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42 Milliarden mehr in der Staatskasse

Sabine Kinkartz, Berlin4. Mai 2016

Die deutschen Finanzminister können sich freuen. Laut Steuerschätzung wird deutlich mehr Geld in ihre Kassen fließen als erwartet. Aber natürlich findet sich auch sofort wieder jemand, der es ausgeben will.

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Symbolbild Haushalt
Bild: picture alliance/dpa

Drei Tage lang tagten die Finanzfachleute von Bund, Ländern, Kommunen, der Bundesbank und Forschungsinstituten in Essen. Am Ende ihrer Beratungen konnten die Steuerschätzer frohe Kunde ins Bundesfinanzministerium nach Berlin vermelden. Bund, Länder und Gemeinden sollen in den nächsten Jahren noch mehr Steuern in der Kasse haben, als ohnehin schon gedacht. Im Vergleich zur Steuerschätzung vom November sollen sich die Mehreinnahmen der öffentlichen Hand bis 2020 auf 42,4 Milliarden Euro summieren.

Entsprechend gut gestimmt, aber mit der für einen Bundesfinanzminister typischen Zurückhaltung, verkündete Wolfgang Schäuble (CDU) die Zahlen am Mittwochnachmittag in Berlin. "Der deutsche Staat ist solide finanziert und insgesamt handlungsfähig", sagte er. Die für dieses Jahr insgesamt erwarteten 691,2 Milliarden Euro Steuereinnahmen würden um lediglich fünf Milliarden Euro höher ausfallen, als bei der Schätzung im November 2015 prognostiziert. Schäuble spricht von einer "leichten Erhöhung", die der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, der Beschäftigung, den Lohnsteigerungen aber auch den Unternehmenseinkommen zu verdanken seien, die sich "etwas positiv" entwickelt hätten.

Mehr Geld für die Versorgung der Flüchtlinge?

Der Bund profitiert von den Mehreinnahmen in diesem Jahr mit zwei Milliarden Euro. Etwas mehr als zwei Milliarden Euro entfallen auf die Bundesländer, der Rest auf die Kommunen. In den kommenden Jahren könnte sich die Kassenlage noch positiver entwickeln. Die Schätzer gehen davon aus, dass sich der Anstieg der Steuereinnahmen so beschleunigen wird, dass der Staat im Jahr 2020 rund 808 Milliarden Euro einnehmen wird. Schäuble weiß allerdings um die Wirkung solcher Prognosen und dämpft daher umgehend alle Erwartungen. "Zusätzliche Spielräume für Ausgabenwünsche ergeben sich für den Bund aus der Steuerschätzung nicht", sagt er.

Deutschland Wolfgang Schäuble
Bundesfinanzminister Schäuble kann zufrieden seinBild: picture alliance/AP Photo/B.v. Jutrczenka

Eine Ansage, die nicht nur an die Kollegen im Bundeskabinett gerichtet ist, sondern auch an die Bundesländer und vor allem die Kommunen. So pocht der Städtetag angesichts der Rekordeinnahmen darauf, Städte und Gemeinden bei der Versorgung der Flüchtlinge weiter zu entlasten. "Bund und Länder sollten die voraussichtlichen Steuermehreinnahmen nutzen, um die Kommunen in Milliardenhöhe bei der Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft zu unterstützen", forderte Städtetags-Präsidentin Eva Lohse.

Vorsicht walten lassen

Bei Schäuble stoßen solche Forderungen auf taube Ohren. "Aus marginalen Veränderungen leiten sich keine Veränderungen bei den Ansprüchen zwischen den einzelnen Ebenen der Gebietskörperschaften ab", formuliert der Minister. Bund, Länder und Gemeinden seien insgesamt finanziell gut aufgestellt. "Die Steuerschätzung bestärkt uns darin, dass wir die aktuell großen Herausforderungen ohne neue Schulden bewältigen können." Die hohen Zuwanderungszahlen seien im Augenblick abgeklungen. Er wisse aber nicht, ob das so bleibe, räumte Schäuble ein. Einen Nachtragshaushalt wegen der Ausgaben für Aufnahme und Integration von Flüchtlingen wollte er nicht ausschließen.

Die Steuerschätzung basiert auf der Konjunkturprognose der Bundesregierung, die für dieses Jahr ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,7 Prozent und für 2017 von 1,5 Prozent vorsieht. Für Schäuble ein Grund mehr, vorsichtig zu bleiben. "Angesichts globaler Risiken, auch angesichts einer gewissen Auswirkung auf die Exporte in unserer exportabhängigen Wirtschaft durch Abkühlung in den Schwellenländern und durch die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen und Mittleren Osten" basiere das Konjunkturplus vor allem auf einer "stabilen Binnennachfrage". Will heißen, die Deutschen sind in Kauflaune, doch das kann sich auch immer wieder ändern.

Müssen die Bürger weniger zahlen?

Auch für Steuersenkungen sieht der Bundesfinanzminister keinen Spielraum. Die Regierungskoalition habe die Bürger bereits mit der Anhebung von Grundfreibeträgen und Kindergeld sowie der Beseitigung "heimlicher Steuererhöhungen" durch die kalte Progression dauerhaft um fünf Milliarden Euro entlastet. Der Steuerzahlerbund sieht das anders. Verbandspräsident Reiner Holznagel sagte, es sei an der Zeit, "den Bürgern etwas zurückzugeben, statt das Geld für irgendwelche Fördertöpfe zu verplanen."