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Politik

"Hamburg war der richtige G20-Ort"

16. Juli 2017

Kanzlerin Merkel steht zu der Wahl Hamburgs als Ort des G20-Gipfels. Auf Kontrahent Schulz reagiert sie im Interview gelassen und gibt sich kämpferisch: Sie habe die feste Absicht, vier weitere Jahre im Amt zu bleiben.

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Deutschland | ARD-Sommerinterview mit Angela Merkel
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Angesichts der Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels streiten Innenpolitiker von Union und SPD über den Umgang mit potenziellen Gewalttätern und ob der G20-Austragungsort Hamburg die richtige Wahl gewesen sei. Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte die Wahl der Hansestadt als Tagungsort für das Gipfeltreffen. Das sei natürlich auch ihre Entscheidung gewesen, sagte die CDU-Vorsitzende im ARD-Sommerinterview. Mit Blick auf die massiven Krawalle und Zerstörungen in Hamburg sagte sie: "Dafür habe ich genauso die Verantwortung wie (Bürgermeister) Olaf Scholz und drücke mich auch nicht davor." 

Merkel stellt sich hinter Hamburgs Bürgermeister Scholz

Der Gipfel sei dennoch richtig und ein Erfolg gewesen. Die CDU-Chefin distanzierte sich von Rücktrittsforderungen der Hamburger CDU an den SPD-Politiker Scholz: "Ich habe mit der Hamburger CDU gesprochen, habe ihr ganz deutlich gesagt, dass ich das für falsch halte." Das gesamte CDU-Präsidium sei dieser Ansicht. Sie und die Bundesregierung seien Gastgeber gewesen, Scholz habe sich zu dem Gipfel bereiterklärt. Es wäre "abenteuerlich", sich im Nachhinein auseinanderdividieren zu lassen. "Aber wie gesagt: 'Volkspartei, Vielfalt' - die dortige Opposition meinte, sie müsse es anders sehen", sagte sie zu den Rücktrittsforderungen der Hamburger CDU an Scholz.

Am Rande des G20-Gipfels kommt es zu Krawalle durch Linksautonome im Schanzenviertel. (Foto: picture-alliance/N.Liponne)
Chaos, Krawalle, Plünderungen: War Hamburg als Zentrum von Linksautonomen der richtige G20-Austragungsort? Bild: picture-alliance/N.Liponne

Absage an Obergrenze für Flüchtlinge

Eine Absage erteilte Merkel ein weiteres Mal den Forderungen aus der CSU nach einer Obergrenze für Flüchtlinge, nachdem CSU-Chef Horst Seehofer während der 2015 beginnenden Flüchtlingskrise über Monate die Bundeskanzlerin scharf attackiert hatte. "Zur Obergrenze ist meine Haltung klar: Das heißt, ich werde sie nicht akzeptieren", sagte sie. Mit einer Reduzierung der Flüchtlingszahlen, mit Steuerung und mit dem Kampf gegen Fluchtursachen könne etwas erreicht werden auch ohne eine solche Obergrenze für den Flüchtlingszuzug.

In der Vergangenheit hatte Seehofer gedroht, einen Koalitionsvertrag ohne Obergrenze nicht zu unterschreiben. Für das gemeinsame Wahlprogramm der Union hatten sich CDU und CSU zuletzt zusammengerauft. Die Obergrenze will die CSU nun in ihr ergänzendes eigenes Wahlprogramm, den sogenannten "Bayernplan" schreiben. Merkel sagte, CDU und CSU seien zwei unterschiedliche Parteien. "Deshalb hat es in jedem Regierungsprogramm immer auch einen bayerischen Plan gegeben, in dem einige Punkte von denen der CDU differieren. Das gehört dazu."

In dem Interview pochte Merkel zudem auf das deutsche Besuchsrecht im türkischen NATO-Stützpunkt Konya. Es sei klar, "dass die Bundestagsabgeordneten natürlich ein Recht haben, unsere Soldaten zu besuchen". Darüber hinaus äußerte sich die Bundeskanzlerin zurückhaltend zu Forderungen nach einem Abzug der Bundeswehr aus Konya. "Wir sollten erst einmal die Gespräche abwarten", die jetzt auch im Rahmen der NATO mit der Türkei geführt werden müssten. Merkel deutete auch eine mögliche Abwägung zwischen dem Besuchsrecht und der NATO-Solidarität an.

Geldmangel nicht Hauptproblem bei Investitionen

Merkel reagierte gelassen auf den "Zukunftsplan" von SPD-Herausforderer Martin Schulz. Gegenüber der ARD hielt sie sich mit scharfer Kritik an dem zuvor vorgelegten Zehn-Punkte-Plan des SPD-Kanzlerkandidaten zurück und stellte sich im Grundsatz hinter die von ihm formulierte Forderung nach mehr Investitionen. Merkel verwies aber darauf, dass die Union teils andere Schwerpunkte setzt. So sei etwa beim angestrebten Ausbau staatlicher Investitionen nicht das fehlende Geld das Hauptproblem, sondern eine zu langsame Planung. 

In der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes seien zusätzliche Investitionsmittel schon an vielen Stellen festgeschrieben, sagte Merkel und betonte zugleich. "Wir können zurzeit das Geld, was wir haben, nicht ausgeben." Deshalb setze die Union in ihrem Regierungsprogramm darauf, die Planungsverfahren zu beschleunigen und für vorrangige Projekte die Zahl der Instanzen zu verringern, vor denen geklagt werden könne. Von den Mehreinnahmen des Staates sollte mindestens ein Drittel investiert werden. 

Schulz' Zehn-Punkte-Plan

Die SPD will im Falle einer Regierungsübernahme eine Investitionsverpflichtung des Staates einführen. Schulz ging in Berlin bei der Vorstellung seines Plans auch mit Angriffen auf Merkel etwa in der Europapolitik die Offensive. Der SPD-Chef forderte unter anderem mehr Flüchtlingssolidarität in Europa, mehr Investitionen und mehr Gerechtigkeit. Das Papier fasst im Wesentlichen das Wahlprogramm zusammen.

"Trete für vier Jahre an"

Kanzlerin Merkel bekräftigte, dass sie bei einem Wahlsieg im September vier weitere Jahre regieren wolle. "Ich habe die feste Absicht, das genauso zu machen, wie ich es den Menschen gesagt habe", sagte sie mit Blick auf frühere Äußerungen, wonach sie für vier Jahre antrete. Allerdings gelte natürlich, dass wir "alle über unser Leben nur bedingt Verfügungsgewalt haben".

pab/qu (afp, dpa)