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Meinung: Es geht nicht um Sexismus

Iveta Ondruskova29. Januar 2013

Das mitternächtliche Gespräch zwischen dem Politiker Brüderle und einer Journalistin hat eine heftige Diskussion über Sexismus entfacht. Iveta Ondruskova meint, die junge Frau habe den FDP-Spitzenkandidat provoziert.

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Am Anfang der Geschichte steht ein Missverständnis. Eines zwischen ihr und ihm. Sie: 28 Jahre jung, Journalistin. Er: 67 Jahre alt, Politiker. Tatort: eine Hotelbar in Stuttgart im Januar 2012. Tatzeit: Mitternacht. Was ist passiert?

"Wie finden Sie es, im fortgeschrittenen Alter ein Hoffnungsträger zu sein?", mit dieser Frage habe das Gespräch begonnen, schreibt die Journalistin in ihrem Artikel. Brüderle steht da mit einem Glas Wein in der Hand und nicht dem ersten an diesem Abend.

Auf Beleidigung folgt Gegenbeleidigung

Es war nun mal keine schmeichelhafte Frage. Sie konnte in seinen Ohren klingen wie: Hey Alter, hast du mit deinen fast 70 Jahren überhaupt noch Kraft genug, um die Hoffnungen meiner Generation zu verkörpern?

Das war – wie es scheint – der Stein des Anstoßes. Eine Provokation. Die Frage nach dem fortgeschrittenen Alter. Und die kann durchaus auch als Arroganz der Jugend verstanden werden.

An der Stuttgarter Bar konterte er wie folgt – Zitat: "Sie können auch ein Dirndl ausfüllen." Eine Anspielung auf die dralle Figur, welche ein traditionelles bayrisches Dirndl erst so richtig zur Wirkung bringt. Das war nicht gentlemanlike.

Sie das Opfer, er der Täter?

Das Fazit des Mitternachtstreffens an der Bar scheint ganz simpel: sie beleidigt ihn, er beißt zurück. Sie diskriminiert ihn wegen seines Alters, er ist uncharmant ihr gegenüber, also 1:1.

In ihrem Artikel stellt sie sich ein Jahr später anders dar: sie, die junge Frau, ist das Opfer und er, der alte Mann das Biest, der Sexist. Sie unterstellt ihm Sexismus. Moment mal! Sie kann also unverschämt sein, er aber nicht? Nein, das ist nicht fair. Auch über Fähigkeiten eines Menschen nur aufgrund seines Alters zu urteilen ist unanständig.

Ihr Problem ist sein Alter

Es geht im Kern also nicht um Sexismus. Am Anfang steht eine Provokation, die später instrumentalisiert wird. Im Zeitalter des Internets schlägt das hohe Wellen. Es geht um Angriff und Gegenangriff. Vielleicht um ein Kommunikationsproblem. Und vielleicht um einen Generationenkonflikt. Zwischen ihr und ihm. Sie könnte seine Enkelin sein.

Schlammschlacht um Berlin beginnt

Und warum jetzt? In Deutschland wird im Herbst der Bundestag neu gewählt. Die Schlacht um die Macht – wie es scheint – sie hat soeben begonnen. Der Artikel von ihr erscheint nämlich ausgerechnet dann, als er zum Spitzenkandidaten gekürt wird. Und: Fortsetzung folgt. Bestimmt. Willkommen in der Rüpel-Republik Deutschland!