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Politik

Menschenhändler in Thailand verurteilt

19. Juli 2017

Ein Strafgericht in Bangkok hat Dutzende Menschenhändler in einem Massenverfahren verurteilt, unter ihnen einen ranghohen General. Ein wichtiger erster Schritt, um den Menschenhandel einzudämmen, sagen Menschenrechtler.

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Bildergalerie - Thailand schleppt Flüchtlingsschiff auf das offene Meer zurück
Bild: Getty Images/Afp/C. Archambault

Zwei Jahre nachdem die Bilder von Massengräbern im thailändischen Dschungel und überfüllten Booten verzweifelter Flüchtlinge aus Myanmar und Bangladesch um die Welt gingen, geht der bisher größte Menschenhandel-Prozess der thailändischen Justizgeschichte zu Ende. Auf der Anklagebank sitzen mehr als 100 Beschuldigte. Ihnen werden unter anderem Menschenhandel, Erpressung und Mord vorgeworfen. Einigen droht eine lebenslange Haftstrafe, im Falle einer Verurteilung für Mord sogar die Todesstrafe. Bisher wurden mehr als 20 Urteile verkündet, weitere werden in den nächsten zwei Tagen erwartet.

Thailand Grenze Myanmar Massengrab Migranten
(Archiv) Massengrab der Rohingyas in Thailand 2015Bild: Reuters/S. Boonthanom

Das Mafia-Netzwerk aus Schlägern, Seeleuten, Lokalpolitikern, Polizisten und Armeeangehörigen war von den thailändischen Behörden 2015 zerschlagen worden. Es hatte Flüchtlinge aus Myanmar, überwiegend Angehörige der in Myanmar diskriminierten muslimischen Minderheit Rohingya, über Thailand nach Malaysia oder Indonesien gebracht. Die Flüchtlinge wurden mit dem Versprechen der Schleusung gelockt und dann in Camps im thailändischen Dschungel festgehalten, bis Angehörige aus den Heimat- oder Zielländern ein Lösegeld gezahlt hatten. Viele der Flüchtlinge überlebten die Camps nicht. Sie verhungerten, fielen der Malaria zum Opfer oder wurden von den Bewachern umgebracht. Im Mai 2015 wurde ein Massengrab mit 36 Leichen entdeckt.

Thailand: Drehscheibe des Menschenhandels

Mit Generalleutnant Manas Kongpan sitzt ein hochrangiger Militär auf der Anklagebank. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war er Oberbefehlshaber der Operation "Interne Sicherheit" für Südthailand ("Internal Security Operations Command" (ISOC)), eine militärische Spezialeinheit mit weitreichenden Befugnissen, die etwa Durchsuchungen ohne Rücksprache mit der zivilen Regierung anordnen kann. 2015 soll ISOC unter anderen dafür verantwortlich gewesen sein, seeuntüchtige Flüchtlingsboote wieder zurück aufs offene Meer geschleppt zu haben.

Thailand Bangkok - Lieutenant General Manas als Menschenhändler verdächtigt erreicht den Gerichtssal
Generalleutnant Manas Kongpan (M.)Bild: Reuters/A. Perawongmetha

Die Ereignisse von 2015 und die Verstrickung der thailändischen Sicherheits- und Zivilbehörden haben das US-Außenministerium dazu veranlasst, Thailand im Jahresbericht für Menschenschmuggel ("Trafficking in Persons Report") 2015 auf die niedrigste Stufe zu setzen. Das bedeutet, dass ein Land die minimalsten Standards im Kampf gegen den Menschenhandel nicht vollständig erfüllt und auch keine sichtbaren Anstrengungen unternimmt, das zu ändern. Im aktuellen Bericht von 2017 steht Thailand auf Stufe zwei. Es sind nach US-Einschätzungen zwar nicht alle minimalen Standards erfüllt, aber zumindest versucht die Regierung, diese umzusetzen.

