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7. Mai 2012Angela Merkel und der künftige französische Präsident François Hollande wollen "gut und intensiv" zusammenarbeiten. Das habe man sich in einem Telefongespräch am Sonntagabend zugesagt, berichtete die deutsche Regierungschefin tags darauf in Berlin. Von der konservativen Kanzlerin ist bekannt, dass ihr ein Wahlsieg Nicolas Sarkozys lieber gewesen wäre. Mit dem sozialistischen Nachfolger des nach fünfjähriger Amtszeit abgewählten konservativen Staatsoberhauptes wolle sie sich schon bald treffen. Sie werde Hollande "mit offenen Armen" empfangen. Die deutsch-französische Kooperation sei "essentiell" für Europa, betonte Merkel. Zugleich stellte sie klar, dass es keine Änderungen am europäischen Fiskalpakt geben werde. Hollande hatte im französischen Wahlkampf andere Töne angeschlagen.
Die Bundeskanzlerin betonte nun, man könne nach Wahlen, "sei es in kleinen oder großen Ländern", nicht alles zur Disposition stellen. "Dann können wir in Europa nicht mehr arbeiten", warnte Merkel. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an ihr eigenes Verhalten in der Türkei-Frage, als die Christdemokraten noch in der Opposition waren. Entgegen der Haltung ihrer Partei habe die Regierung des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Gerhard Schröder Verhandlungen über einen Beitritts der Türkei zur Europäischen Union befürwortet. Und "selbstverständlich" sei sie damals als neu gewählte Bundeskanzlerin in die Kontinuität deutscher Außenpolitik eingetreten.
Auch Außenminister Guido Westerwelle betonte die Bedeutung der deutsch-französischen Partnerschaft, die "ganz entscheidend" für den Zusammenhalt in Europa sei. Nachdem man in dern EU einen Fiskalpakt "für weniger Schulden" beschlossen habe, werde man jetzt einen "Wachstumspakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit" erarbeiten, sagte der Freidemokrat in Berlin. Er sei zuversichtlich, dass zwischen den Regierungen ein "gutes Einvernehmen" gefunden werden wird. Impulse für mehr Arbeitsplätze in der Europäischen Union waren ein zentrales Wahlkampf-Thema Hollandes, mit dem er sich am Ende erfolgreich gegenüber seinem Konkurrenten Sarkozy profiliert hat.
Opposition begrüßt Francois Hollandes Wahlsieg
Freude löste der Wahlsieg Hollandes bei den deutschen Sozialdemokraten (SPD) aus. Der Vorsitzende der größten deutschen Oppositionspartei, Sigmar Gabriel, erwartet vom Ende der Ära Sarkozy, dass sich nicht nur Frankreich verändern werde. Dass Deutschlands Nachbar nun von einem Sozialisten regiert wird, werde helfen, "Europa eine andere Richtung zu geben", meint der SPD-Chef. Merkel und Sarkozy hätten Europa weiter in die Krise geführt. Und diese Krise erreiche inzwischen auch deutsche Unternehmen, "weil sie in Europa nichts mehr absetzen können", sagte Gabriel in Berlin. Beleg dafür seien Anträge auf Kurzarbeit.
Große Hoffnungen setzen die deutschen Linken in den neuen französischen Präsidenten. Hollande sei mit einem "klaren linken Profil" angetreten, sagte Partei-Chef Klaus Ernst in Berlin. Höhere Steuern für Reiche, kein Sozialabbau und Neuverhandlungen des europäischen Fiskalpaktes sind Wahlversprechen, mit denen auch die Linke in Deutschland um die Gunst der Wähler wirbt. Erfolg hatte sie damit zuletzt jedoch nicht. Als am Sonntag (06.05.) in Frankreich der Sozialist Hollande triumphierte, flog die Linke bei der Wahl in Schleswig-Holstein mit weniger als drei Prozent aus dem Landtag. Das Gleiche könnte ihr am kommenden Sonntag bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen passieren, wo rund ein Fünftel der wahlberechtigten Bevölkerung ein neues Parlament wählen wird.
Froh über den Wahlausgang in Frankreich sind auch die oppositionellen Grünen in Deutschland. Es sei wichtig, vom "strikten Spardiktat" von Merkel und Sarkozy wegzukommen, sagte die Vorsitzende der Umweltpartei, Claudia Roth, in Berlin. Zwar müssten die Staatshaushalte konsolidiert werden, räumte die Grünen-Chefin ein, aber es müsse auch Wachstumsinitiativen für mehr Arbeitsplätze geben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel reagiert gelassen auf die Forderungen der Opposition. Aus ihrer Sicht geht es um die Alternative, wie in der weltweiten Finanzkrise 2009 schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme aufzulegen oder Wachstum in den einzelnen Ländern zu fördern und gleichzeitige die Schulden zu begrenzen. Dafür gebe es auf europäischer Ebene seit Januar Vorschläge, die auf eine deutsch-französische Initiative zurückgingen, sagte Merkel. Ihr Gesprächspartner in Paris hieß damals Nicolas Sarkozy. Künftig wird die deutsche Kanzlerin mit François Hollande Krisen bewältigen müssen.