"Mein Freund Tony"
18. Februar 2004"Soviel gibt es da gar nicht zu kitten", sagt Reinhardt Rummel, Mitarbeiter der Stiftung für Wissenschaft und Politik. Die deutsch-britischen Beziehungen hätten sich stets im Windschatten der deutsch-amerikanischen bewegt. Was nicht bedeute, dass es keine Reibungspunkte zwischen Großbritannien und Deutschland gebe - "gerade im Bereich Irak".
Als sich der Bundeskanzler vom Irak-Krieg distanzierte, blies aus den USA ein rauer politischer Wind. US-Präsident Bush ließ sich Monate Zeit, bevor er überhaupt wieder mit dem deutschen Kanzler telefonierte. Die Beziehung zu den Briten habe das jedoch nicht ins Kühlhaus gebracht - "dazu währt die Wahlverwandschaft zwischen beiden Staaten schon zu lange", erklärt Rummel weiter.
Konflikte haben keinen Sensationscharakter
Dabei haben Großbritannien und Deutschland in wichtigen politischen Fragen gänzlich verschiedene Ansichten. "Für Deutschland ist die EU kein schwieriges Thema, aber der Einsatz militärischer Mittel. Für uns ist es umgekehrt", fasste einst Tony Blair zusammen. "Es gibt Unterschiede zwischen Großbritannien und Deutschland", sagt auch Reinhardt Rummel, "aber sie werden in einer Form ausgetragen, die keinen Sensationscharakter hat." Konstruktiv versuchten beide Länder auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
Der "Ausrutscher" Irak
Den offensichtlichen Konflikt beim Irak-Krieg bezeichnet Rummel als "Ausrutscher", der passieren kann. Beide Seiten seien sofort bereit gewesen, den Schaden zu begrenzen. Weder Großbritannien noch Deutschland wollten, dass so etwas noch einmal passiert. Wie alle Staats- und Regierungschefs der EU haben Schröder und Blair im Sommer 2003 das "Solana-Papier" unterzeichnet. Damit einigten sie sich auf eine gemeinsame globale Sicherheitsstrategie. Beide Länder seien jetzt wachsamer, falls jemand drohe davon abzudriften, so Rummel.
Arbeitsgemeinschaft Schröder - Blair
Die Partnerschaft zwischen Großbritannien und Deutschland ist weniger historisch oder emotional begründet, wie beispielsweise die deutsch-französischen Beziehungen. Sie ist eher eine Arbeitsgemeinschaft. Hin und wieder stellen Gerhard Schröder und der englische Premier Tony Blair gemeinsame Papiere zu politischen Fragen vor. 1999 äußerten sie sich zur Modernisierung der sozialdemokratischen Politik in Europa, drei Jahre später zu einer Reform des Europäischen Rates.
Die beiden Regierungschefs verstehen sich persönlich gut. Treffen beide aufeinander, zeigen sie sich einträchtig. "Mein Freund Tony Blair", sagt Gerhard Schröder dann. "Gerhard Schröder ist ein guter Freund von mir", echot Tony Blair.
Wölkchen am Horizont
Eitel Sonnenschein - nur manchmal ziehen Wölkchen vorbei. Bei aller konstruktiven Zusammenarbeit sind sich Schröder und Blair nicht immer einig. So sei man nach wie vor uneins, wie die Demokratisierung des Irak zeitlich ablaufen solle, sagt Reinhardt Rummel. Auch Fischers Nahostplan, nach dem die EU die Hauptrolle im Friedensprozess übernehmen soll, könnte polarisieren. "In dieser Frage muss sich Großbritannien sicher noch einmal bei den USA rückversichern", so Rummel.
Klarer Reibungspunkt ist auch die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Die Briten kritisieren, dass Deutschland wichtige Reformen nicht angehe. "Großbritannien ist uns zehn Jahre voraus, wir können allenfalls erwarten, dass uns die Leviten gelesen werden", meint Rummel.