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Mehrheit für Regierungskoalition

Peter Hille, Bouba Jalo7. Juli 2012

Senegals neuer Präsident Sall kann sich freuen: Seine Koalition hat die Parlamentswahl gewonnen. Die neue Nationalversammlung wird weiblicher und, so glauben Beobachter, bunter und debattierfreudiger.

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Senegals Präsident Macky Sall (Foto: AP)
Bild: AP

Es ist die überwältigende Mehrheit, die der Präsident sich gewünscht hatte: 119 von 150 Sitzen in der Nationalversammlung gehen an die Koalition "Benno Bokk Yakar". Das Parteienbündnis des Präsidenten Macky Sall erreicht damit die absolute Mehrheit im Parlament in Dakar. Das ist das vorläufige Endergebnis der Wahlen vom vergangenen Sonntag (01.07.2012).

Die Senegalesen hatten Sall erst im März in einer umkämpften Direktwahl zum Präsidenten gekürt. Er löste Abdoulaye Wade ab, der zwölf Jahre regiert und am Ende seiner Amtszeit einen immer autoritäreren Regierungsstil gepflegt hatte. Die Partei des Ex-Präsidenten, die Demokratische Senegalesische Partei (PDS), konnte diesmal nur zwölf Mandate erringen. Sie hatte bislang das Parlament dominiert.

Das Parlament gewinnt an Bedeutung

Der neue Präsident Macky Sall verfügt damit über die nötige Mehrheit im Parlament, um seine angekündigten Reformvorhaben umzusetzen. Er hat bereits angekündigt, das Bildungssystem des Landes verbessern zu wollen. Fast zwei Drittel der Senegalesen können nicht lesen und schreiben, das Schulsystem gilt als marode. Gleichzeitig will Sall die Wirtschaft ankurbeln, die Staatsausgaben senken und die Armut bekämpfen.

Parlamentsgebäude in Dakar (Foto: cc-by-saBernard bill5)
Wird hier bald mehr diskutiert? Das Parlamentsgebäude in DakarBild: cc-by-saBernard bill5

Doch auch wenn Sall auf dem Papier über eine komfortable Mehrheit verfügt, wird die neue Nationalversammlung wohl nicht zu einer Applaudierkammer des Präsidenten werden. Unter Wade war das Parlament dafür bekannt, die Gesetzesvorhaben der Regierung durchzuwinken, ohne sie im Detail zu diskutieren.

Diskussion statt Applaus

Denn Salls Koalition "Benno Bokk Yakar", deren Name in der Landessprache Wolof für "Vereint für eine gemeinsame Hoffnung" steht, ist ein Bündnis zahlreicher Parteien. Salls eigene Partei, die "Alliance pour la République" (APR), besetzt zwar die wichtigsten Ministerposten in der Regierung, verfügt im Parlament aber nur gemeinsam mit den Koalitionspartnern über eine Mehrheit.

Schüler im Senegal (Foto: picture alliance/ausloeser-photographie)
Mehr Bildung für alle? Macky Sall will in das Schulsystem investierenBild: picture alliance/ausloeser-photographie

"Ich denke, wir werden eine Nationalversammlung haben, in der sehr viel mehr debattiert und diskutiert werden wird als bisher", sagt der senegalesische Politologe und Journalist Mame Less Camara im Gespräch mit der DW. Camara geht davon aus, dass die Abgeordneten sich sehr viel weniger als bisher dem Präsidenten verpflichtet fühlen werden. "Alle Entscheidungen werden deshalb zukünftig von echten Diskussionen begleitet", meint Camara. "Das ist eine Zäsur!" Die Regierung müsse in Zukunft sehr bedacht vorgehen, damit ihre Gesetzesvorhaben nicht abgelehnt werden.

Wie im Sport, so in der Politik

Das neue Parlament könnte nicht nur diskussionsfreudiger werden, es wird auch weiblicher. Bislang war nur jedes fünfte Parlamentsmitglied eine Frau. Doch nun werden immerhin 64 der 150 Sitze in der Nationalversammlung von Frauen eingenommen. Grund für diesen Anstieg: ein Gesetz zur politischen Gleichberechtigung, das 2010 verabschiedet wurde. Es sieht vor, dass alle Parteilisten paritätisch besetzt sein müssen.

Das sei ein bisschen wie im Sport, erklärt Abdou Aine, Politikberater aus dem Senegal. "Es gibt zwei Rennen: eines für Männer und eines für Frauen. Die Männer mit den meisten Stimmen gewinnen ihr Rennen, aber die Frauen mit den meisten Stimmen gewinnen ebenfalls", so Aine.

Eine echte Volksvertretung?

Für viele Beobachter enttäuschend war die geringe Wahlbeteiligung. Nicht einmal 37 Prozent der Wahlberechtigten gingen an die Urnen. Ute Bocandé, für die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung in Dakar tätig, berichtete der DW während des Wahlkampfs, dass Veranstaltungen der Parteien sehr schlecht besucht waren. Das Interesse der Bevölkerung an den Wahlen sei insgesamt gering gewesen. Ganz im Gegensatz zur Präsidentenwahl im Frühjahr, die von Auseinandersetzungen mit Toten und Verletzten überschattet war.

Stimmabgabe bei der Wahl 2012 (Foto: Reuters)
Gang zur Urne: Präsidentschaftswahl 2012Bild: Reuters