G20-Gipfel: Schulterschluss statt Wahlkampf
24. September 2009Das Wetter meint es gut mit den Handwerkern und Technikern, die rund um den Reichstag im Einsatz sind. In der warmen Spätsommersonne werden hinter Straßensperren Übertragungswagen aufgestellt und Kabel verlegt, Gerüstbauer schrauben an Podien, auf denen am Sonntag die Fernsehmoderatoren aus aller Welt ins Bild gesetzt werden. Das Regierungsviertel rüstet sich für die Bundestagswahl. Wer wird gewinnen, wer hat in Berlin künftig das Sagen, wer wird die Republik in den kommenden vier Jahren regieren? Fragen, die in der Luft liegen, im Kanzleramt an diesem Donnerstagmorgen aber keine Rolle zu spielen scheinen. Die Bundeskanzlerin von der CDU und ihr Finanzminister von der SPD haben ihre Koffer gepackt, denn sie gehen - allem Wahlkampf zum Trotz - gemeinsam auf Dienstreise.
Merkel und Steinbrück: Finanzmärkte regulieren!
Bevor das Flugzeug nach Pittsburgh startet, erklären Angela Merkel und Peer Steinbrück den Berliner Journalisten noch einmal, um was es aus deutscher Sicht auf dem G20-Gipfel eigentlich gehen soll. Die Kanzlerin führt aus, ihr Minister unterstreicht und ergänzt. Gemeinsame Positionen werden verkündet, parteipolitische Meinungsverschiedenheiten sucht man vergebens. Die beiden sind ein eingespieltes Team, sie schätzen sich, das ist bekannt. Steinbrück drückt das auch optisch aus. Seine Krawatte, im Wahlkampf für gewöhnlich sozialdemokratisch rot, hat heute ein elegantes, schwarz-graues Muster. Der 62-jährige Finanzminister, das weiß man, würde sein Amt gerne auch nach der Wahl fortsetzen. Er hält die Große Koalition zwischen Union und SPD nicht für die schlechteste Lösung und betont auch immer wieder gerne, dass man gemeinsam viel erreicht habe. Auch in der Finanzpolitik.
Der Hund soll nicht den Wurstvorrat bewachen
Auf internationaler Ebene gibt es hingegen noch viel Arbeit, das machen die Kanzlerin und ihr Minister deutlich. Die wiedererstarkte angelsächsische Bankenlobby kann der Absicht, auf den Finanzmärkten die Regeln zu verschärfen, wenig abgewinnen. Merkel und Steinbrück wollen dafür sorgen, dass das in Pittsburgh nicht zum Stolperstein wird. Die Kanzlerin sagt, die Politik müsse ein Stück weit auch den Mut haben, etwas zu machen, das die großen Banken nicht begrüßen. Der frühere Bundeskanzler Ludwig Erhard, so führt Merkel aus, habe seiner Zeit auch nicht die Großindustrie gefragt, ob man das Kartellrecht verschärfen müsse. Steinbrück wird bildlich und bemüht dafür nicht etwa einen SPD-Politiker, sondern den früheren CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten. Franz Josef Strauß habe einmal gesagt, man dürfe einem Hund nicht den Wurstvorrat zur Bewachung überlassen.
Die Zeit drängt, das Flugzeug, das die Kanzlerin und ihren Finanzminister in die USA bringen soll, wartet. Ein - zumindest vorerst - letzter gemeinsamer Auftritt auf der heimatlichen politischen Bühne, bevor am Sonntag die Karten vielleicht neu gemischt werden.
Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Hartmut Lüning