Das soll unter anderem der aktuelle Prozess zeigen. Wie wichtig es dem thailändischen Regime ist, den Korruptionsverdacht vom Militär abzulenken, zeigt auch eine Äußerung von Premierminister und Ex-General Prayuth Chan Ocha, der 2014 durch einen Putsch an die Macht gekommenen war: "Durch Generalleutnant Manas allein wird nicht das ganze Militär zusammenbrechen."

Infografik Flucht aus Myanmar
Fluchtwege der Rohingjas

Viele Unregelmäßigkeiten

Menschenrechtsorganisationen wie Fortify Rights, die den Prozess seit zwei Jahren kritisch begleiten, sehen die Urteile als "wichtigen Fortschritt in Thailands Kampf gegen den Menschenhandel" an. Der Prozess markiere "eine noch nie dagewesene Anstrengung der thailändischen Behörden, die Täter zur Verantwortung zu ziehen", hieß es in einer Pressemitteilung.

Allerdings gebe es auch viele zum Teil schwerwiegende Unregelmäßigkeiten. Während der Beweisaufnahme wurden Dolmetscher und Zeugen immer wieder eingeschüchtert und bedroht, berichtet Fortify Rights. Im März 2016 verabschiedete das thailändische Kabinett eine Resolution, nach der Zeugen in Fällen von Menschenhandel besser geschützt werden sollten. Die Resolution fand jedoch keine Anwendung auf Zeugen der ethnischen Minderheit der Rohingya, die in Einrichtungen der Regierung Zuflucht gefunden hatten.

Insgesamt sei es der thailändischen Regierung nicht gelungen, die Prozessbeteiligten in allen Fällen ausreichend zu schützen. Besonders drastisch zeigt das der Fall des leitenden Ermittlers, Polizei-Generalmajor Paween Pongsirin. Der verließ Thailand kurz nach Beginn des Prozesses. Als Grund dafür gab er an, hochrangige Regierungsmitglieder hätten ihn bedroht.

Eine ganz freie Berichterstattung über den Prozess hat das Gericht nicht zugelassen. Als Grund dafür wurde die nationale Sicherheit angegeben. Mit der gleichen Begründung wurde während des Verfahrens die Aussage des angeklagten Generals Manas Konpang nur hinter verschlossenen Türen aufgenommen.

Bangladesch Rohingya Flüchtlinge im Flüchtlingslager Kutupalang
(Archiv) Rohingyas im bangladeschischen FlüchtlingslagerBild: picture-alliance/dpa/N. Islam

Ursachen bekämpfen

Fortify Rights hält es für notwendig, dass die thailändische Regierung das gesamte Verfahren sorgfältig prüft, um in zukünftigen Fällen vergleichbare Probleme und Schwierigkeiten zu vermeiden. Außerdem sei der Menschenhandel mit den Urteilen nicht einfach erledigt. "Thailand hat noch einen langen Weg vor sich, um die Rechte derjenigen, die von Menschenhändlern ausgebeutet, gefoltert und getötet wurden, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen."

Nach UN-Angaben wurden zwar seit Mitte 2015 keine weiteren Bootsflüchtlinge der Rohingya registriert. Aber etwa 74.000 Rohingya seien über den Landweg nach Bangladesch geflohen, sagt Vivian Tan vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in Bangkok gegenüber der Deutschen Welle.

Für eine nachhaltige Bekämpfung des Menschenhandels müssten vor allen Dingen die Ursachen angegangen werden, sagte die geschäftsführende Direktorin Amy Smith im Interview mit der Deutschen Welle: "Wir hoffen natürlich, dass sich die Ereignisse von 2015 nicht wiederholen. Aber das Risiko besteht." Denn die Menschenrechtslage der Rohingya in Myanmar ist nach wie vor besorgniserregend. Hier sei ein Ansatz auch für Thailand, die Regierung in Myanmar in die Pflicht zu nehmen.

 

Rodion Ebbinghausen DW Mitarbeiterfoto
Rodion Ebbighausen Redakteur der Programs for Asia