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Mehr Mut zum unternehmerischen Risiko!

Sabine Kinkartz6. April 2006

Auf den ersten Blick scheint es so, als ob die Deutschen eine Gründernation wären; in den vergangenen drei Jahren machten sich jeweils rund 1,5 Millionen Menschen selbständig. Doch ihr Mut zum Risiko könnte größer sein.

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In Punkto Existenzgründung haben die Deutschen zu viel Angst vorm RisikoBild: AP

Jeder zehnte Erwerbstätige in Deutschland arbeitet heute auf eigene Rechnung, vor 20 Jahren war es nur jeder vierzehnte. Doch gemessen an anderen Ländern sind diese Zahlen wenig beeindruckend, denn im internationalen Vergleich ist Deutschland nur Mittelmaß, wie Norbert Irsch, Chefvolkswirt der KFW-Bankengruppe betont: "Zu den wichtigen Gründungshemmnissen in unserem Land gehört der Deutsche selbst. Im internationalen Vergleich zeichnen wir uns durch eine besonders hohe Risiko-Aversion, einen besonders starken Pessimismus und ein besonders geringes Selbstvertrauen in unsere gründungsbezogenen Fähigkeiten aus."

Das geht aus dem diesjährigen "Global Entrepreneurship Monitor" (GEM) hervor, der am Mittwoch (5.4.) in Berlin vorgestellt wurde. Für den GEM wurden weltweit rund 1300 Gründungsexperten sowie mehr als 100.000 Bürger befragt. In der Gesamtwertung belegt Deutschland in dieser Studie ziemlich abgeschlagen Platz 23 von 35.

Andere Nationen sind wesentlich gründungsfreudiger

Besonders gründungsfreudig sind die Menschen in Venezuela, Thailand und Neuseeland. Die USA belegen nach China Platz sechs, besser abgeschnitten als die Deutschen haben aber unter anderem auch die Briten, Norweger, Schweizer und Griechen.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Gründungsquote in Deutschland trotzdem gestiegen, vor allem, weil Gründungen aus ökonomischer Not weiter zugenommen haben, wie Ulrich Walwei, vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit feststellt: "Auf eine Gründung aus der Not kommen nur zwei Opportunity-Gründer, also Selbstverwirklicher. Das ist im internationalen Vergleich sehr wenig. In anderen Ländern liegt der Anteil der Selbstverwirklicher, die unternehmerische Ideen in den Vordergrund stellen, deutlich höher."

Zu viele Existenzsicherer, zu wenig "Opportunity-Gründer"

In den Niederlanden liegt diese Quote bei eins zu elf, in den USA bei eins zu sieben. Doch es sind gerade die klassischen Unternehmertypen, die nach Unabhängigkeit streben, eine Idee verwirklichen und dabei ein hohes Einkommen erzielen möchten, die Arbeitsplätze schaffen - und nicht die reinen Existenzsicherer, deren Zahl durch staatliche Förderprogramme wie die Ich-AG und das Überbrückungsgeld aber immer weiter zunimmt.

Eine Kultur der Selbstständigkeit ist in Deutschland nur schwach ausgeprägt. Jeder zweite potenzielle Unternehmensgründer hat Angst davor zu scheitern. Jeder dritte glaubt, dass er gar nicht über das Wissen und die Fähigkeit verfügt, um ein Unternehmen zu gründen.

Das Bildungssystem ist gefragt

Ein Umstand, für den Rolf Sternberg, Professor an der Universität Hannover, vor allem auch das deutsche Bildungssystem verantwortlich macht: "Was wird in Schulen getan, um heranwachsenden Schülern eine Einstellung zu vermitteln, die eine selbständige unternehmerische Tätigkeit als gleichberechtigte Alternative zur abhängigen Tätigkeit bietet? Da ist das Ergebnis für Deutschland sehr negativ. Hier ist viel zu tun."

Ein Lichtblick, so stellt die Studie fest, ist in Deutschland allein die öffentliche Förderlandschaft mit ihren zahlreichen Programmen - in diesem Punkt belegt Deutschland Rang vier. Allerdings hapert es dann wieder bei der Bereitstellung von Eigen- und Fremdkapital durch Beteiligungsgesellschaften, Banken und Sparkassen.