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Politik

Merkel sieht guten Willen bei EU-Partnern

24. Juni 2018

In Brüssel haben 16 EU-Mitgliedsstaaten versucht, im Streit um den Umgang mit Flüchtlingen zu einer gemeinsamen Linie zu finden. Nach dem Mini-Gipfel kann Kanzlerin Merkel immerhin Lösungsmöglichkeiten erkennen.

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Merkel beim EU-Mini-Gipfel in Brüssel
Bild: picture alliance/AA/D. Aydemir

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den EU-Sondergipfel zu Migration und Asyl positiv bewertet. Das Treffen von 16 der 28 EU-Staats- und Regierungschefs habe "eine gute Debatte" zu Fragen des Außengrenzschutzes und der Verhinderung des Weiterreise von Asylbewerbern innerhalb der EU gebracht, sagte Merkel in Brüssel. Trotz "einiger Unterschiede" hätten die Teilnehmer "doch ein großes Maß an Gemeinsamkeit" festgestellt.

"Wir sind uns alle einig, dass wir die illegale Migration reduzieren wollen, dass wir unsere Grenzen schützen wollen", sagte die CDU-Vorsitzende. "Wo immer möglich" sollten "europäische Lösungen" angestrebt werden. "Wo dies nicht möglich ist, wollen wir die, die willig sind, zusammenführen und einen gemeinsamen Rahmen des Handelns erarbeiten."

Merkel hatte zum Auftakt des Sondergipfels ihren Plan bekräftigt, dazu "bi- oder trilaterale Absprachen zum gegenseitigen Nutzen" mit europäischen Partnern zu finden. Zu konkreten Fortschritten in diesem Bereich äußerte sich die Kanzlerin nach dem Treffen nicht. Auf der einen Seite könne die EU die Ankunftsländer in Südeuropa nicht alleine lassen, sagte Merkel lediglich. "Auf der anderen Seite können aber Schlepper und Flüchtlinge sich auch nicht aussuchen in welchem der europäischen Länder sie ihren Asylantrag bearbeiten lassen." Merkel kündigte an, es werde nun bis zum EU-Gipfel ab Donnerstag und auch darüber hinaus an allen Migrationsfragen weiter gearbeitet.

EU-Minigipfel
Die Kanzlerin mit einigen Teilnehmern des EU-Mini-Gipfels in BrüsselBild: picture alliance/AP Photo/Y. Herman

Italien schlägt Konzept mit "sicheren Häfen" im Mittelmeer vor

Italien hat bei dem Treffen in Brüssel als möglichen Ausweg aus dem Streit um die EU-Flüchtlingspolitik ein Konzept "sicherer Häfen" im Mittelmeer vorgeschlagen. Von dort aus sollen Migranten direkt in andere EU-Staaten verteilt werden, heißt es in einem Zehn-Punkte-Vorschlag. "Wer in Italien an Land geht, geht in Europa an Land", heißt es dort unter anderem. Italien und Spanien könnten nicht alleine die Menschen von den Rettungsschiffen im Mittelmeer aufnehmen.

Neu wäre, dass der EU-Staat, in dem sich der "sichere Hafen" befindet, nicht mehr wie bisher für das Asylverfahren aller dort ankommenden Menschen zuständig wäre. Alle Migranten, darunter auch Wirtschaftsmigranten, sollen direkt auf andere Mitgliedstaaten verteilt werden - bevor der Asylantrag final geprüft wird. "Für die Prüfung von Asylanträgen ist es erforderlich, zwischen dem sicheren Hafen der Ankunft und dem zuständigen Staat zu unterscheiden", heißt es in dem Papier.

Für die Verteilung der Menschen auf die EU-Länder sollen laut dem Vorschlag Quoten festgelegt werden. Wer niemanden aufnehmen wolle, könne sich auch finanziell beteiligen, heißt es in dem Papier. Eine direkte Umverteilung aus den "sicheren Häfen" würde die derzeit geltende sogenannte Dublin-Verordnung im Mittelmeer außer Kraft setzen. Diese besagt, dass der Staat für ein Asylverfahren zuständig ist, den ein Migrant zuerst betritt.

Asylpolitik droht Europa zu spalten

Das Thema droht die Europäische Union zu spalten und hat auch in Deutschland zu einem Streit zwischen CDU und CSU geführt. Während die Kanzlerin auf eine europäische Lösung setzt, dringt Innenminister Horst Seehofer auf einen nationalen Alleingang. Er will bestimmte Flüchtlingsgruppen bereits an der deutschen Grenze abweisen lassen. Mit der Asylproblematik wird sich Ende der Woche auch ein offizieller EU-Gipfel befassen.

Der EU-Sondergipfel hat aus Sicht Luxemburgs nichts mit dem politischen Schicksal von Bundeskanzlerin Merkel zu tun. "Es geht hier nicht um (das) Überleben einer Kanzlerin", sagte der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel vor dem informellen Treffen in Brüssel. Ziel seien Lösungen "für die Zukunft" und eine "gemeinsame Immigrations- und Asylpolitik". Es gehe nicht darum, "ob die Frau Merkel jetzt nächste Woche Kanzlerin bleibt oder nicht."

Auch Dänemarks Regierungschef Lars Lökke Rasmussen wies zurück, dass es bei dem Treffen um Merkel gehe. "Nein, bei diesem Treffen geht es darum, die europäische Krise zu lösen". In dieser seien allerdings schon Fortschritte erzielt worden. So verzeichne Dänemark inzwischen "die niedrigste Zahl von Asylbewerbern seit neun Jahren". Dies liege auch an europäischen Vereinbarungen wie dem Flüchtlingsabkommen mit der Türkei.

Verstärkte Grenzkontrollen heftig umstritten

Eine mögliche Rücknahme von Flüchtlingen, aber auch verstärkte Grenzkontrollen sind heftig umstritten. So lehnt die italienische Regierung bilaterale Vereinbarungen ab. Österreich und die Niederlande fordern, Asylzentren außerhalb Europas einzurichten; Frankreich und Spanien sprechen sich für geschlossene Flüchtlingszentren innerhalb Europas aus.

Eine zunächst geplante gemeinsame Abschlusserklärung des Treffens wurde zurückgezogen, nachdem die italienische Regierung scharf gegen einen vorbereiteten Entwurf protestiert hatte. Er sah eine härtere Gangart gegenüber Asylbewerbern vor, die eigenmächtig zwischen Mitgliedstaaten wechseln. Italiens Innenminister Matteo Salvini warf den EU-Ländern vor, sein Land zum "Flüchtlingslager" Europas machen zu wollen.

Der Sondergipfel soll den EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag vorbereiten. Merkel muss bis dahin europäische Ergebnisse vorweisen, um im innenpolitischen Asyl-Streit gegen die CSU zu bestehen.

hf/kle (rtr, epd, dpa)