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Merkel drängt auf Lösung des Kosovokonflikts

23. August 2011

Merkel wirbt bei ihrem Serbien-Besuch um eine Annäherung des Landes an die EU – doch dafür müssten die Probleme mit dem Kosovo gelöst werden. Belgrad hofft, am Jahresende den Status eines Beitrittskandidaten zu erhalten.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Serbiens Präsident Boris Tadic in Belgrad (Foto: dapd)
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Serbiens Präsident Boris Tadic in BelgradBild: dapd

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Serbien aufgefordert, die Gespräche mit der Regierung des Kosovo in Pristina wieder aufzunehmen und den Konflikt schnell zu lösen. Dies sei eine Voraussetzung für den Beitritt des Landes in die Europäische Union, sagte Merkel am Dienstag (23.08.2011) in Belgrad nach einem Gespräch mit dem serbischen Präsidenten Boris Tadic. Ihr Besuch sei ein "Bekenntnis, dass Deutschland sich wünscht, dass Serbien Mitglied der EU wird. Serbien gehört nach Europa". Allerdings müssten dringend Resultate erzielt werden – ein direkter Dialog mit dem Kosovo. "Wir brauchen Fortschritte im Umgang miteinander. Ich weiß, die Probleme lassen sich nicht von heute auf morgen lösen", so Merkel. Aber sie müssten angegangen werden.

Serbien und das Kosovo (Grafik: DW)
Serbien erkennt das Kosovo - seit 2008 ein unabhängiger Staat - nicht anerkennen

Tadic erklärte, sein Land habe große Fortschritte bei der Umsetzung der von der EU geforderten Reformen gemacht. Er nannte Deutschland den "Schlüsselpartner Serbiens in der EU". Sein Land dringe auf die Mitgliedschaft in der EU. Einen Lösungsvorschlag zur Kosovofrage und dem anhaltenden Grenzkonflikt zwischen den beiden Staaten nannte der Präsident allerdings nicht. Belgrad weigert sich nach wie vor, das Kosovo anzuerkennen und betrachtet es weiterhin als Teil Serbiens – als eine serbische Provinz.

Das Kosovo hatte sich 2008 von Serbien abgespalten und seine Unabhängigkeit erklärt. Anerkannt wird das Kosovo seither von über 70 Staaten, auch von Deutschland. Serbien betrachtet die Sezession als völkerrechtswidrig und verlangt die Wiedereingliederung. Die kosovarische Bevölkerung besteht zu mehr als 90 Prozent aus ethnischen Albanern. Im Norden des Landes stellen Serben die Mehrheit.

Die Kanzlerin bemühte sich dennoch bereits am Dienstagmorgen vor ihrem Treffen mit Tadic, für eine weitere Annährung Serbiens an die EU zu werben. Sie traf sich in Belgrad mit Vertretern der serbischen Zivilgesellschaft und forderte diese nach Angaben von Teilnehmern auf, sich weiter für Reformen im Land einzusetzen.

Merkel trifft Politiker-Witwe Djindjic

Merkel traf Ruzica Djindjic, die Witwe des ermordeten serbischen Politikers Zoran Djindjic (Foto: dapd)
Merkel traf Ruzica Djindjic, die Witwe des ermordeten serbischen Ministerpräsidenten DjindjicBild: dapd

Merkel traf sich außerdem mit der Frau des 2003 ermordeten serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic, Ruzica Djindjic. Zudem kam sie mit Stipendiaten der Djindjic-Stiftung zusammen. Die Stiftung war von der Witwe ins Leben gerufen worden. Sie setzt sich das Ziel, die serbische Gesellschaft zu modernisieren. Dabei hat die Stiftung auch ein deutsches und österreichisches Programm, mit dem junge Menschen aus Serbien und der Region in diese beiden Länder geschickt werden. Das deutsche Programm wird von der deutschen Wirtschaft finanziert.

Im Vordergrund der deutschen Politik gegenüber Serbien steht die Unterstützung des Reformkurses. Seit dem demokratischen Umbruch im Jahr 2000 hat Deutschland rund 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Damit ist Deutschland nach Angaben des Auswärtigen Amtes neben den USA größter bilateraler Geber. Enge Verflechtungen zwischen Deutschland und Serbien existieren aufgrund der rund 300.000 Serben, die dauerhaft in Deutschland leben. Deutschland ist auch der wichtigste serbische Wirtschaftspartner – vor Russland und Italien.

Grenzkonflikt hemmt EU-Kandidatur

Die NATO-Truppe KFOR kontrolliert die Grenze zwischen Serbien und Kosovo (Foto: dapd)
Die NATO-Truppe KFOR kontrolliert die Grenze zwischen Serbien und KosovoBild: picture alliance/dpa

Serbien hat vor knapp zwei Jahren den Antrag auf Aufnahme in die Europäische Union gestellt. Die EU-Kommission will im Oktober beurteilen, ob das Land die Voraussetzungen für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erfüllt. Eine Entscheidung könnte dann beim EU-Gipfel im Dezember fallen. Der jüngste Konflikt an der serbisch-kosovarischen Grenze erschwert jedoch die Bemühungen; noch am Wochenende war der Konflikt wieder aufgeflammt. Vor allem Ende Juli war es an der Grenze zwischen dem Kosovo und Serbien zu heftigen Ausschreitungen gekommen.

Auslöser war ein Handelsstreit um Zollstempel. In einer Nacht rückten kosovarische Sondereinheiten an die Grenze vor, um zwei Kontrollposten zu sichern. Aufgebrachte Serben setzten daraufhin einen der Grenzposten in Brand, ein kosovarischer Polizist kam ums Leben. Seitdem kontrolliert die in der Region eingesetzte NATO-Truppe KFOR die Grenze.

Merkel hatte am Montag Gespräche in der kroatischen Hauptstadt Zagreb geführt, auch dabei war der Kosovo-Konflikt ein zentrales Thema. Merkel forderte von Kroatien, bei der Konfliktlösung in der Balkanregion zu helfen und seine Erfahrungen einzubringen.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, dapd)

Redaktion: Michael Wehling