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Politik

Elon Musks absurde Twitter-Abstimmung

19. Dezember 2022

Seitdem der Egomane Twitter übernahm, herrscht dort das blanke Chaos. Jetzt stellte Elon Musk seine Person zur Abstimmung. Doch das ist eine Farce, meint Martin Muno.

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Elon Musk
Die User wollen ihn nicht mehr als Twitter-Chef - er bleibt aber sicher präsentBild: Mike Blake/REUTERS

Knapp 58 Prozent aller 17,5 Millionen Abstimmenden sagten ja, als Elon Musk sie per Tweet fragte, ob er als Twitter-Boss zurücktreten solle. Was sagt uns das?

Die kurze Antwort lautet: nichts. Die lange lautet: Musk scheint langsam die Lust an seinem neuen, für 44 Milliarden Dollar gekauften Lieblingsspielzeug zu verlieren. Denn seit dem Kauf hat er nichts als Ärger am Hals. Doch Mitleid mit dem Mann, der jetzt nur noch zweitreichster Mann der Welt ist, ist fehl am Platz. Denn die Misere hat Musk selbst verschuldet, weil er sich verhält wie ein vierjähriges, trotziges Kind.


Twitter ist eine globale Kommunikationsplattform

Twitter ist nicht irgendeine Luxusware, Twitter ist eine der wichtigsten globalen Kommunikationsplattformen - wenn nicht gar die wichtigste. Weltweit nutzen Politikerinnen und Spitzenmanager, Regierungen und NGOs, Journalistinnen und Wissenschaftler, Stars und ganz normale Menschen den Gratis-Dienst, um Informationen zu verbreiten, sich zu informieren oder auszutauschen.

Porträt von Muno Martin
DW-Redakteur Martin Muno

Und auch wenn es bei Twitter immer wieder Probleme mit Hass und Hetze gab, funktionierte das System jahrelang halbwegs gut; nicht zuletzt, weil viele User sanktioniert wurden. Prominentestes Beispiel war Ex-Präsident Donald Trump, dessen Account gesperrt wurde, nachdem er Twitter nutzte, um zum Sturm auf das Kapitol aufzurufen.

Chaos und QAnon

Als Musk Twitter übernahm, brach das Chaos aus. Erst entließ er die Hälfte aller Mitarbeitenden, nur um viele von ihnen wenig später (meist vergeblich) zu überreden, wieder anzuheuern. Ebenso wurde jede und jeder gefeuert, der es wagte, den neuen Big Boss zu kritisieren.

Dem ehemaligen Twitter-Sicherheitschef unterstellte Musk gar Sympathie für Pädophile und löste damit eine Reihe von Morddrohungen aus - natürlich gab es für die Unterstellung in QAnon-Manier keine faktische Grundlage. Auch in weiteren Tweets zeigte sich Musk als Anhänger rechter Verschwörungsmythen.

Was er wirklich von Meinungsfreiheit hält, zeigte er, als er binnen weniger Tage hunderte gesperrter rechtsextremer Accounts wieder zuließ, gleichzeitig aber Journalist*innen sperrte, die es wagten, seine - ohnehin öffentlich zugänglichen - Flugbewegungen zu posten.

Verbranntes Geld

Die Folge dieses unternehmerischen Amoklaufs: Hunderte Werbepartner sprangen ab und Musks Image hatte auch Auswirkungen auf den Börsenkurs des Autobauers Tesla, dessen CEO er ist. Seit Jahresbeginn hat sich der Tesla-Aktienkurs halbiert. Musks Privatvermögen sank um rund 100 Milliarden Dollar. 

Die wahrscheinlichste Möglichkeit für Twitters Zukunft ist, dass Musk in den nächsten Monaten einen ihm ergebenen Statthalter einsetzt, um sich wieder um seine unternehmerischen Pflichten bei Tesla und seiner Raumfahrtfirma SpaceX zu kümmern. Wer dagegen glaubt, Musk würde Vernunft annehmen und Twitter wieder zu der Plattform machen, die es mal war, glaubt auch an den Weihnachtsmann.

Kommentarbild Muno Martin
Martin Muno Digitaler Immigrant mit Interesse an Machtfragen und Populismus