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Politik

Mikis Theodorakis, Musiker und Kämpfer

Stephanos Georgakopoulos
2. September 2021

Mikis Theodorakis' ist am 02.09.2021 im Alter von 96 Jahren in Athen verstorben. Seine Bekanntheit beruht nicht nur auf seinen Liedern und symphonischen Werken, sondern auch auf seinen politischen Aktivitäten.

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Griechenland Mikis Theodorakis
Mikis Theodorakis (1925-2021) bei einem Auftritt auf der Insel MakronissosBild: picture-alliance/ANE

Der Musiker und Politaktivist Mikis Theodorakis wurde 1925 auf der Insel Chios geboren. Seine Eltern stammten aus Kreta und dem kleinasiatischen Cesme (heute Türkei). Da der Vater Beamter war, musste die Familie alle zwei, drei Jahre an einen anderen Ort umziehen. Deshalb war es für den jungen Mikis schwierig, Beziehungen mit Gleichaltrigen aufzubauen und zu halten. Wohl auch daher wandte er sich schon in jungen Jahren der Musik zu. Er war zwölf, als er sein erstes Lied schrieb.

Als Nazideutschland während des Zweiten Weltkriegs 1941 Griechenland besetzte, schloss sich Theodorakis dem Widerstand an. Nach dem Abzug der Wehrmacht 1944 ging das Land fast nahtlos in einen Bürgerkrieg über. Theodorakis kämpfte mit der Waffe in der Hand auf der Seite der Kommunisten. Mit deren Niederlage 1949 kam die Verbannung in verschiedene Arbeitslager. Diese Jahre prägten den jungen Mann sowohl als politisch denkenden, als auch als kulturschaffenden Menschen.

Mikis Theodorakis, griechischer Komponist
Mikis Theodorakis in den 1970er JahrenBild: picture-alliance/United Archives

Viele Jahrzehnte später umriss der Komponist Theodorakis sein Credo während einer Konferenz zum Thema "Universelle Harmonie und Musik": "Sie können meine Entscheidungen in der Politik relativ einfach mit dem Gegensatz Harmonie-Disharmonie erklären. Selbst wenn ich mir geirrt habe, war das immer mein oberstes Prinzip."

Mitte der 1950er Jahre studierte Theodorakis Komposition am Pariser Konservatorium. Trotz erster Erfolge in der zeitgenössischen klassischen Musik kehrte er 1959 in seine Heimat zurück, um sich der Vertonung griechischer Lyrik zu widmen. Einige Jahre später hatte er sein hochgestecktes Ziel erreicht: Die Griechen sangen zu seinen Liedern Verse aus Gedichten, welche die Masse der Bevölkerung niemals zuvor erreicht hatten.

Diktatur und Exil

Ende der 1960er Jahre war die weltweit herrschende Aufbruchsstimmung auch in Griechenland zu spüren. Eine Blütezeit von Kunst und Kultur ging einher mit einem bescheidenen, aber soliden Wirtschaftswachstum. Doch die Militärs, die 1967 ihre Diktatur errichteten, brachten all das zum Erliegen. Nur sein international hoher Bekanntheitsgrad ermöglichte es Theodorakis, nach dem Verbot seiner Musik und der Verbannung durch die Obristen aus Griechenland auszureisen und sich ab 1970 aus dem Pariser Exil gegen die Athener Junta zu engagieren.

Berlin | Dirigent Mikis Theodorakis: Ehrengast beim Festivals des politischen Liedes
Mikis Theodorakis beim "Festival des politischen Liedes" im Palast der Republik in Ostberlin 1980Bild: picture-alliance/akg-images

Dazu gehörte auch, dass Theodorakis sich über die griechischen Sendungen der Deutschen Welle an seine Landsleute in Griechenland wandte, wo Medien- und Kulturzensur herrschten. Und das nicht nur mit seinen Liedern, sondern auch mit politischen Kommentaren. Bis zum Sturz der Junta 1974 gab Theodorakis fast 1000 Konzerte, viele davon in Deutschland, wo er große Unterstützung erfuhr.

