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Minette Walters: Der Außenseiter

Wim Abbink31. August 2005

Ein (fast) vergessener Mordfall in Bournemouth wird nach Jahrzehnten wieder aufgerollt. Das klingt einfach, ist aber - wie bei der Autorin nicht anders zu erwarten ist - hintergründig und verwirrend.

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Vor mehr als 30 Jahren wurde eine ältere Frau in ihren Haus in Bournemouth ermordet. Die Polizei nahm ihren Enkel Howard fest, einen labilen jungen Mann, der wegen seiner Hasenscharte von Altersgenossen immer wieder gehänselt wurde. Er wurde wegen Mordes verurteilt und beging nach einigen Jahren im Gefängnis Selbstmord.

Buchcover: Walters - Der Außenseiter

Nach so langer Zeit scheint der Fall vergessen - gäbe es nicht den Anthropologen Jonathan Hughes. Er schreibt ein spektakuläres Buch über Polizeifehler und mögliche Justizirrtümer, in dem er auch Howards Fall erwähnt. Sein Interesse ist allerdings rein wissenschaftlich, der Mensch Howard ist ihm egal. Ganz anders sieht es bei Georgina "George" Gardener aus, die auf den Fall Howard stieß, als sie nach Bournemouth gezogen ist. Sie lässt der Fall nicht los, und als sie Jonathans Buch liest, sucht sie Kontakt zu dem jungen Wissenschaftler.

Immer neue Richtungen

Wenn auch die erste Begegnung gründlich schief läuft: Schließlich kommen George und Jonathan zusammen und versuchen zu recherchieren, was damals geschah. Sie finden heraus, dass kurz vor dem Mord ein 13-jähriges Mädchen, Cill Trevelyan, aus der Nachbarschaft Howards verschwand, das nie wieder auftauchte. Es soll kurz vorher vergewaltigt worden sein. Die beiden Hobby-Ermittler entdecken eine frühere Freundin von Cill, die den Namen des verschwundenen Mädchens angenommen hat. Sie war verheiratet mit dem Kneipenbesitzer Roy, der Howard gekannt haben will. Zwischen den beiden besteht immer noch eine merkwürdige Beziehung.

Es dauert lange, bis Jonathan und George auch nur eine Ahnung von dem bekommen, was vor mehr als 30 Jahren passiert sein könnte. Immer wieder werden sie in die Irre geführt, immer wieder deuten Indizien, deuten die Aussagen von Zeugen, in eine andere Richtung. War Howard doch der Täter?

Im Vordergrund: die Abgründe des Verbrechens

Minette Walters ist bekannt für ihre hintergründigen, psychologischen Krimis. "Der Außenseiter" ist keine Ausnahme. Auch in diesem Buch geht es eher um die Abgründe eines Verbrechens als um die Tat selbst oder polizeiliche Ermittlungen. In welcher Beziehung stehen die einzelnen Charaktere zueinander? Was steckt hinter der "falschen" Cill? Welche Rolle spielten die Eltern des Mädchen? Und: Was hatte eigentlich Howard mit Cill, Roy usw. zu tun? Solche Fragen interessieren Walters - alltägliche Polizeiarbeit wie Alibiüberprüfung, Fingerabdrücke oder Motivsuche ist ihre Sache nicht.

Minette Walters
Minette WaltersBild: dpa

Die Geschichte liest sich zweifellos spannend, ist für den Leser aber vor allem am Schluss sehr verwirrend: Wer war wann warum wo? Die Antwort auf diese Frage ist für die Aufklärung eines Mordes ja auch nicht unwichtig - die Autorin verliert sie aber manchmal zu sehr aus den Augen. Höchst gelungen ist ihr dagegen die Darstellung der beiden Protagonisten: Der schwierige, in Komplexen verhaftete Jonathan, die resolute, trotz ihrer Krebserkrankung lebensfrohe George - ein ideales (Ermittler-)Paar.


Minette Walters
Der Außenseiter
Goldmann, 2005
ISBN 3-442-31078-4
EUR 22,90