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Meine Oma, das Regime und ich

Klaus Jansen6. Mai 2014

Wie lebt es sich in einer Diktatur? Die Internationalen Volontäre der DW haben dazu ihre eigenen Großmütter befragt. Das Ergebnis ist ein umfangreiches Multimedia-Projekt aus sechs Ländern.

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DW-Voloprojekt "Oma, das Regime und ich" (Foto: persönliches Archiv)
Bild: privat

Weißrussland, Brasilien, Chile, China, Kenia und die DDR: Weltweit haben Menschen unter totalitären Regimen gelitten, in einigen Ländern leiden sie noch heute. Die großen politischen Zusammenhänge dazu sind bekannt, das Leben wichtiger Galionsfiguren des Widerstandes wurde in Filmen und Büchern beleuchtet. Doch im Dunkeln bleibt oft, was die Zeit der Diktatur für Familien bedeutete, für das ganz normale Leben.

Jetzt blickt die Enkelgeneration zurück, mit Hilfe ihrer Großmütter. "Ihr seid ein besonderer Jahrgang, macht was draus", wurden die Internationalen Volontäre der Deutschen Welle von ihren Medientrainern ermutigt. "Als wir die Idee schließlich hatten war das ein Selbstläufer. Heute stehen wir da und alles ist fertig, zwölf Monate später", erzählt Carolina Machhaus. Sie hat zusammen mit einer Kollegin ihre Großmutter in Chile besucht.

Viel Zeit für Recherche, direkter Zugang zu den Menschen, absolutes Vertrauen und Glaubwürdigkeit: Was nach dem Traum eines jeden investigativen Journalisten klingt, haben sich die Auszubildenden der Deutschen Welle mit dem Projekt #link:http://dw.de/oma:"Meine Oma, das Regime und ich"# selbst erfüllt. Ein bis zwei Wochen lebten sie in Zweierteams direkt bei den Familien und bekamen so alles hautnah mit.

Oma in Kenia (Foto: DW)
Anyangos Schicksal war lange nicht bekannt, ihr berühmter Mann verbrachte viele Jahre in politischer Gefangenschaft

Schicksale abseits des Rampenlichts

Dabei sind die unterschiedlichsten Geschichten entstanden. "Das ist genau das Interessante dabei", sagt Yalda Zarbakhch, die zusammen mit Volontärin Sella Oneko in Kenia recherchierte. "Es gibt hochpolitische Familien, und solche, bei denen es einfach nur ums Überleben ging." Gerade die Familienerzählungen aus Kenia sind äußerst politisch. Schon im #link:http://www.dw.de/trailer-meine-oma-das-regime-und-ich/av-17582573:Trailer zum Multimedia-Projekt#, der über 45.000 Mal angeklickt wurde, erzählt Sella Onekos Oma Anyango von ihrem Mann. Er war erst Widerstandskämpfer, dann in der Regierung, dann wurde er von Präsident Kenyatta - einem vermeintlichen Freund - fallen gelassen. "Wie kann man seinen Freund verhaften? Das ist nicht gut", sagt die alte Frau, die lange geschwiegen hatte. Ihrer Enkelin gegenüber hat sie sich jetzt geöffnet.

Internationale Volontäre der DW (Foto: DW)
Die Internationalen Volontäre der DW haben am 5. Mai ihren Ausbildungsabschluss gefeiertBild: DW/C.Hauswedell

Weit über zehn Jahre verbrachte Sella Onekos Opa im Gefängnis. Die neue Geschichte, die jetzt auch erzählt wird, ist, welche Opfer die Großmutter auf sich nehmen musste, als ihr Mann in Haft war. "In dieser Zeit musste die Oma zehn Kinder ernähren und zur Schule bringen, die Familie zusammenhalten und alles finanzieren", fasst Carolina Machhaus das Schicksal der Großmutter zusammen.

Risiko bei der Berichterstattung

Aber nicht alle Geschichten konnten die Volontäre erzählen. Lange Zeit hatte Yalda Zarbakhch überlegt, ob sie ihre iranische Großmutter interviewen könnte. Sie hat sich letztlich dagegen entschieden, aus Sicherheitsgründen. "Der Iran ist immer noch kein freier Staat. Das Risiko, dass meine Verwandten dort Probleme bekommen, war einfach zu groß", meint sie im DW-Gespräch. Auch sie selbst hätte wohl nicht frei aus dem Iran heraus berichten können.

Aus diesem Grund drehte das Team in China nur mit einer kleinen unscheinbaren Kamera und ließ die große Ausrüstung zu Hause. Eine Volontärin erhielt kein Einreise-Visum nach China, möglicherweise, weil ihr Kollege dort schon als Journalist aktiv war.

Deutsche Welle Internationale Volontäre - Yalda Zarbakhch (Foto: DW)
Yalda Zarbakhch hätte gern im Iran gedreht, doch es war zu gefährlichBild: DW

Familien neu kennengelernt

Für die Volontäre der Deutsche Welle selbst waren es höchst persönliche Reisen in die Familienvergangenheit mit vielen Überraschungen. "Die wussten, dass da was war, aber sie kannten die Details nicht" beschreibt Medientrainer Michael Karhausen von der DW Akademie das Projekt. "Durch die Interviews sind Sachen nach oben gekommen, die die eigene Familie nicht gewusst hatte. Dadurch haben sie ihre Familie noch einmal neu kennengelernt."

In persönlichen Tagebüchern, mit Fotos, Videos und einer einordnen Zeitleiste erzählen die angehenden Redakteure der Deutschen Welle in "Meine Oma, das Regime und ich" ausführlich über ihre Erfahrungen mit ihren Großeltern. Und die Schicksale der Regime-Generation haben heute noch Relevanz. Auf der #link:http://on.fb.me/1nklHG2:Facebook-Seite der DW Akademie# erzählt Volontärin Iryna Shapakouskaya über ihre Großmutter in Weißrussland: "Meine Oma kann jedem beibringen, dass man auch nach großen Verlusten wieder Glück im Leben finden kann."

Überleben in Weißrussland (Foto: persönliches Archiv)
Überleben in Weißrussland: Optimismus hilft über alles hinwegBild: privat

Das Multimedia-Projekt ist seit Montag (05.05.2014) online. Das letzte Projekt dieser Art, das DW-Special #link:http://www.dw.de/themen/plan-b/s-32039:"Plan B"# , hat im vergangenen Jahr den wichtigsten deutschen Online-Preis, den #link:http://www.dw.de/deutsche-welle-gewinnt-grimme-online-award/a-16899365:"Grimme Online Award"#, erhalten.