Ein unbequemer Kommunist

Nach Wiederherstellung der Demokratie kehrte Theodorakis nach Griechenland zurück und wurde für die Kommunistische Partei (KKE) ins Parlament gewählt. Trotz heftiger Kritik sowohl von Gegnern, als auch von politischen Weggefährten blieb er dabei seinen eigenen Visionen und Prinzipien treu und zögerte nicht, seine Meinung in der Öffentlichkeit zu vertreten. Das führte mehrmals zu politischer und auch menschlicher Isolation, etwa, als er sich in den 1980ern für die griechisch-türkische Freundschaft einsetzte, was damals in Griechenland undenkbar erschien. Theodorakis wurde des Verrats bezichtigt.

Griechenland Mikis Theodorakis
Mikis Theodorakis und Griechenlands Ex-Premier Alexis Tsipras 2020Bild: picture-alliance/ANE

Ein engagierter Bürger blieb er bis zuletzt. So trat er trotz seines fortgeschrittenen Alters und seiner angeschlagenen Gesundheit in der Öffentlichkeit auf, um sich gegen das Abkommen mit Mazedonien, dass den jahrelangen Namensstreit beenden sollte, energisch zu widersetzen. Theodorakis zögerte nicht, im Rollstuhl als Redner bei Massendemonstrationen aufzutreten.

Gegen Mazedonien

Was den sich selbst als fortschrittlich einschätzenden Künstler dazu bewegte, eine derart konservative Position einzunehmen und zu verteidigen, bleibt offen. Theodorakis bezeichnete es jedenfalls als einen "historischen Fehler", den Nachbarstaat unter dem Namen Mazedonien anzuerkennen, da er einen nicht endenden Konflikt befürchtete.

Griechenland Mikis Theodorakis
Mikis Theodorakis bei einer Demonstration gegen die Anerkennung MazedoniensBild: picture-alliance/ANE

Der Komponist Mikis Theodorakis hinterlässt eine geradezu unglaubliche Menge an Werken. Neben über tausend Liedern komponierte er eine fast unüberschaubare Menge klassischer Musik, die es erst noch zu entdecken gilt, darunter fünf Opern, etliche Symphonien, Konzerte für Soloinstrumente und Orchester, Ballett- und Kammermusik.

Theodorakis' Erbe

Die Gefahr, dass diese klassischen Werke unbekannt bleiben, besteht. Die Frage, ob der Mann, der die Filmmusik zu "Alexis Sorbas" (1964) schrieb und mit dieser international berühmt wurde, überhaupt eine Symphonie schreiben kann, wurde oft gestellt. Für den Komponisten selbst aber gab es keinen Unterschied zwischen "Ernster" und "Unterhaltungsmusik" - sondern nur den zwischen guter und schlechter Musik.

Sein Ziel sei, einen besseren Menschen zu schaffen, sagte Mikis Theodorakis anlässlich seiner Ehrung mit dem Erich Wolfgang Korngold-Preis für seine Filmmusiken im Jahr 2002 in einem Interview mit der DW. Darin kritisierte er auch, dass Musik heutzutage darauf ausgerichtet sei, konsumiert zu werden und auf meist niedrigem Niveau zu unterhalten.

"Mein Ziel ist es jedoch, den Menschen zu helfen, sich zu entwickeln. Ich bin der festen Überzeugung, dass Kunst und Kultur zur positiven Entwicklung eines Menschen entscheidend beitragen", betonte Theodorakis im Interview - und fügte hinzu, dass seine Musik die Zuhörenden zum Nachdenken bringen und ihnen Fragen aufzeigen solle. Der Komponist war sich sicher, dass Musik qualitativ hochwertig sein muss. Denn nur dann könnten die Menschen sich mit ihr wohlfühlen und etwas davon mitnehmen, meinte Mikis Theodorakis.