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, nur für einzelne Handlungen und die Familien, um die es in der Serie geht, Themen zu schreiben.

Wenn dann ein Charakter aus einer Familie heraussticht, haben wir für ihn in einigen Fällen ebenfalls ein eigenes Thema entwickelt. Dabei haben wir uns insgesamt von der Handlung leiten lassen. Als Beispiel nenne ich immer Theon Graufreud: In der ersten Staffel hatte er noch kein eigenes Thema, aber in der zweiten, als er dann anfängt sein eigenes Ding zu machen und wichtiger wird, hat er eines bekommen. So haben wir die Musik immer erweitert.

Alfie Allen als Theon "Stinker" Graufreud und Sophie Turner als Sansa Stark in der 6. Staffel von "Game of Thrones" (Foto: Helen Sloan/HBO)
Alfie Allen als Theon "Stinker" Graufreud und Sophie Turner als Sansa Stark in der 6. Staffel von "Game of Thrones"Bild: Helen Sloan/HBO

Es ist ja ein mystische, eine fantastische Welt in "Game of Thrones", trotzdem klingt die Musik relativ modern und nicht nach Folklore wie in anderen Fantasy-Filmen. Haben Sie sich bewusst gegen diesen "klassischen", mittelalterlichen Sound entschieden?

Auf jeden Fall. Abgesehen von diesen thematischen Konzepten haben wir uns entschieden, trotz der mittelalterlichen Elemente der Serie, die Musik anders anzugehen. Am Anfang wurde mir zum Beispiel gesagt: Lass uns keine Flöten benutzen. Diese kommen zum Beispiel in "Herr der Ringe" oft vor. Dann musste ich mir überlegen, mit welchen Instrumenten ich arbeiten wollte. Ein sehr hervorstechender Sound ist zum Beispiel das Cello. Dadurch, dass "Game of Thrones" überwiegend eine sehr düstere Serie ist, hat das Cello mit seinem tiefen Klang gut dazu gepasst.

Bei Themen wie zum Beispiel "Love in The Eyes" aus der ersten Staffel, werden auch einige ethnische Instrumente und Klänge eingesetzt. Würden Sie sagen, dass auch Ihre iranischen Wurzeln Sie musikalisch geprägt haben?

Definitiv. Und ich glaube, das war auch eine Sache, die die Produzenten der Show interessant fanden. Sie wollten, glaube ich, so einen "Welt-Sound" haben. Dadurch, dass wir in dieser Fantasiewelt sind und Figuren wie Daenerys Targaryen und das Volk der Dothraki ethnische Züge haben, wurde die Tür für ethnische Instrumente wie Taikos (japanische Trommel, Anm. d. Red.) oder die Duduk - ein Blasinstrument, das aber nicht wie eine Flöte klingt - geöffnet. Das hat den Machern gut gefallen. Ich selbst sammle viele ethnische Instrumente. Und als Gitarrist kann ich - so lange Saiten auf dem Instrument sind - es meistens in irgendeiner Form spielen. Deswegen experimentiere ich gerne damit.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag als Komponist für "Game of Thrones" aus?

Interessanter Weise ist es anders als bei den meisten Fernsehserien: "Game of Thrones" ist wie ein zehnstündiger Film. Von Juli bis Dezember werden alle Episoden gedreht. Das heißt, wenn ich mit der Musik anfange, ist alles schon fertig, wenn auch noch nicht zu Ende geschnitten. Im Groben kann ich dann aber sehen, wie sich die Geschichte entwickelt. Dann treffe ich mich mit den Produzenten zu einer sogenannten "spotting session", bei der wir die Folge gemeinsam anschauen und besprechen, wo die Musik anfangen und aufhören soll, und was die Musik dramatisch erreichen soll. Es wird jede einzelne Szene besprochen. Danach fange ich an, die Musik zu schreiben. Dann treffen wir uns nach einiger Zeit wieder, ich spiele die Musik vor, und wir besprechen Änderungen, die ich dann umsetze. So wird jede Folge behandelt.

Noch ein kurzer Blick auf die sechste Staffel, die erst kürzlich lief. Wie war die Arbeit dafür? Gab es irgendwas Besonderes?

Bei "Game of Thrones" denke ich nach jeder Staffel: Wow, das war eine tolle Staffel, wie wollen die das noch erweitern und besser machen? Wenn ich dann die neue Staffel bekomme, haben sie es aber tatsächlich immer geschafft, noch einen drauf zu setzen. Das war bei der sechsten Staffel genauso: Es ist unglaublich, was da jetzt wieder alles passiert.

Das Interview führte Ruben Kalus.