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Merkozy zieht in den Wahlkampf

29. Januar 2012

Seit Monaten kämpfen Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy gemeinsam gegen die Eurokrise: "Merkozy" hat die Presse das Duo getauft. Die Deutsche will dem Franzosen auch innenpolitisch beistehen.

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Nicolas Sarkozy (Foto: DPA)
Nicolas Sarkozy bekommt Unterstützung von Bundeskanzlerin MerkelBild: picture-alliance/dpa

Eine Stimme hätte Frankreichs Präsident Sarkozy bei der Wahl im Frühjahr sicher: die von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wenn sie denn nur wählen dürfte. Darf sie aber nicht. Stattdessen will sie sich jetzt im französischen Wahlkampf aktiv einsetzen - für ihn, Sarkozy. Der liegt in Umfragen zurück, kann jede Hilfe gut gebrauchen. Erst recht, wenn sie von der laut Forbes-Magazin "mächtigsten Frau der Welt" kommt.

"Wir haben uns bereits in den letzten Monaten mit der UMP intensiv ausgetauscht, das Wahlprogramm gemeinsam erörtert. Ich gehe davon aus, dass es Reden von Angela Merkel im französischen Präsidentschaftswahlkampf an der Seite von Nicolas Sarkozy geben wird", bestätigt der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe im Gespräch mit der Deutschen Welle. Gröhe hatte die geplante politische Nachbarschaftshilfe am Wochenende beim Wahlkampfauftakt der konservativen Sarkozy-Partei "Union pour un mouvement populaire" (UMP, "Union für eine Volksbewegung") bekannt gegeben.

Sympathien über (Partei-)Grenzen hinweg

Eine deutsche Bundeskanzlerin, die im Ausland Wahlkampf mit Reden und Auftritten macht - und dann noch nicht einmal für sich -, das gab es so noch nie. Allerdings: Auch in der Vergangenheit haben sich Parteien schon prominente Unterstützung im Ausland geholt.

"Das Interessante ist, dass es dabei Über-Kreuz-Sympathien gab: der französische Sozialist François Mitterrand und der CDU-Politiker Helmut Kohl haben über weite Strecken Einigkeit demonstriert. Auch SPD-Kanzler Helmut Schmidt und der erzliberale Valéry Giscard d'Estaing haben das getan", sagt Johannes Becker, Politologe an der Universität Mainz. Und die SPD etwa habe sich Schützenhilfe vom damaligen österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky, selbst Sozialdemokrat, geholt.

Merkel und Sarkozy kämpfen seit Monaten gemeinsam gegen die Eurokrise. "Merkozy" haben die Medien das Duo deswegen schon getauft: Sie stimmen sich eng ab, treten gemeinsam vor die Presse. Und beim letzten Bundestagswahlkampf 2009 sprach der französische Präsident an der Seite von Merkel zu Gästen der CDU. Für diese Gefälligkeit folgt jetzt die Revanche. "Im zusammenwachsenden Europa ist es selbstverständlich, dass die Wählerinnen und Wähler in Frankreich entscheiden - aber dass Unterstützung auch durch Schwesterparteien erfolgt", sagt CDU-Generalsekretär Gröhe.

Kein Schaden, kaum Nutzen?

"Frau Merkel genießt ein ungeheuerliches Renommee in Frankreich", sagt der Politologe Johannes Becker. Einer Studie des französischen Meinungsforschungsinstituts IFOP zufolge verkörpert Merkel aus Sicht der Franzosen den typischen Deutschen: fleißig, ernst, diszipliniert bei der Arbeit und rechtschaffen. Bei den Franzosen scheint das anzukommen - und davon will Sarkozy wohl profitieren.

Die Schützenhilfe scheint bitter nötig: Der Präsident liegt seit Monaten bei Umfragen hinter dem Kandidaten der Sozialisten, François Hollande, zurück. Eine Folge der verfehlten Politik Sarkozys, urteilt Becker: "Sarkozy ist ein Bruchpilot. Ich glaube, er kommt aus diesem Loch nicht mehr heraus." Zumal es im konservativen Lager andere interessante Kandidaten gebe, wie François Bayrou und Dominique de Villepin.

Und Spitzenreiter Hollande? Der sieht die Sache gelassen: "Wenn Madame Merkel nach Frankreich kommen will, um den Amtsinhaber zu verteidigen, dann steht ihr das frei", sagte Hollande in einem Interview mit dem staatlichen Radiosender France Info. Sollte er die Wahl gewinnen, fuhr der 57-Jährige fort, werde er trotzdem gut mit Merkel zusammenarbeiten.

Sarkozy kandidiert noch gar nicht

Auch die französische Presse zeigt sich wenig überrascht von diesem nächsten Schritt in der Beziehung Merkel-Sarkozy: "Beide Parteien sind Teil derselben Familie in der Europapolitik", schreibt die Zeitung "Le Monde". Und "Le Figaro" fügt hinzu: "Das Paar 'Merkozy' - seit 2011 omnipräsent - hat die Mehrheiten in Irland, Portugal und Spanien kippen sehen. Also haben die beiden beschlossen, ihre politischen Schicksale in einer Art Pakt miteinander zu verbinden."

Ein Machtwechsel in Frankreich hätte für die europäische Rettungsmission vermutlich weitgreifende Folgen. "Wenn Frankreich wirtschaftlich zurückfällt, weil eine linke Regierung Reformen, etwa bei der Erhöhung des Renteneintrittsalters wieder zurückdreht, dann hat das Auswirkungen auf die Entwicklung in Europa", sagt CDU-Mann Gröhe.

Hollande hatte in seinem Wahlprogramm die "Spirale des Sparens" in der Europäischen Union kritisiert. Er will auf Investitionen setzen - und im Gegenzug etwa Steuervorteile streichen, den Spitzensteuersatz und die Vermögenssteuer erhöhen. Am 22. April und 6. Mai entscheiden die Franzosen in zwei Wahlgängen, wer der künftige Präsident sein wird. Allerdings: Offiziell verkündet hat Sarkozy seine Kandidatur bislang noch nicht.

Autorin: Monika Griebeler
Redaktion: Julia Elvers-Guyot

Der Präsidentschafts-Kandidat der Sozialisten, François Hollande (Foto: REUTERS/Charles Platiau)
Aussichtsreicher Kandidat: Sozialist François HollandeBild: Reuters
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin (Foto: Jörg Carstensen/dpa)
Aufwärts: Merkel soll Sarkozy aus dem Umfragetief helfenBild: picture-alliance/dpa
Bundeskanzler Helmut Kohl (re.) und der französische Staatspräsident François Mitterrand auf dem französischen Soldatenfriedhof von Douaumont (Foto: ullstein-bild)
Französisch-deutsches Team: Mitterrand und Kohl gedenken gefallener Weltkriegs-SoldatenBild: ullstein bild - Sven Simon