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Merkel sichert Aufklärung des Luftangriffs zu

8. September 2009

Vier Tage nach dem von der Bundeswehr veranlassten Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in Afghanistan hat Bundeskanzlerin Merkel in einer Regierungserklärung eine "lückenlose Aufklärung" des Vorfalls zugesichert.

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Bundeskanzlerin Merkel bei ihrer Regierungerklärung zu Afghanistan (Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Merkel bei ihrer Regierungerklärung zu AfghanistanBild: picture alliance/dpa

"Ich stehe dafür ein, dass wir nichts beschönigen werden", sagte Merkel am Dienstag (08.09.2009) in einer Regierungserklärung im Bundestag in Berlin. Möglichen zivilen Opfern des Bombardements vom vergangenen Freitag sprach die Kanzlerin das tiefe Bedauern der Bundesregierung aus. Jeder, der unschuldig ums Leben gekommen oder verletzt worden sei, sei einer zuviel. "Wir trauern um jeden einzelnen."

Merkel betonte aber auch, dass die Zahl der Opfer noch nicht geklärt sei. Sie dulde keine Vorverurteilung des Einsatzes. "Ich verbitte mir das im Inland wie im Ausland", sagte die Kanzlerin unter starkem Beifall aus dem Plenum des Bundestages.

NATO spricht von zivilen Opfern

Wie viele Menschen bei dem von der Bundeswehr in Kundus in der Nacht von Donnerstag auf Freitag angeforderten NATO-Luftangriff auf die von den Taliban entführten beiden Tanklastwagen zu Tode gekommen sind, ist immer noch unklar. Das Verteidigungsministerium spricht bislang offiziell von 56 Toten.

Laut einem Zwischenbericht der Afghanistan-Schutztruppe ISAF wurden bei dem Luftschlag dagegen zwischen 70 und 80 Menschen getötet. In einer in der afghanischen Hauptstadt Kabul veröffentlichten Erklärung der NATO heißt es - ohne Zahlenangaben -, bei dem Bombardement seien auch Zivilpersonen getötet worden.

Ausgebrannter Tanklastwagen nach dem Angriff (Foto; dpa)
Ausgebrannter Tanklastwagen nach dem AngriffBild: dpa

Bekenntnis zu Afghanistan-Engagement

Merkel bekannte sich in ihrer Regierungserklärung nachdrücklich zum Engagement der Bundeswehr in Afghanistan und erinnerte an die von der Region ausgehende terroristische Bedrohung. "Der Afghanistan-Einsatz ist unsere Reaktion auf den Terror, er ist von dort gekommen und nicht umgekehrt." Die Bundeskanzlerin zeigte gleichzeitig eine Perspektive für einen Rückzug aus Afghanistan auf: Auf der von ihr gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister Gordon Brown vorgeschlagenen internationalen Afghanistan-Konferenz Ende des Jahres müssten klare Zielvorgaben für "eine abgestimmte Übergabestrategie" vereinbart werden, verlangte Merkel. Ziel sei, dass Afghanistan selbst für seine Sicherheit sorgen könne.

Steinmeier: Nicht für die Ewigkeit da

Außenminister Steinmeier im April bei seinem Afghanstan-Besuch in in Masar-i-Scharif (Foto: AP)
Außenminister Steinmeier im April bei seinem Afghanistan-Besuch in Masar-i-ScharifBild: AP

Auch Bundesaußenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier wandte sich in der anschließenden Debatte gegen einen überstürzten Abzug aus Afghanistan. Deutschland sei dort nicht kopflos hineingegangen und dürfe nicht kopflos hinaus. Die Bundeswehr sei aber keine Besatzungsarmee. Deswegen sei sie auch "nicht für die Ewigkeit da". Mit der afghanischen Regierung stünden nun konkrete Absprachen an, in welchem Umfang Polizei und Armee aufgebaut werden müssten. Dies sei Voraussetzung für einen Rückzug der internationalen Truppen, sagte Steinmeier.

Miliband und Kouchner fordern umfassende Ermittlungen

Die Außenminister Großbritanniens und Frankreichs äußerten sich derweil besorgt über den von der Bundeswehr angeordneten Luftangriff. Der britische Ressortchef David Miliband und sein französischer Kollege Bernard Kouchner sprachen sich bei einem Treffen in Paris für umfassende Ermittlungen aus.

Miliband sagte, es sei lebenswichtig, dass alles getan werde, um die Opfer unter der Zivilbevölkerung möglichst gering zu halten. Zivile Opfer seien das Gegenteil von dem, "weshalb wir dort sind". Kouchner erklärte, der Angriff habe "der Zivilbevölkerung großen Schaden zugefügt". Der Minister betonte: "Wir brauchen eine Ermittlung." (wl/mas/gri/dpa/afp/rtr/ap/epd)